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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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lauter.
    »Geschafft!«, keuchte er und kroch zurück. Die Geräusche waren jetzt direkt vor der Tür: tiefe, wütende Männerstimmen und eine schrille, zornige Frauenstimme, die ihnen erklärte, dass das bloß die verdammte Besenkammer sei und sie doch aufhören sollten, sich zu Idioten zu machen. Jemand rüttelte am Knauf und rammte die Schulter gegen die bebende Tür.
    Wei-Dong biss sich auf die Zunge, um vor Schreck nicht laut aufzuschreien. Die Furcht saß nun wie ein lebendes Wesen auf seiner Brust, und er wich weiter zurück. Dabei stieß er mit Jie und Lu zusammen, doch bekam es kaum mit. Alles, was er spürte, war seine Angst vor den Bewaffneten auf der anderen Seite der Tür, die jeden Moment die Kammer stürmen und die offensichtliche Lücke im Regal bemerken würden. Auf einmal wurde sich Wei-Dong schmerzlich bewusst, wie weit er von seinem Zuhause entfernt war – ein illegaler Einwanderer in einem Land, dessen Bewohner genauso wenig Rechte hatten wie er selbst. Hätte er nicht solche Angst gehabt, dass man ihn hörte, er hätte geweint.
    »Verschwindet endlich«, flüsterte Jie kaum hörbar, als ein weiterer Schlag die Tür erschütterte, gefolgt vom Klimpern eines Schlüsselbunds. Sie machte eine kleine rote LED an und zeigte ihm, wo sie waren: in einem lang gestreckten, niedrigen Wartungsschacht. In den Rohren über ihnen gurgelte leise Wasser.
    Jie kroch weiter zum gegenüberliegenden Ende. Er und Lu folgten so schnell sie konnten. Unablässig horchte er auf die Geräusche hinter ihnen.
    Jie fluchte unterdrückt.
    »Was ist?«, fragte Lu.
    »Ich finde die andere Abdeckung nicht«, sagte sie. »Ich dachte, sie wäre hier hinten, aber … «
    Wei-Dong begann zu begreifen: Der Wartungsschacht nahm den Bereich zwischen zwei Gebäuden ein. Irgendwo musste sich eine abgedeckte Öffnung wie diejenige befinden, durch die sie gerade gekommen waren – ein kleines Wurmloch zu einer anderen Spielebene. Jies Überlebensinstinkt war ungeheuer scharf, so viel war klar, von daher war er nicht allzu überrascht, dass sie an einen Hinterausgang gedacht hatte.
    Er starrte in die Dunkelheit. Sein ganzer Körper war von Schweiß und dem uralten Staub des Bodens verschmiert.
    »Letztes Mal hatte ich Licht. Da war es leicht zu finden«, sagte sie. Ihre Stimme klang fast panisch. Er hörte deutlich, wie die Polizei die Abstellkammer hinter ihnen betrat. Dann Stimmen.
    »Wir müssen die ganze Wand absuchen«, meinte Lu. »Teilen wir uns auf.«
    Also kroch Wei-Dong über Jies nackte Waden und riss sich dabei die Jeans an einem Rohr auf. Blind und ängstlich tastete er sich an der Wand entlang. Abgesehen von dem kleinen roten Licht war es stockdunkel, und er konnte sich kaum orientieren. Neben sich hörte er Jie und Lu, die ebenfalls suchten.
    Dann glitt die Spitze seines kleinen Fingers in das mittlere Loch der Abdeckung, und rasch ertastete er ihre Proportionen. »Hier drüben!«, flüsterte er, und die anderen beiden kamen schnell näher gerobbt. Er rüttelte am Deckel, versuchte ihn zu lösen, doch er schien festgeschraubt. Immer verzweifelter riss er daran, und ein Regen von Staub und getrockneter Farbe ging auf seine Hände nieder. Schließlich umklammerte er den Deckel so fest, dass er ihm in die Finger schnitt. Ein Rinnsal von Blut vermischte sich mit dem Schmutz seiner Hände zu Schlamm.
    »Licht!«, sagte er. »Ich kann nichts sehen.«
    Eine Hand griff nach seinem Bein und tastete sich bis zu seinem Arm hinauf. Jies mädchenhafte Finger drückten ihm die kleine Lampe in die Hand. Im Schein der LED musterte er den Deckel: Er war nicht festgeschraubt, aber um ihn zu lösen, musste man ihn leicht nach vorne schieben. Wei-Dong klemmte sich die Lampe zwischen die Zähne, drückte und hob den Deckel zugleich an. Endlich lockerte er sich.
    Gleichzeitig durchschnitt ein langer Lichtkegel den Schacht, und eine herrische Stimme befahl: »Keine Bewegung!« Auf einmal war er in helles Licht getaucht und musste blinzeln, während Jie ihn anstupste. » LOS !«, befahl sie.
    Er kroch voran. Jies schlanke Hände drängten ihn vorwärts. Er kam in einem gefliesten, dunklen Raum heraus, der Boden feucht und schmutzig. Er achtete darauf, sich nicht wieder den Kopf zu stoßen, stand vorsichtig auf und bückte sich gleich wieder, um Jie hindurchzuhelfen. Von der anderen Seite des Schachtes vernahm er laute Rufe, und plötzlich ergoss sich Licht über die grünliche Schmutzschicht des alten, gesprungenen Fliesenbodens.

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