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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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lief, um sich bei einem Freund zu entschuldigen, weil er eingesehen hatte, daß er bei einer Diskussion etwas zu heftig geworden war. Solche Augenblicke dienten ihr als Prüfstein, als Möglichkeit, Brian wirklich zu sehen, anstatt ihn lediglich zu beurteilen.
    Und natürlich liebte er sie ebenso - wie unzulänglich er bisweilen seine Liebe auch unter Beweis stellen mochte. Gerade das übte möglicherweise den stärksten Zwang überhaupt auf sie aus; es ist schwer, wahre Liebe - ganz besonders erste Liebe - abzulehnen, selbst wenn sie teuer zu stehen kommt.
    Ich möchte nicht, daß du einmal diesen Verlust empfinden mußt...
    Sie würde sich die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Gründlich. Noch hatte sie Zeit, nachzudenken. Nicht viel Zeit, denn Brian würde ihr schon bald einen förmlichen Heiratsantrag machen; aber doch hoffentlich genug. Zeit, um das Gute gegen das Schlechte abzuwägen, um sich auszurechnen, was sie gewinnen würde und was sie dafür würde aufgeben müssen.
    Das letzte Stück Weg zum Wasserfall legte Aurora voller Staunen zurück - wie immer überwältigt vom ersten Aufleuchten einer sechzig Meter hohen Silberkaskade, die die letzten Strahlen der untergehenden Sonne in eine Lightshow verwandelte. Sie blieb auf einer steinernen Brücke stehen und verlor sich in der rauschenden Musik. Im Lauf der Jahre hatte der Taughannock-Fall Forschungsreisende, Touristen, Liebespaare und -1903 - ein Pistolenduell gesehen. Er flüsterte ihr ein Lied von vergangenen Wundern zu und von Wundern, die noch kommen sollten.
     
    X
     
     
    Freitag, 5 Uhr 30.
    Zu einer Uhrzeit, da kein zurechnungsfähiger Student oder Dozent wach sein möchte - selbst die Austräger der ›Sun‹ hatten nach einer Woche akademischer Mühsal beschlossen, ein bißchen länger zu schlafen -, hatten sich über hundert Hunde auf dem Arts Quad versammelt. Sergeant Blutbad, eine Bulldogge, die dem Cornellschen Trainingslager für Reserveoffiziere als Maskottchen diente, war seit 4 Uhr früh auf den Beinen, um überall auf dem Campus Reinrassige wie Mischlinge zu wecken und zur Hundevollversammlung zu bestellen.
    Sie standen, saßen, lagen, rollten und rangelten sich in einem ungefähren Halbkreis vor Ezra Cornells Standbild: Vorsteh-, Apportier- und Hetzhunde, Schäferhunde, Terrier und Spaniels, ein einzelner Zwerghund, andere, exotischere Rassen und ein dichter Knäuel von Mischlingen, die sich am Rand der Menge zusammendrängten und trotzig Ausschau hielten nach Anzeichen herablassenden Verhaltens seitens der Reinrassigen. Luther, mit Blackjack an seiner Seite, blickte sich außerdem sehnsüchtig nach seinem Erzeuger um, doch Moses war nirgends zu sehen.
    Während sie auf den Beginn der Veranstaltung warteten, führten Joshua und Denmark eine hitzige Diskussion mit einer Collie-Hündin namens Bucklette.
    »Erklär mir doch bitte noch mal«, sagte Denmark, »inwiefern die Vierte Frage ›vollkommen akzeptabel‹ sein soll.«
    »Das ist sie«, beharrte Bucklette. »Ihr Hunde« - hier sträubte sich Joshua das Fell - »begreift ganz einfach nicht die inneren Mechanismen des Erziehungsprozesses.« »Sieht ganz so aus«, pflichtete Joshua ihr bei. »Wie war’s, wenn du mich aufklären würdest?«
    »Schau«, sagte Bucklette, »es ist ja nicht so, daß ihr die einzigen wärt, die ein Recht hätten, sich aufzuregen - wenn es etwas gäbe, worüber man sich aufregen könnte. Die Vierte Frage impliziert jedoch ein grundsätzliches, gegen jeden gerichtetes Vorurteil.«
    »Sie impliziert ein Vorurteil gegen dich. Möglicherweise. Mich zieht sie nicht einmal in Betracht.«
    »Na, um so besser! Die Vierte Frage veranschaulicht in absolut wunderbarer Weise die reversive Reflexion.« » »Die reversive Reflexion?« wiederholte Denmark. V »Die reversive Reflexion?« fragte Joshua. · »Genau. Paßt auf, ich geb euch ein anderes Beispiel. Angenommen, da kommt ein Hund und fragt euch: ›Was ist der beste Weg, um sein linkes Vorderbein zu verlieren?‹«
    »Mein Bein?« erwiderte Denmark. »Ich würde sagen, jeder Weg wäre ganz schön furchtbar.«
    »Es ist eine idiotische Frage«, fügte Joshua hinzu.
    »Genau. Und du beantwortest sie, indem du die Dummheit der ihr zugrunde liegenden Idee anprangerst - wie zum Beispiel der Voreingenommenheit. Das ist reversive Reflexion.«
    »Es ist trotzdem idiotisch«, meinte Joshua. »Wie kannst du bloß...«
    Und so weiter. Luther schenkte dem Wortwechsel kaum Beachtung, wenngleich das Thema der

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