Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
rannte, dann tat er das auch.
    Sie hatte aber einen gehörigen Vorsprung, und als er um die nächste Ecke bog, waren sie und Lu nirgends zu sehen. Der Flur endete vor einer unscheinbaren Tür. Er zögerte kurz, dann trieben ihn der unverkennbare Klang eines Schusses und panische Schreie voran. Er sprang zur Tür, die Hand schon am Knauf …
    … verschlossen!
    Er prallte gegen die Tür und fiel benommen zu Boden, wobei er mit dem Kopf auf die schmutzigen Fliesen schlug. Er stieß ein kurzes »Scheiße!« aus und rappelte sich wieder auf, da öffnete die Tür sich einen Spalt. Jies gerötete Augen starrten ihm entgegen, und sie zischte einige einfallsreiche chinesische Flüche. »Los, Gweilo, schnell!«
    Mit zwei Schritten war er bei der Tür. Ihre Fingernägel bohrten sich in seinen Arm, und sie zerrte ihn in eine schummrige Abstellkammer, die jemand in eine Art Schlafzimmer verwandelt hatte. In einer Ecke stand ein Klappbett, und zwischen den Putzmitteln im Regal fanden sich ein paar Kleider und ein knapper Vorrat an Kosmetikartikeln.
    »Die Hausmutter«, flüsterte Jie so leise, dass Wei-Dong sie kaum verstand. »Sie kann hier kostenlos wohnen. Sie und ich haben eine Vereinbarung.« Hinter ihr versuchte Lu, etwas Platz zu schaffen. Er hatte sich eine kleine LED -Taschenlampe zwischen die Zähne geklemmt. Sein Atem ging schwer, und seine Arme zitterten vor Anstrengung, während er sich mühte, die großen Flaschen mit Bleichmittel möglichst lautlos beiseitezuräumen.
    »Kann ich helfen?«, flüsterte Wei-Dong.
    Jie verdrehte die Augen. »Sieht es so aus, als hätten wir genug Platz dafür?« Sie standen sich so nahe, dass er jede ihrer Wimpern sehen konnte, sogar den Flaum auf ihren Ohren. Wenn er jetzt tief einatmete, zerdrückte er sie vielleicht.
    Er schüttelte peinlich berührt den Kopf. »Tut mir leid.«
    Lu grunzte befriedigt und löste das gesamte untere Regal aus der Verankerung. Dahinter kam eine Luke in der Wand zum Vorschein. Während er die Lukenabdeckung löste, rieselten Staub und Farbreste zu Boden und bildeten dort das Muster eines Insektenflügels. Er wollte Jie den Deckel reichen, doch sie konnten sich in dem engen Raum kaum bewegen.
    Von der anderen Seite der Tür hörte er das Stampfen schwerer Stiefel, Fäuste, die an Türen hämmerten, und die gedämpften Stimmen ängstlicher Menschen, die mitten in der Nacht aus ihren Betten geworfen wurden.
    Jie fluchte leise, packte die Lukenabdeckung und drehte sich um. Dabei erwischte sie Wei-Dong an der Nase, und er musste sich in die Faust beißen, um nicht laut aufzuschreien. Sie schaute ihn nur herablassend an und drückte ihm den Deckel in die Hand. Er maß gut 75 Zentimeter im Quadrat, bestand aus aufgeweichtem Sperrholz und war nicht nur klobig, sondern auch völlig verdreckt.
    Lu hatte sich schon durch die Öffnung gezwängt. Jie folgte ihm, und einen Moment konnte man ihre nackten Beine im Zwielicht erkennen. Dann war Wei-Dong allein mit dem Stampfen vor der Tür, das immer lauter wurde. Ein Mann schlurfte auf den Flur hinaus und schimpfte, eine Frau schrie entsetzt, und ein Baby weinte.
    Wei-Dong ging auf die Knie und spähte in die enge Öffnung. Drinnen war es stockdunkel. Sorgsam lehnte er die Abdeckung an die Wand und kletterte hinein. Der Boden war nackter Beton, staubig und rau. Er konnte absolut nichts erkennen und robbte wie ein Soldat auf den Ellbogen vorwärts. Alles, was er jetzt hörte, war der eigene keuchende Atem. Zentimeter für Zentimeter arbeitete er sich voran und tastete nach Unebenheiten. Dann hatte er auf einmal etwas Warmes, Weiches und Schmiegsames in der Hand: Jies Brust.
    Sie zischte wie eine Schlange und schlug seine Hand hart beiseite. Er stotterte eine Entschuldigung, doch sie zischte ihn wieder an: »Schhh!«
    Er verkniff sich die Worte.
    »Schließ die Öffnung wieder«, befahl sie. Vorsichtig drehte er sich um. Die Decke war kaum einen Meter hoch. Mehrmals stieß er sich den Kopf an den unnachgiebigen Metallrohren, die über ihm verliefen und vor gemeinen Winkeln und Verbindungsstücken nur so starrten. Auch Jie und Lu bekamen ein paar Tritte ab.
    Irgendwann schaffte er es, Kopf und Arme wieder durch die Öffnung zu strecken. Verzweifelt griff er nach der klobigen, vor Schmutz rutschigen Abdeckung und schob sie zentimeterweise wieder an ihren Platz. Es war fast unmöglich, sie passgenau einzufügen, doch irgendwie gelang es ihm. Seine Finger schmerzten, und die Geräusche von draußen wurden immer

Weitere Kostenlose Bücher