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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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nichts reales, Luther« sagte Blackjack geduldig. »Raaq ist nur ein böser Traum, dem irgendein Höhlenmensch einen Namen gegeben hat. Dann hörte eine Katze zufällig, wie der Höhlenmensch davon sprach, und erzählte es, nur so zum Spaß, einem Hund. Und seither jagt ihr euch selbst damit Angst ein.«
    Luther hörte sich das ebenso geduldig an. Katzen sagten oft seltsame Dinge, besonders in bezug auf die Herren. Ein braver Hund nickte dazu höflich und nahm es nicht so schrecklich wörtlich.
    »Du wirst aber doch weiter mein Freund bleiben, Blackjack, oder?« fragte er, als der Kater ausgeredet hatte. »Jetzt, wo Moses gestorben ist, habe ich niemand mehr außer dir.«
    »Ich bleibe dein Freund«, versprach Blackjack. Und weil Umarmungen für Katzen schlecht zu bewerkstelligen sind, biß er Luther spielerisch ins Ohr. Dann sagte er: »Was ist das jetzt für eine Geschichte, daß du Moses suchen willst?«
    »Na ja.. .«Luther schlug die Augen verlegen nieder. »Selbst mit dir als Freund, sei mir nicht böse, fehlt er mir doch sehr. Ich will ihn wiedersehen.«
    »Du meinst seinen Körper?«
    »Aber nein!« Luther sah ehrlich überrascht aus. »Warum sollte ich den sehen wollen? Wozu ist ein Körper schon gut, wenn niemand drin ist?«
    »Aber dann -«
    »Ich will seine Seele wiedersehen, Blackjack.«
    »Seine Seele.« Der Kater rutschte unbehaglich auf seinem Sitzfleisch hin und her. »Und wo bitte soll die sein?«
    »Im Himmel natürlich.«
    Diesmal war es an Blackjack zu staunen. Als er zufällig auf die Gasse hinunterblickte, überfiel ihn ein schrecklicher Gedanke.
    »Ich hoffe, du bist nicht so dumm, da runterspringen zu wollen«, sagte er feierlich. »Selbst wenn Selbstmord eine vernünftige Lösung wäre, kann ich dir gleich sagen, daß es vom zweiten Stock aus nicht klappt. Nicht hoch genug. Es tut weh, aber außer du landest auf dem Kopf, reicht es vermutlich nur dazu, dich zum Krüppel zu machen. Bestimmt nicht zum Sterben.«
    »Ich will doch gar nicht springen, Blackjack. Wie kommst du denn darauf? Man springt nicht in den Himmel. Dorthin geht man zu Fuß.«
    »Wie bitte?«
    »Mir ist da so eine Idee gekommen«, erklärte Luther. »Das war gestern, direkt nachdem sie Moses’ Körper abgeholt hatten. Ich war unten auf der Gasse, schnüffelte an der Stelle herum, wo er gelegen hatte, und konnte ihn immer noch riechen.«
    »Das ist doch klar. Es hat ja nicht geregnet, also gibt’s überhaupt keinen Grund, warum der Geruch sich nicht so lange halten sollte. Aber was hat das mit dem Himmel zu tun?«
    »Na ja«, sagte Luther, »ich stand so da und dachte: Wenn ich Moses’ Körper wittern kann, dann könnte ich ja vielleicht auch seine Seele aufspüren. Und dann dachte ich: Und was, wenn ich gleich den Himmel selbst aufspüren könnte?«
    »Ach...« Langsam begann Blackjack zu begreifen.
    »Na, und so bin ich eben hier heraufgestiegen, um die Witterung des Himmels aufzunehmen. Ein höheres Gebäude wäre wahrscheinlich besser, aber ich bin irgendwie gern hier, und Moses war’s auch. Wie dem auch sei«, fuhr er fort. »Lange Zeit habe ich überhaupt nichts gewittert. Die ganze letzte Nacht und den ganzen Vormittag über war nichts anderes zu riechen als die Auspuffgase von der Stadt. Und dann, vor ein paar Stunden erst, kam eine Brise auf und brachte einen neuen Geruch mit. Sehr schwach, aber er war da.
    Ich habe den Himmel gerochen, Blackjack! Er ist im Norden. So hoch im Norden, daß ich nicht einmal sicher weiß, ob die Welt ganz bis da hinreicht, aber ich glaube doch, daß ich’s schaffen kann... oder wir, wenn du mich begleiten willst.«
    Blackjack hatte Luther während seiner Gedankenrede mit wachsender Nervosität beobachtet und war bald zu der Einsicht gelangt, daß er ihm die Reise niemals würde ausreden können. Jedes mögliche Argument - daß es den Himmel gar nicht gab, daß, wenn es ihn doch gab, man da garantiert nicht lebendig hinkommen konnte, ja daß er als Reiseziel wahrscheinlich maßlos überschätzt wurde - alles wischte der leicht romantisch verklärte und leicht wahnsinnige Ausdruck in Luthers Augen hinweg. Er erkannte auch - zähneknirschend -, daß sein nicht mehr ganz einwandfreies, aber doch immer noch funktionsfähiges Gewissen ihm nicht erlauben würde hierzubleiben, wenn Luther sich in eine Welt hinauswagte, in der er, unschuldig wie er war, allein nie und nimmer überleben würde.
    »Erklär mir eins«, sagte Blackjack, während er versuchte, sich mit dem Gedanken an die Reise

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