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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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dass Schwester Nor sie von einer Nummer aus anrief, die sie laut Protokoll eigentlich erst in 24 Stunden benutzen sollte. Wahrscheinlich hieß das, dass sie ihre alte Nummer nicht mehr für sicher hielt – und das war schlecht. Er drehte sich weg, hielt schützend die Hand vors Handy und nahm den Anruf entgegen.
    »Wei?«
    »Man hat euch hochgehen lassen.« Der taiwanesische Akzent gehörte unverkennbar dem Mächtigen Krang. »Wir verfolgen es gerade auf den Webcams. Zehn Cops nehmen gerade euer Studio auseinander.«
    »Scheiße!«, rief er so laut, dass die Vierjährige zu kichern anfing und ihre Tante ihm einen bösen Blick zuwarf. Jie glitt neben ihn und legte ihre Wange an seine. Sofort ging es ihm ein wenig besser. »Was ist los?«, flüsterte sie.
    »Ist bei euch alles in Sicherheit?«
    Einen Moment überlegte er. Ihre Festplatten waren verschlüsselt und fuhren sich bei Inaktivität binnen zehn Minuten herunter. Die Polizei würde auf ihren Geräten nichts lesen können. Er hatte zwei verschiedene Ausweise dabei: den aktuellen, den er laut Plan heute noch wegwerfen würde, und den nächsten, in einer versteckten Tasche in seinem Hosenbein. Genauso verhielt es sich mit seinen SIM s: Eine Karte befand sich in dem Handy, das er momentan benutzte, die nächsten steckten vorsortiert in seinem Gürtel.
    Er legte die Hand aufs Handy und flüsterte Jie zu: »Wir haben das Studio verloren.«
    Sie sog scharf die Luft ein.
    »Alles unter Dach und Fach bei dir?«, fragte Lu besorgt.
    Sie schnalzte mit der Zunge. »Mach dir wegen mir keine Sorgen, ich mach das schon länger als du.« Sie fluchte vor sich hin, kramte in ihrer Handtasche, ersetzte ihren Ausweis und begann, ihr Handy auseinanderzunehmen. »Ich hatte ein paar echt hübsche Sachen in dem Studio«, bemerkte sie. »Schöne Klamotten. Mein Lieblings-Mikro. Was sind wir doch für Idioten! Wir hätten nie zweimal in Folge von dort senden dürfen.«
    Der Mächtige Krang musste ihr Fluchen gehört haben, denn er lachte unterdrückt. »Klingt ganz danach, dass es euch gut geht.«
    »Jiandi kann heute Nacht aber nicht senden«, erklärte Lu.
    »Scheiß drauf!« Jie nahm sein Handy an sich. »Sag Schwester Nor, dass wir zur üblichen Zeit auf Sendung gehen. Alles läuft wie gewohnt, keine Unterbrechungen.«
    Lu bekam die Antwort nicht mit, aber Jies grimmiger, zufriedener Miene nach musste Krang sie gelobt und in den Himmel gehoben haben.
    Es war Schwester Nors Idee gewesen, im Eingangsbereich jedes Studios eine Webcam zu platzieren, auf die alle Webblys Zugriff hatten. Diese allsehenden Augen über der Tür waren schon ein wenig seltsam. Aber wenn man zu zwanzigst in einem Zimmer schlief, musste man die eigenen Vorstellungen von Privatsphäre ohnehin über Bord werfen. Dennoch saßen Lu und Jie während der Sendung immer weit auseinander. Zum Rummachen schlichen sie hinterher ins Bad.
    Und jetzt hatten sich die Webcams bezahlt gemacht. Lu nahm das Handy wieder an sich und hörte sich an, was Krang berichtete. Auf dem Video war festgehalten, wie die Cops die Tür einbrachen und die Wohnung sicherten. Dann kam die Spurensicherung und schloss Batterien an die Stromkabel der Rechner an, damit man sie vom Netz nehmen konnte, ohne dass sie herunterfuhren (Lu war wirklich dankbar, dass Schwester Nor auf verschlüsselten Festplatten bestanden hatte). Als Nächstes sammelten sie Fingerabdrücke und DNS -Proben. Zum Glück besaß Jie den kleinen Staubsauger, mit dem sie regelmäßig heimlich die DNS zahlloser wildfremder Menschen aus Bussen und Zügen sammelte, um sie dann in ihren diversen Wohnungen zu verteilen – eine Idee, die sie aus einem Buch hatte, wie sie sagte.
    Die Polizei baute eine Kamera in der Mitte des Raums auf. Dann gingen alle kurz raus, die Kamera beschrieb eine präzise Drehung und fertigte ein hochauflösendes Panoramabild an. Danach kamen die Cops wieder rein, diesmal ohne ihre Überschuhe, und tüteten jeden Datenträger und jedes Stück Papier ein, das sie finden konnten. Anschließend zerlegten sie das Studio.
    Sie begannen mit Brecheisen und kleinen, gemeinen Messern in der Ecke neben dem Eingang und machten sich daran, systematisch jedes noch so kleine Möbelstück, jede Bodenfliese und selbst die Wände aus Gipskarton zu zerstören, sodass nichts zurückblieb, das größer als eine Spielkarte war. Sie arbeiteten schweigend und ohne Hast und schienen nur wenig Genuss an der Arbeit zu finden. Es ging hier nicht um Zerstörungswut, sondern um totale

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