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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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dass du diesmal als Webbly zu den Gewerkschaftern gekommen bist – nicht bloß als jemand, der irgendein Spiel spielt, um sich mal eben wichtig vorzukommen.«
    Die Kritik traf ihn unvorbereitet, und sie saß. Anfangs hatte er wirklich nur ein Spiel gespielt. Die Vorstellung, dass dank seiner Gerissenheit ein Haufen Kinder auf der ganzen Welt die müden, alten Gewerkschaften vorführten, mit denen er sich schon sein ganzes Leben lang herumschlug, hatte ihm gefallen. Jetzt war es aber kein Spiel mehr. Oder vielleicht war es ein Spiel – aber eins, das ihm todernst war.
    »Okay, ich rede mit ihnen.«
    Jie staunte nicht schlecht, als Wei-Dong wie wild in die Tasten hieb und den Kontakt zu all den Mechanischen Türken herstellte, die »ja« gesagt hatten: »Ja, wir stehen auf eurer Seite; ja, wir haben die miese Bezahlung satt. Und auch, dass einem ständig die Kündigung droht.« Er kontaktierte sie, und alles, was er ihnen sagte, war:
    Jetzt
    Jetzt fängt es an, jetzt sind wir bereit, jetzt schlagen wir zu. Er schickte ihnen YouTube-Links zu Videos der ProtesteinChina, der Streiks in Indien, der Menschen in Indonesien, Vietnam und Kambodscha, die ihre Arbeit niedergelegt und »Auch wir! Wir alle gemeinsam!« gerufen hatten.
    Bloß funktionierte es nicht ganz so wie gedacht. Die MT s hatten bereitwillig ein paar Fehlinformationen gestreut, ein paar eigenartige Börsentipps weitergereicht oder weggeschaut, wenn die Webblys es mit den Pinkertons austrugen. Doch sie schreckten davor zurück, zu Coke zu gehen und zu sagen: Wir verlangen, wir wollen, wir halten zusammen! Selbst in den geschriebenen Nachrichten konnte er ihre Angst spüren: davor, nächsten Monat ohne Job dazustehen, davor, als Einzige dieses Risiko einzugehen.
    Aber nicht alle. Erst einer, dann fünf, dann fünfzig und schließlich über hundert MT s standen hinter ihm und wollten beitragszahlende Webblys werden, die gemeinsam einen besseren Deal mit Coke aushandelten. Das waren zwar nur zwanzig Prozent derer, auf die er gehofft hatte, stellte aber immer noch eine beeindruckende Streitmacht dar. Außerdem hatte er laut aktuellem Ranking fünfunddreißig der fünfzig besten MT s hinter sich.
    Zwischen den Nachrichten, die er bekam oder verschickte, und raschen Telefonaten besprach er sich mit Jie auf Chinesisch.
    »Und jetzt?«, fragte sie. Sie hatte ihr Sweatshirt auf einer Ecke der schmutzigen Matratze ausgebreitet und konnte kaum noch die Augen offenhalten.
    »Jetzt rufe ich bei Coke an«, sagte er. Er hatte den Plan sicher ein Dutzend Mal mit Schwester Nor diskutiert, er hatte sogar ein Rollenspiel mit dem Mächtigen Krang als Manager am anderen Ende gespielt. Das hieß aber nicht, dass er ruhig war, im Gegenteil – er fühlte sich, als müsste er sich gleich übergeben.
    »Wie soll das gehen?«
    Er schloss die Augen, die vor Erschöpfung und getrockneten Tränen brannten. »Hast du Hunger?«
    Sie nickte. »Ich hatte überlegt, hochzugehen und mir ein paar Teigtaschen zu holen.«
    »Bringst du mir welche mit?«
    Sie stand auf, lief auf wackligen Beinen zur Tür, warf einen Blick in den Spiegel und verzog das Gesicht. »Willst du auch Tee?«, fragte sie dann.
    Er hatte jahrelang fast nur Tee getrunken, doch im Moment brauchte er Kaffee, egal, wie amerikanisch er sich dabei vorkam. »Nein, Kaffee«, sagte er. »Zwei Becher.«
    Sie lächelte traurig. »Geht klar. Ich schaue, ob ich auch eine Spritze besorgen kann.«
    Doch er war schon wieder an der Arbeit, setzte sich die Ohrhörer ein und wählte die Notnummer, die nur für Mitarbeiter bestimmt war.
    »Co’-Cola-Games Level-2-Support, Brianna am Apparat.« Die Stimme war ausdruckslos, amerikanisch, gelangweilt, weiblich, mit spanischem Einschlag.
    »Ich muss mit jemandem aus der Kommandozentrale sprechen«, erklärte er. »Mein Name ist Leonard Goldberg, Mechanischer Türke 4446E764.«
    »Hallo, Leonard. Könnte ich bitte den fünften Buchstaben deines Passworts haben?«
    Er musste kurz nachdenken. Genau wie der Name Leonard Goldberg, wie sein ganzes amerikanisches Leben, schien ihm das Passwort, das er für seine Arbeitgeber brauchte, bloß in einer fernen Märchenwelt zu existieren. »K wie Kilo«, sagte er. »Nein, Moment. Z wie Zulu.«
    »Und der zweite Buchstabe?«
    »A wie Alpha.«
    »Okay, Leonard, wie kann ich dir helfen?«
    »Ich muss mit dem Level-4-Support sprechen. Mit jemandem aus der Zentrale.«
    »Entschuldige, aber weshalb musst du denn mit jemandem aus der Zentrale sprechen?« Er konnte

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