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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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aus Boss Wings Laden weggegangen, und er wusste, dass Boss Wing keineswegs erfreut darüber war.
    Er hyperventilierte, und sein Kopf tat immer noch weh. Außerdem fühlte es sich an, als brenne eine rote, stechende Sonne in seiner Unterhose, und es drängte ihn trotz seiner Angst, an einem abgeschiedenen Ort einen Blick darauf zu werfen. Im Café gab es eine Toilette – damit war die Sache entschieden. Zeit, reinzugehen.
    Humpelnd vor Schmerz bezwang er die Stufen zum vierten Stock. Er passierte fantasievolle Deckengemälde und wich den Plastikpflanzen auf jedem Absatz aus, denn die stanken nach der Pisse der Spieler, denen der Weg zur Toilette zu weit gewesen war. Ab dem dritten Stock nahm er die vertraute Wolke aus Schweiß, Zigarettenrauch und Flüchen wahr, die ihm den Weg zu seinem wahren Zuhause wies.
    Im Eingang hielt er kurz an und sah sich nach Boss Wings Schergen um, doch alles schien wie immer: eine Tischreihe mit PC s hinter der anderen, das eine oder andere Pärchen, das sich einen Rechner teilte, vor allem aber magere Jungs, die mit ihren Spielen beschäftigt waren. Die T-Shirts hatten sie bis zur Brust hochgezogen, nur für den Fall, dass sich vielleicht eine Brise in den Raum verirrte. Es gab aber keine Brise, nur die Wirbel im Zigarettenrauch, verursacht vom Gebrumm der Lüfter, die die partikelgesättigte Luft heulend über die überhitzten Motherboards und die riesigen Grafikkarten bliesen.
    Er schlich an der Empfangstheke vorbei, an der heute ein neuer Junge Dienst tat – ein weiterer Neuankömmling aus den Provinzen, der hier im bösen alten Shenzhen sein Glück suchen wollte. Am liebsten hätte Matthew den Jungen gepackt und zum Stadtrand geschleppt, ihm erklärt, dass man hier schon lange nicht mehr das große Geld machen konnte, weil das nämlich längst Männern wie Boss Wing gehörte. Geh nach Hause , raunte er in Gedanken dem Jungen zu, geh heim, hier gibt es nichts mehr zu holen.
    Seine Freunde saßen an ihren üblichen Plätzen. Sie hatten eine Pyramide aus Double-Happiness -Zigarettenschachteln und Kaffeebechern gebaut und lachten über irgendeinen Witz. Dann sahen sie ihn und den Ausdruck auf seinem Gesicht, und das Lachen verstummte.
    ErließsichaufeinenfreienStuhlfallenundstarrteihreBildschirmean.Natürlichhattensiegeradegespielt.Siespieltenimmer.AlssienochinBossWingsLadenbeschäftigtgewesenwaren,hattensieoftAchtzehn-Stunden-Schichtendurchgezogenundsichdannentspannt,indemsieimAnschlussnochmitihreneigenenCharakterendieDungeonsdurchspielten,indenensiedenganzenTaggeschuftethatten.DeshalbfielesBossWingauchsoleicht,immerneueFarmeranzuwerben – seinWerbespruchwarsehrverführerisch:»SpielundsackauchnochGelddafürein!«
    Es war aber nicht mehr das Gleiche, wenn man erst mal für jemand anderen arbeitete.
    Matthew wollte erzählen, was ihm passiert war, suchte nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht.
    »Matthew?« Das war Yo, der Älteste. Yo hatte sogar eine Familie: eine Frau und eine kleine Tochter. Genau wie Matthew hatte er Boss Wing den Rücken gekehrt.
    Matthew starrte seine Hände an, atmete tief durch und traf eine Entscheidung: »Tut mir leid, ich bin auf dem Weg hierher in eine kleine Schlägerei verwickelt worden. Ich habe aber gute Neuigkeiten: Ich habe einen Weg gefunden, wie wir alle in kurzer Zeit sehr reich werden können.« Und dann beschrieb ihnen Meister Fong aus dem Gedächtnis den Weg durch den reich gefüllten Dungeon, den er gefunden hatte. Er setzte sich an einen Computer und zeigte es ihnen: wo man Zeit sparen konnte, wo man anhalten und einsammeln musste. Dann setzte sich jeder von ihnen vor seinen Rechner und ging an die Arbeit.
    Mit der Zeit ließ der Schmerz in seinem Unterleib nach. Jemand gab ihm eine Zigarette, dann noch eine. Jemand kaufte ihm etwas zu essen. Meister Fong aber bekam es kaum mit – er und sein Team waren an der Arbeit, sie verdienten Geld, und sehr bald schon würden sie ein Vermögen angehäuft haben, das Boss Wing wie einen Anfänger aussehen lassen würde.
    Irgendwann während der Schicht klingelte sein Handy. Es war seine Mutter. Sie wollte ihm zum Geburtstag gratulieren: Matthew war gerade siebzehn geworden.
    Wei-Dongs Spielentzug dauerte immerhin ganze zwanzig Minuten. So lange brauchte er nämlich, eine Migräne vorzutäuschen, eine Benutzerkarte fürs Rechenzentrum zu kriegen, den Netzwerkfilter seiner Schule zu umgehen und sich einzuloggen. In China war es mittlerweile ziemlich spät, aber das war schon okay; die Jungs

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