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Fool: Roman (German Edition)

Fool: Roman (German Edition)

Titel: Fool: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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erholte sich bald darauf, und wir lachten und plauderten wie eh und je. Nach ein paar Jahren kam der Bischof nicht mehr, doch ich wagte nicht, Mutter Basil nach dem Grund zu fragen, aus Angst, er könne ihr einfallen und der sauertöpfische Prälat würde seine mutraubenden Besuche wieder aufnehmen.
    Je länger die Eremitin in ihrer Zelle saß, desto größer wurde ihre Freude an allem, was ich ihr über den Alltag in der Außenwelt berichten konnte.
    »Erzähl mir vom Wetter heute, Pocket! Beschreibe mir den Himmel, und lass keine Wolke aus!«
    »Nun, der Himmel sah aus, als katapultierte jemand Riesenschafe in Gottes eisiges Auge.«
    »Scheißwinter. Krähen am Himmel?«
    »Aye, Thalia, als tüpfelte ein wild gewordener Vandale mit Feder und Tinte wahllos das Gewölbe dieses Tages.«
    »Ah, hübsch gesprochen, mein Kleiner! Wunderbar zusammenhanglose Metaphorik.«
    »Danke, Herrin.«
    Während ich meinen Pflichten und Studien nachkam, versuchte ich, mir jede Einzelheit zu merken und Metaphern zu ersinnen, um Wortbilder für meine Eremitin zu pinseln, deren Licht und Farbe ich war.
    Es schien, als begönnen meine Tage um vier Uhr, wenn ich zu Thalias Zelle kam, und endeten um fünf, wenn die Glocke zur Vesper läutete. Alles vorher war nur Vorbereitung auf diese eine Stunde, und alles danach – bis zum Schlaf – war seliges Gedenken.
    Die Eremitin lehrte mich zu singen, nicht nur die Kirchenlieder und Melodeien, die ich von Kindesbeinen an gesungen hatte, sondern auch die romantischen Weisen der Troubadoure. Mit einfachen, geduldigen Anweisungen brachte sie mir das Tanzen und Jonglieren und akrobatische Kunststückchen bei, alles mit Hilfe von Beschreibungen – kein einziges Mal hatte ich die Eremitin in all den Jahren zu Gesicht bekommen, nur hin und wieder durch die Schießscharte ihr Profil.
    Ich wurde älter. Flaum spross auf meinen Wangen – meine Stimme brach, sodass ich klang, als habe sich eine kleine Gans in meine Kehle verflogen und schrie nach Futter. Die Nonnen von Dog Snogging sahen in mir langsam mehr als nur ihr kleines Hündchen, denn viele waren kaum älter als ich, wenn sie ins Kloster kamen. Sie schäkerten mit mir und bettelten um ein Lied, ein Gedicht, eine Geschichte, je derber desto besser, und davon hatte mir die Eremitin so manche beigebracht. Woher sie diese jedoch kannte, wollte sie mir nicht verraten.
    »Wart Ihr Schauspielerin, bevor Ihr Nonne wurdet?«
    »Nein, Pocket. Und ich bin auch keine Nonne.«
    »Aber vielleicht Euer Vater...«
    »Nein, mein Vater war auch keine Nonne.«
    »Ich meine, war er Schauspieler?«
    »Liebster Pocket, du darfst mich nicht nach dem Leben fragen, das ich geführt habe, bevor ich hierherkam. Ich war immer schon das, was ich jetzt bin, und alles, was ich bin, bin ich hier bei dir.«
    »Liebste Thalia«, sagte ich, »das ist ein flammendes Fläschchen Drachenwichse.«
    »Ja, nicht wahr?«
    »Ihr lächelt doch, oder?«
    Sie kam ganz nah an die Schießscharte, zeigte mir ihr schiefes Grinsen. Ich lachte und griff durch das Kreuz hindurch, um ihre Wange zu berühren. Sie seufzte, nahm meine Hand und drückte sie fest an ihre Lippen, dann – urplötzlich – stieß sie meine Hand von sich und trat aus dem Lichtschein.
    »Versteckt Euch nicht!«, sagte ich. »Bitte, versteckt Euch nicht!«
    »Als ob ich es mir aussuchen könnte, ob ich mich verstecken möchte. Ich lebe in einer beschissenen Gruft.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Nie zuvor hatte sie sich beklagt, die Eremitin von Dog Snogging zu sein, wenn auch manch Ausdruck ihres Glaubens – nun – abstrakt wirkte.
    »Ich meine, versteckt Euch nicht vor mir! Lasst mich Euch ansehen!«
    »Du willst mich sehen? Du willst mich sehen?«
    Ich nickte.
    »Gib mir deine Kerzen!«
    Sie ließ sich vier brennende Kerzen durch die Schießscharte reichen. Immer wenn ich ihr etwas vorführte, wies sie mich an, diese draußen vor ihrer Zelle in Halter zu stecken, damit sie mich auch sehen konnte, wenn ich tanzte, jonglierte oder akrobatische Kunststückchen aufführte, doch für ihre Zelle hatte sie nie mehr als eine Kerze haben wollen. Sie stellte die Kerzen überall in der Zelle auf, und zum ersten Mal sah ich die steinerne Pritsche mit der Strohmatte, auf der sie schlief, ihre kärglichen Habseligkeiten auf dem schweren Tisch, und Thalia, die im zerlumpten Leinenkleid dort stand.
    »Sieh her!«, sagte sie. Sie zog das Kleid über ihren Kopf und ließ es fallen.
    Sie war das schönste Wesen, das ich je

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