Fool on the Hill
kompetenten Tutor anzubieten. Na, ich habe mich doch erst neulich mit einem unterhalten, Rotz heißt er, glaube ich...«
»Ruff, Sir«, soufflierte der Dobermann, der sich geleckt hatte.
»Ja, ja, Ruff, natürlich. Famoser Bursche, wirklich. Sie werden mir gewiß recht geben, wenn Sie ihn erst einmal kennen. Nun gut, vielleicht sollten wir jetzt zur Tagesordnung übergehen, wie? Ja? Die Fragen. Ist Kanake anwesend?«
»Bimbo, Sir. Er heißt Bimbo.« »Ja, ja, Bimbo. Bimbo, treten Sie vor!« Bimbo war ein Affenpinscher, ein kleiner, dunkelhaariger Hund mit einer eingedrückten Schnauze, die seinem Namen alle Ehre machte. Bimbo maß an der Schulter knapp zweiundzwanzig Zentimeter und wirkte kaum wie die Sorte Hund, der man ein verantwortungsvolles Amt anvertrauen würde. Nichtsdestoweniger waren seine Haltung und seine Bewegungen würdevoll, als er vortrat, sich neben Excalibur aufstellte, seine Knopfaugen fest auf die Menge richtete und einmal kurz um Aufmerksamkeit
kläffte.
»Hört nun zu«, hub Bimbo an. »Vernehmt und erfahrt, was war und sich zutrug...«
Ein Falter wählte diesen Augenblick, um an des Affenpinschers Schnauze vorbeizuflattern. Bimbo schnappte ihn sich, zerkaute ihn kurz und spuckte ihn wieder aus.
»So hört«, wiederholte er, und sein Gedanke war wenigstens zum Teil an die Adresse der sterblichen Überreste des Falters gerichtet. »So hört und lasset euch belehren... Vor langer Zeit, in einer fernen Gegend, an der entlegenen Küste eines wirklich, wirklich schwer zu findenden Landes lebte einstmals ein Hund mit Namen Sapientia Stultitia - oder ›Doppel-S‹, wie er häufig genannt wird. Wir wissen nicht, zu welcher Rasse Doppel-S gehörte, doch es heißt, er sei stark und von reiner Abstammung gewesen...«
Ein Mischling fing an zu knurren. Luther sah, daß es Joshua
war.
»... Nun war Doppel-S ein guter Hund, doch wurde er unentwegt von Katzen gepeinigt, welche weder ihm noch sonst einem seiner Rassengenossen Achtung entgegenbrachten. In jenem Zeitalter herrschte nämlich eine erbitterte Feindschaft zwischen Kaniden und Fehden - eine Feindschaft, die alle Schwierigkeiten, mit denen wir heutzutage angeblich zu kämpfen haben, weit in den Schatten stellte -, und die Katzen nutzten das Wissen, das sie sich von den Herren aneigneten, um Mißhandlung und Arglist zu üben...«
Blackjack und die übrigen Katzen lauschten teilnahmslos dem Bericht. Die Sünden ihrer Vorfahren waren für sie von keinerlei Interesse, noch flößten sie ihnen irgendwelche Schuldgefühle ein.
»... Und so begab es sich, daß Doppel-S die Notwendigkeit erkannte, den Hunden eine gewisse Bildung zu vermitteln, eine gewisse Vertrautheit mit fundamentalen philosophischen Wahrheiten, und wenn auch nur, um sie hierdurch ihren Peinigern ebenbürtig zu machen. Wie er selbst sagte: ›Ich wollte ein Lehrsystem schaffen, welches es jedem Hund ermöglichte, sich geistig mit jedem Fehden zu messen.‹ Mit diesem Ziel vor Augen ersann Doppel-S die Fünf Fragen.«
Der Affenpinscher legte eine Kunstpause ein und fuhr dann fort: »Zu diesem Zwecke haben wir uns also heute hier versammelt: um die alljährliche Suche nach den legendären Antworten zu eröffnen - eine Suche, an welcher sich zu beteiligen alle aufs herzlichste eingeladen sind. Und möge jederhund der Tatsache eingedenk sein, daß - wie Doppel-S so weise begriff - die Suche sich als ebenso wertvoll wie (oder gar wertvoller als) das Gesuchte erweisen wird: daß durch das Suchen ebensoviel zu gewinnen ist wie durch das Finden...«
»Fürwahr, fürwahr«, rief Dekan Excalibur, vom Bericht beflügelt, aus. »Wahrlich, wahrlich. Und nun, Bimbo, die Fragen. Die Fragen.«
»Die Fünf Fragen Höchster Weisheit«, sprach Bimbo und betonte bei seiner Aufzählung das jeweils erste Wort mit großem Nachdruck:
»Erste Frage: Was ist die wahre Natur des Göttlichen? Zweite Frage: Was ist der Sinn des Lebens? › Dritte Frage: Was ist der Sinn der Liebe? -n Vierte Frage: Welche ist die edelste Hunderasse? ‹/ Fünfte Frage: Was ist das beste Hundefutter?« Bimbo trug die Fragen, wie es die Tradition verlangte, ungeachtet etwaiger Publikumsreaktionen ohne Unterbrechung vor. Als er die Vierte Frage aussprach, stimmten die Mischlinge ein Geheul an, dessen Lautstärke leicht über ihre geringe Kopfzahl hinwegtäuschen konnte.
»Rebellion?« schrie der Dekan furchtsam. »Rebellion?« Edel, der Bernhardiner, betrachtete die Mischlinge mit Wohlwollen, wenn er auch gewünscht hätte,
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