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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Gnade. Sein Vater zog ihm vorsichtig das Headset vom Kopf. Dann, mit genau der gleichen Sorgsamkeit, ließ er es auf den blanken Betonboden des Rechenzentrums fallen und trat mit dem Absatz darauf. Der berstende Klang hallte laut in der Stille.
    Leonard stand auf. Der Raum war voller Schüler, die so taten, als schauten sie ihn nicht an. In Wahrheit aber schauten alle. Er folgte seinem Vater nach draußen, und als die Tür sich hinter ihnen schloss, hörte er unverkennbar hundertfaches Kichern.
    Sie nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn ins Büro des Prorektors. Nicht, dass er hätte wegrennen wollen – wohin hätte er schon rennen können? – , aber er fühlte sich dennoch in die Enge getrieben. Das war nicht gut. Das war sehr, sehr schlecht.
    Und zwar so schlecht: »Du willst mich ernsthaft auf eine Militärschule schicken?«
    »Keine Militärschule«, erwiderte Ms. Ramirez. Sie sagte es auf diese bevormundende Psychologenart, die einen in den Wahnsinn treiben kann. »Die Martindale Academy hat keine militärische oder militaristische Ausrichtung. Sie ist lediglich eine straff organisierte und kontrollierte Umgebung. Sie haben eine fantastische Erfolgsquote, wenn es darum geht, Schülern wie dir dabei zu helfen, sich auf ihre Noten zu konzentrieren und aus Schwierigkeiten rauszuhalten. Sie haben einen tollen Campus, herrliche Lage, und die Absolventen besetzen eines Tages viele wichtige … «
    Und so ging es in einem fort. Sie hatte die Werbeflyer wie Burritos verschlungen, und jetzt kam ihr alles wieder hoch. Er blendete sie aus und sah seinen Vater an. Benny Goldberg war jemand, den man nicht so leicht einschätzen konnte. Die Leute, die bei Goldberg Shipping & Logistics für ihn arbeiteten, nannten ihn »die Mauer«, weil man nicht an ihm vorbei kam – und auch nicht unter ihm, über ihm oder durch ihn durch. Nicht, dass er ein besonders harter Typ gewesen wäre, er ließ sich bloß nicht von Gefühlen erweichen: Kam man ihm mit irgendetwas anderem als eiskalter Computerlogik, konnte man es gleich vergessen.
    Es gab aber ein paar kleine, verräterische Zeichen, an denen man ablesen konnte, wie es um den guten Benny bestellt war: Was er da zum Beispiel gerade mit seiner Armbanduhr anstellte, die Art, wie er am Verschluss nestelte, das war so ein Zeichen. Auch die leichte Anspannung seiner Kiefermuskeln, als kaute er ein unsichtbares Kaugummi. Dazu die Tatsache, dass er nicht bei der Arbeit war, nicht dafür sorgte, dass seine Stahlcontainer ihre Ziele auf der anderen Seite der Welt erreichten. Für Leonard deutete dies alles darauf hin, dass Mount Benny ziemlich kurz vorm Ausbruch stand.
    »Sollten wir darüber nicht als Familie entscheiden, Dad?«, fragte Wei-Dong. »Warum machen wir das hier?«
    Benny musterte ihn ohne eine Regung, spielte mit seinem Armband, nickte der Psychologin zu und machte eine kleine »Weitermachen«-Geste.
    »Leonard«, sagte sie. »Leonard, du musst verstehen, wie ernst die Lage ist. In zwei deiner Kurse kann dich nur noch eine Hausarbeit retten: Geschichte und Biologie. Aus deinem Einserschnitt in Mathe, Englisch und Sozialkunde ist eine Drei minus geworden. Wenn du so weitermachst, hast du das Halbjahr bis Thanksgiving in den Sand gesetzt. Lass es mich mal so ausdrücken: Du bist aus den oberen zehn Prozent deines Jahrgangs in die unteren zwölf abgerutscht. Das ist ein Signal, Leonard, von dir an uns, und es lautet S-O-S, S-O-S.«
    »Wir dachten schon, du nimmst Drogen«, sagte sein Vater, absolut beherrscht. »Wir haben sogar ein Haar von deinem Kissen untersuchen lassen. Und ich habe dich beschatten lassen. Soweit ich sagen kann, kiffst du gelegentlich mit deinen Freunden, aber eigentlich siehst du deine Freunde gar nicht mehr, oder?«
    »Du hast mein Haar untersuchen lassen?«
    Sein Vater machte wieder diese »Weitermachen«-Geste, eine seiner Lieblingsgesten. »Und dich beschatten lassen. Natürlich. Wir sind schließlich verantwortlich für dich. Du bist nicht unser Eigentum, aber wenn du dein Leben so sehr vermasselst, dass du irgendwann als Penner endest, fällt das auf uns zurück, und wir müssen dich wieder rausholen. Kapierst du nicht, Leonard? Wir sind für dich verantwortlich, und wir werden alles tun, was nötig ist, damit du dein Leben nicht wegwirfst.«
    Leonard verbiss sich eine Erwiderung. Die Niedergeschlagenheit, die sich mit der Zerstörung seines Headsets eingestellt hatte, konnte an sich kaum noch schlimmer werden. Seine Handflächen waren

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