For the Win - Roman
Nähe, was? Antworte nicht. Pass auf, Ping: Könntest du zur Not in den Hafen rein? Falls er es nicht bis nach draußen schafft?«
Er schluckte. »Ich glaube kaum«, flüsterte er. Er war jetzt beinahe am Laden angelangt.
»Was, wenn es unbedingt sein müsste?«
Ping war ein Raidleiter, ein Meisterstratege. Er war zwar nicht Matthew, aber er wusste, wie man irgendwo rein oder raus kam. Und bis vor ein paar Jahren war er ein ziemlich guter Kletterer gewesen. Vielleicht über den Zaun? Bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um. Da waren so viele Kameras, so viele Cops, und der Zaun war so hoch .
»Ich könnte es probieren«, sagte er. »Aber ich lande so gut wie sicher im Gefängnis.« Drei Tage lang war er festgehalten und dann wieder freigelassen worden, zusammen mit den meisten anderen vom Streik. Das war zwar nicht so schlimm gewesen wie das, was Matthew durchgemacht hatte, aber ihm hatte es gereicht, und er wollte es nicht noch einmal erleben. »Du müsstest das hier sehen. Der Hafen ist wie eine Festung.«
Sie seufzte. »Ich weiß, wie die Häfen aussehen«, sagte sie. »Also schön – du hältst noch eine Stunde nach ihm Ausschau. Ich versuche in der Zwischenzeit was anderes und rufe dich dann wieder an.«
»Okay.«
Gemütlich schlenderte er den hohen Zaun entlang, der den Hafen umschloss, und spürte, wie sich die Kameras in seinen Nacken bohrten. Wie lange konnte er hier herumspazieren, ehe jemand beschloss, ihm auf den Zahn zu fühlen? Sie hätten eine ganze Gruppe für die Suche nach dem dummen Gweilo abstellen sollen. Ping schüttelte ärgerlich den Kopf. Es war schön gewesen mit Leonard, solange er noch in Kalifornien und sie in China gewesen waren – sogar ein bisschen exotisch. Niemand sonst hatte einen Exoten mit komischem Akzent in der Gruppe.
Es war auch spannend gewesen, wie der Gweilo sich ihrer Sache angeschlossen und zu einem Schmuggler gemausert hatte, bereit, mit seiner Ladung hart erkämpfter Prepaidkarten, dank derer sie die Firmen übertölpeln konnten, das Meer zu überqueren.
Doch jetzt, wo Ping drauf und dran war, ins Gefängnis zu wandern, bloß weil so ein blödes Kind von der anderen Seite der Welt zu dämlich war, seinen Hintern aus dem Hafen zu schaffen, fand er es gar nicht mehr lustig.
Es hatte alles besser funktioniert als zu befürchten stand. Sich in das WLAN des Frachters einzuklinken war so leicht gewesen wie durch Butter zu schneiden. Die Verbindung war zwar langsam – zu langsam zum Spielen – , aber reichte, um mit den Webblys und seinem MT -Team Kontakt zu halten, das er aus den besten seiner Kollegen zusammengestellt hatte. In der ersten Nacht hatte er sich aus seinem Versteck geschlichen und war bis zur Spitze des Containerstapels geklettert. Dort hatte er an einer unauffälligen Stelle, wo kein Crewmitglied es bemerken würde, sein zum Regensammler umgebautes Solarmodul befestigt. Auch das hatte reibungslos funktioniert.
Am dritten Tag begann er sich fast nach ein paar Problemen zu sehnen. Selbst die Planung auf den Webblyboards zu verfolgen machte irgendwann keinen Spaß mehr, insbesondere, da viele Details des Schlachtplans gut gehütete Geheimnisse waren. Wohin genau er ging und wieso eigentlich, diese Fragen waren für ihn weiße Flecken auf der Karte. Mehrmals am Tag wurde ihm der Wahnsinn seiner Lage bewusst – ein Schmuggler auf hoher See, der sich anschickte, Revolution in Asien zu spielen, im zarten Alter von achtzehn Jahren! Es war so sagenhaft wie Furcht einflößend, je nachdem, in welcher Stimmung er gerade war.
Die meiste Zeit aber langweilte er sich.
Es gab einfach nichts zu tun. Am fünften Tag war er bestens mit dem Datenverkehr des Schiffes vertraut: sechs liebeskranke Filipinos, die romantische Mails an ihre schmachtenden Fernbeziehungen verschickten; dazu das endlose Blabla über Sturmsysteme. Er lud sich ein Tagalog-Wörterbuch herunter, um ein paar der Ausdrücke nachzuschlagen, die die Filipinos in ihren Mails verwendeten, und vertrieb sich eine Weile die Zeit damit, aber irgendwann verlor auch das seinen Reiz.
Und sie hatten noch so viele Tage vor sich! Sie waren in Regen gekommen, daher hatte er jetzt genug Wasser zum Trinken und Kochen. Nicht mal ein Juckreiz oder eine Mangelerscheinung, die ihn ablenkten. Also fing er an, Dummheiten zu begehen.
Er begann herumzuschleichen.
Zuerst natürlich bloß nachts und nur zwischen den Containern, wo die Crew selten hinging. Dort gab es aber nicht allzu viel zu sehen – nur die
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