Fool on the Hill
abzufinden, und bereits wußte, daß er die nächste Nacht kein Auge zutun würde.
»Na klar«, erwiderte Luther schwanzwedelnd. »Was möchtest du denn wissen?«
»Dieses Dings da, der Himmel. Wie hat er eigentlich gerochen?«
»Nach Regen«, sagte Luther verwundert. »Nach Regen und Hügeln.«
»Mann«, sagte Blackjack. »Das klingt ja einfach klasse.«
V
Drei Tage später brachen sie auf. Die meisten Hunde des Viertels und einige der ortsansässigen Katzen versammelten sich, um sie zu verabschieden. Allgemeiner Austausch von Lebewohls, viel Glück und alles Gute, und dann zogen sie los. Malcolm begleitete sie den ersten Kilometer und rasselte dabei letzte - in erster Linie Luthern zugedachte - gute Ratschläge herunter.
»... Und vergeßt nich, daß ihr beide kein Halsband habt. Das is zwar für sich genommen nich direkt ne Schande - mir hat noch kein Mensch ‘n Halsband angelegt -, aber so können euch die Fänger aufn ersten Blick als Herrenlose erkennen. Ihr müßt immer wie die Schießhunde aufpassen und dürft nie vergessen, daß manche von ihnen euch auch von weitem abknallen können. Und dann«, sagte er in einem Ton, als packte er ein heißes Eisen an, »müßt ihr auch vor den Rassis auf der Hut sein?«
»Rassis?« fragte Luther. »Was ist denn das?«
»Reinrassige«, sagte Blackjack, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. »Reinrassige Hunde.«
»Was sind -«
»Hat hauptsächlich was mit Blut zu tun«, erklärte ihm Malcolm. »Also, ich zum Beispiel hab das Blut von drei bis vier verschiedenen Hundesorten in mir. Du, Luther, du hast sogar noch mehr drauf. Deine Mischung kriegen nur noch die Götter auseinander, und selbst die müßten dafür ziemlich lange sortieren. Aber ein Reinrassiger - das ist ein Hund, der nur Blut von einer Sorte hat, oder jedenfalls soviel von einer, daß er behaupten kann, es sei nur die eine. Das nennt man nen Stammbaum, und sie glauben, sie wären dadurch was Besseres als die, die keinen haben.«
»Aber wie kann man denn erkennen, wer einen Stammbaum hat, wenn es nur eine Frage des Blutes ist? Am Geruch?«
»Oh, du wirst sie schon erkennen, Luther. Reinrassige gibt’s von den verschiedensten Sorten, den verschiedensten Geschmacksrichtungen sozusagen, aber alle von einer Sorte sehen gleich aus. Nicht völlig gleich natürlich, aber es gibt eine Norm, ein Ideal, das sie zu erreichen versuchen. Und sie hassen Hunde wie uns. Mischlinge.«
»Sind denn alle Reinrassigen so?«
»Nein«, warf Blackjack ein. »Er übertreibt.«
»Nich sehr, Kater«, beharrte Malcolm. »Ganz und gar nich sehr. Aber die wirklich üblen - die, die euch töten wollen - werdet ihr an nem Gedanken in ihrem Kopf erkennen. Ihr werdet ihn ganz klar und deutlich verstehen, selbst wenn sie versuchen, ihn unter anderen Gedanken zu verstecken.«
»Was für ein Gedanke?«
»Krätze«, sagte Malcolm. »So nennen sie uns. Krätze. Wenn du diesen Gedanken im Kopf von nem ändern Hund hörst, wenn du ihn fühlst, ihn riechst, ihn schmeckst, dann weißt du, dieser Hund is dein Feind. Dann mach, daß du so schnell wie möglich verschwindest. Oder bring ihn um, wenn du mußt.«
»Ihn umbringen?« Luther riß die Augen vor Entsetzen auf. »Ein Hund, der einen anderen Hund tötet, läßt Raaq in sein Herz ein, Malcolm. Das weißt du doch. Du kannst doch nicht -«
»Kann sein, daß Raaq wirklich reinkommt. Aber solang ein Hund noch lebendig is, kann er hoffen, Raaq auch wieder rauszujagen. Daß ein Hund einen andern umbringt, passiert alle naselang, Luther. Und das weißt du ganz genau.«
Luther sagte nichts. Sicher, er wußte es, aber er wußte auch, was Moses ihn gelehrt hatte - daß es nicht so sein mußte.
»Krätze«, wiederholte Malcolm mit unverhohlenem Widerwillen. »Merk dir das Wort, Luther. Bewahr’s in deinem Herzen. Und schreib’s dir hinter die Ohren.«
Sie hatten die Grenze ihres Heimatreviers erreicht. Vertraute Gerüche verblaßten, neue, fremde traten an ihre Stelle. Andere Tiere, andere Dinge.
»Bis hierhin geh ich mit«, sagte Malcolm zu den beiden. »Vergeßt nich, was ich euch gesagt hab, und paßt auf euch auf. Du wirst mir fehlen, Luther. Vielleicht wirst sogar du mir fehlen, Kater. Du bist zwar kein Hundesohn, aber man kann sich glatt an dich gewöhnen.«
»Ich bin zutiefst geschmeichelt«, sagte Blackjack.
»Sag nicht Lebwohl, Malcolm«, bat Luther. »Wer weiß, vielleicht kommen wir ja eines Tages zurück.«
»Ich glaub’s nich, Luther. Nich, daß ich was
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