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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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über sich selbst hinaus.
    Als Schwester Nors Einwände ernster zu werden begannen, präsentierte Justbob ihr Statistiken über die Anzahl von Highlevel-Charakteren, die den Webblys mittlerweile zur Verfügung standen, denn solche Gefechte waren eine sehr effektive Methode, um aufzusteigen. Unter den Spielern gab es etliche mit fünf oder sechs Charakteren, alle am Maximum angelangt, alle mit eigenem Prepaidkonto, eigenem Proxy und ohne nachweisbare Verbindung zu den anderen.
    Schwester Nor ermahnte sie abermals, vorsichtig zu sein, und der Mächtige Krang nahm sie beiseite und sagte, es sei verantwortungslos von ihr, die große Sache mit ihren Feldzügen in Gefahr zu bringen. Daraufhin streifte sie die Augenklappe ab und kratzte sich an den nässenden Narben darunter. Dieser Trick verfehlte nie seine Wirkung auf Krang: Verunsichert und grün im Gesicht zog er ab, während Justbob ein Grinsen zu unterdrücken versuchte.
    Mitten in der Nacht rief Schwester Nor sie an, um ihr mitzuteilen, der Plan sei gestorben und es gehe auf der Stelle los – mitten in der Monsunzeit, mitten während des Lichterfests.
    »Wieso die Änderung?«, fragte Justbob, während sie ein langes Kleid und einen Hidschab anzog. Sie hatte die meiste Zeit ihres Lebens westliche Kleidung getragen, um Leute vor den Kopf zu stoßen oder schneller entkommen zu können. Doch seit sie den offenen Kampf suchte, trug sie lieber traditionelle Kleidung. Was ihr an Bewegungsfreiheit fehlte, machte das Plus an Coolness und Anonymität wieder wett. Außerdem verunsicherte es die Männer.
    »Ein neuer Streik«, erklärte Schwester Nor. »Diesmal in Guangzhou – eine wirklich große Sache!«
    Es war stickig in dem Café. An solchen Orten war es immer stickig. Doch die Hitze der letzten Wochen hatte die Temperaturen in solch astronomische Höhen getrieben, dass das Café jetzt wie der Krater eines magenkranken Vulkans vor sich hin schwelte. Der Besitzer, ein alter Mann mit Narben im Gesicht, dessen Verbindung zu ein paar schweren Jungs kein Geheimnis war, hatte einen Techniker die Gehäuse bei allen Rechnern mit einem Schraubenzieher entfernen lassen. Die Hitze konnte auf diese Weise ungehindert entweichen, von den glühenden Motherboards wie von den überdimensionierten Grafikkarten, die vor zusätzlichen Lüftern und glänzenden, kupfernen Kühlkörpern nur so starrten. Als Nächstes installierte der Techniker riesige Bodenventilatoren. Für die Computer mochte das ja toll sein, das Café aber wurde dadurch nur noch heißer und war fortan von einem derart lauten Düsendonnern erfüllt, dass die Spieler nicht mal mehr Headsets mit Rauschunterdrückung verwenden konnten. Sie mussten sich für ihre Kommunikation mit Text begnügen.
    Einst waren die Stammkunden dieses Internet-Cafés ganz andere gewesen: Spieler aus der Gegend, ein paar liebeskranke Arbeitermädchen, die die ganze Nacht mit ihren virtuellen Freunden chatteten, Arbeiter mit Heimweh, die Lügen über ihr wundervolles Leben in Südchina an die Daheimgebliebenen schickten, und gelegentlich auch ein Tourist, der sich verlaufen hatte und online nach seinen Freunden oder einem billigen Hotel Ausschau halten wollte. Doch in den letzten zwei Jahren hatte das Café einen stetig wachsenden Kader von Goldfarmern beherbergt. Ihre Bosse leiteten ein Dutzend verschiedene Unternehmen, die alle miteinander verquickt waren und ständig ihr Gesicht veränderten, sodass die Bosse jedes Mal, wenn es nach Ärger roch, den jeweiligen Laden über Nacht einfach dichtmachen und sich wie Flaschengeister in Luft auflösen konnten.
    Keiner der Jungs im Café war älter als siebzehn. Alle älteren waren letzten Monat entlassen worden, weil sie nach einer 22-stündigen Sonderschicht eine Pause verlangt hatten. Diese Störenfriede loszuwerden war für die Bosse aus zweierlei Gründen gut: Zum einen konnten sie die Aufwiegler durch billigere Arbeiter ersetzen, zum anderen brauchten sie ihnen die 22-Stunden-Schicht nicht mehr zu bezahlen. Es gab immer Jungen, die ihren Lebensunterhalt durch Spielen finanzieren wollten.
    Und diese Spieler hatten es wirklich drauf. Nach zwölf Stunden Arbeit hängten sie gern noch einen langen Raid zum Spaß dran. Das Café war wie ein großer Kessel, in dem die Jungen, die Hitze, der Lärm, die Snacks und das Netzwerk zu einem niemals versiegenden Eintopf des Reichtums verkocht wurden, an dem sich eine Handvoll meist unsichtbarer älterer Herren gütlich tat.
    Ruiling wusste, dass hier früher ein

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