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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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endlosen geriffelten Wände, gechipt, gestapelt, farbig durchnummeriert und fest verschlossen.
    Also begann er sich in die Mannschaftsquartiere zu stehlen.
    Er wusste, was ihn erwarten würde. Man konnte sich auf Frachtern eine Passage buchen, eine lange, seltsame Weltreise, immer von Hafen zu Hafen. Die Reisebüros, die diese einsamen Kreuzfahrten ohne jeden Komfort verkauften, hatten genügend Fotos, Videos und Panoramas der Kabinen und Gemeinschaftsräume ins Netz gestellt. Sie sahen wie Verwaltungsräume aus, mit großen, verkratzten Flachbildschirmen, abgenutzten, fleckigen Teppichen, durchgesessenen Sofas und verschrammten Sitzgelegenheiten. Der einzige Unterschied war, dass auf einem Schiff alles festgeschraubt war.
    Doch nach Tagen in seiner kleinen, geheimen Festung der Einsamkeit war jeder Tapetenwechsel wie ein Ausflug nach Disneyland. So kam es, dass er sich gegen zwei Uhr morgens in der Schiffsküche wiederfand. Die Uhren auf dem Schiff liefen nach Los-Angeles-Zeit, er aber hatte sich schon kurz nach dem Auslaufen auf chinesische Zeit umgestellt, von daher war die späte Stunde kein Problem für ihn. Im Kühlschrank fanden sich Zutaten für Sandwichs, philippinische Eiscremewaffeln, Schaumtee mit großen Tapiokakügelchen und dosenweise Starbucks-Frappuccino. Er bediente sich, packte alles in seine Tragetasche, huschte zurück in sein Versteck und machte sich darüber her.
    Das war die erste Nacht. In der zweiten nahm er seinen Mitternachtsimbiss im Fernsehzimmer zu sich. Er sah sich mit leise gestelltem Ton auf DVD eine Komödie an, die in L.A. gerade erst angelaufen war, und schlich auf Zehenspitzen sogar zur Toilette auf dem Gang, der zu den Quartieren führte. Ständig lauschte er auf den Klang von Schuhen auf dem lauten Metalldeck, und bei jedem Quietschen des Schiffs stellte er den Fernseher auf stumm. Während seine Blicke auf der Suche nach einem nicht vorhandenen Versteck zwischen dem festgeschraubten Mobiliar hin und her huschten, klopfte sein Herz wie wild.
    Es war die bislang beste Nacht der Überfahrt.
    Also musste er die nächste Nacht noch weitergehen. Ein drittes Mal schlug er sich den Magen voll, dann schaute er sich eine Bollywood-Science-Fiction-Komödie über einen Turban tragenden Roboter an, der Bangalore angriff, nur um schließlich von aufrechten IT -Nerds bezwungen zu werden.
    Schließlich schlich er sich in den Maschinenraum.
    Das war mal ein echter Tapetenwechsel. Die Tür zum Maschinenraum hatte einen Riegel, war aber genauso wenig abgeschlossen wie alle anderen Türen auf dem Schiff, die er bisher ausprobiert hatte. Schließlich befanden sie sich mitten auf dem verdammten Ozean, da mussten sie sich ja nicht gerade über Einbrecher Gedanken machen, richtig? (Anwesende ausgenommen!)
    DiegroßenDieselmotorenwarensolautwieFlugzeugtriebwerke.ErfandeinPaarschmierigerOhrenschützerundzogsiesichüber,wasdenLärmeinwenigreduzierte,dochdieVibrationgingihmnochimmerdurchMarkundBein.Alleshieruntenwarfrischlackiertundgeöltundglänztenurso.ErfuhrmitdenFingernüberdieSchalttafeln,AnzeigenundVentile,strecktedieArmenachdengewundenenSchläuchenaus.ErhatteschonaufKartengespielt,dieähnlichausgesehenhatten,dochdaswarkeinVergleichzumechtenErlebnis:Eswar,alsbefändeersich in derMaschine,imInnereneinessomachtvollenMotors,dassertausendeTonnenvonStahlundFrachtüberdenhalbenGlobusbefördern konnte.
    Cool.
    Als er seine Ohrenschützer abnahm und sorgfältig wieder an ihren Platz legte, fiel ihm etwas auf, das er wirklich schon auf dem Hinweg hätte bemerken sollen: ein kleiner optischer Sensor am Eingang, gleich am Ende der geriffelten, rutschsicheren Metalltreppe, und daneben eine stecknadelkopfgroße Kamera, von Infrarot- LED s gesäumt. Und das hieß …
    Das hieß, dass er einen stillen Alarm ausgelöst hatte, als er den Raum betreten und die Lichtschranke durchbrochen hatte, und man ihn von dem Moment an auf Kamera hatte. Und das wiederum hieß …
    Das hieß, dass er ausgespielt hatte.
    Mit zitternden Fingern öffnete er die Tür zu dem stählernen Verschlag, über den man vom Deck und den Mannschaftsquartieren zum Maschinenraum kam. Er schaute nach links und rechts, wartete, ob ein Suchscheinwerfer die pechschwarze Nacht durchschneiden, eine Sirene das Rauschen des Pazifiks unter dem mächtigen Bug übertönen würde.
    Doch alles war still. Alles war dunkel. Für den Moment. Nachts gab es auf dem Schiff nur einen Wachoffizier und einen Lotsen, und von seiner kleinen Netzwerkspionage her wusste

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