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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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schweißnass, sein Herz raste, und wenn er jetzt nicht den Mund hielt, wusste er nicht, womit er rausplatzen würde.
    »Als ich in deinem Alter war, haben wir das ›Einschreiten‹ genannt«, warf der Prorektor ein. Er sah immer noch wie der Makler aus, der er früher mal gewesen war, ehe er beim letzten Immobiliencrash das Lehrerdasein für sich entdeckt hatte. Er war umgänglich, friedfertig, und man wollte seinen großen Augen einfach vertrauen. Die Schüler nannten ihn »Babyface« Adams. Aber Leonard kannte sich aus mit Verkäufern und wusste, dass sie immer auf der Suche nach einer Schwäche waren, die sie ausnutzen konnten, ganz gleich, wie freundlich sie einem erschienen. »So haben wir das schon bei Drogensüchtigen gemacht. Ich glaube aber nicht, dass du drogensüchtig bist. Ich glaube, du bist spielsüchtig.«
    »Oh bitte , Leute«, stöhnte Leonard. »So was gibt es doch gar nicht. Ich kann euch die Studien zeigen. Spielsucht? Das war doch bloß so eine Erfindung, um Zeitungen zu verkaufen. Komm schon, Dad, an so was glaubst du doch nicht wirklich, oder?«
    Sein Vater wich demonstrativ seinem Blick aus und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Prorektor.
    »Leonard, wir wissen, dass du ein schlauer junger Mann bist, aber niemand ist so schlau, dass er niemals Hilfe braucht. Ich will hier nicht über Definitionen von Sucht mit dir streiten … «
    »Weil Sie verlieren würden«, spuckte Leonard aus und war von seiner eigenen Vehemenz überrascht. Old Babyface lächelte sein freundliches Verkäuferlächeln: Aber sicher, Sir, da haben Sie natürlich recht, sehr gescheit von Ihnen. Dürfte ich Ihnen dann ein Haus in Hanglage im Pseudo-Tudor-Stil mit drei überdachten Stellplätzen und Pool im Garten zeigen?
    »Du bist ein wirklich schlauer Schüler, Leonard. Es ist egal, ob du im medizinischen Sinne süchtig oder psychisch abhängig bist oder ob du … «, er warf die Hand hoch und suchte nach den rechten Worten, »oder ob du einfach zu viel Zeit mit Spielen und nicht genug im richtigen Leben verbringst, verdammt. Das ist alles ganz egal. Worauf es ankommt, ist, dass du in Schwierigkeiten steckst. Und da wollen wir dir raushelfen. Denn wir sorgen uns um dich und wollen doch, dass du Erfolg hast.«
    Auf einmal dämmerte es ihm. Leonard wusste, wie das lief: In diesem Moment räumte Officer Turner schon sein Schließfach aus und packte den Inhalt in ein paar Einkaufstüten. Irgendwo nahm eine Sekretärin seinen Namen von den Kurslisten. Genau in diesem Moment packte seine Mutter daheim schon seinen Koffer mit drei oder vier Sätzen Kleidung, einer frischen Zahnbürste – und sonst nichts. Wenn er von zu Hause wegging, würde er aus Orange County so spurlos verschwinden, als hätte ihn ein Serienkiller entführt.
    Nur würde es nicht sein verstümmelter Körper sein, der in ein paar Monaten in irgendeinem Straßengraben auftauchte, halb verwest und grässlich anzusehen, eine eindringliche Mahnung an alle Schüler der Ronald-Reagan-Highschool, sich vor gefährlichen Fremden in Acht zu nehmen. Nein, seine verstümmelte Persönlichkeit würde zutage treten. Als stieläugigen Zombie würde man ihn in die Schablone eines glücklichen, angepassten Bürgers pressen, und diese Schablone würde sein ganzes Erwachsenenleben prägen. Was ihn dabei erwartete, war das nützliche, unauffällige Dasein einer Arbeitsbiene im Bienenstock.
    »Dad, bitte . Das kannst du mir einfach nicht antun! Ich bin dein Sohn! Kriege ich denn keine Chance, meine Noten wieder aufzubessern? Ehe du mich in so eine Hirnwaschanlage schickst?«
    »Du hattest deine Chance, Leonard«, sagte Ms. Ramirez, und der Prorektor nickte heftig dazu. »Du hattest das ganzeletzte Halbjahr Zeit. Wenn du vorhast, deinen Abschlussnoch zu machen und aufs College zu gehen, dann wird es höchste Zeit, drastische Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Es wird Zeit«, sagte auch sein Vater und blickte demonstrativ auf die Uhr. Ehrlich, wer trug heute denn noch eine Armbanduhr? Er besaß doch wie alle normalen Menschen ein Handy, das wusste Leonard. Eine altmodische Aufziehuhr war in diesem Jahrhundert in etwa so nützlich wie ein Hörrohr oder ein Kettenhemd. Sein Vater hatte aber eine ganze Schublade voll – Dutzende von Uhren. Er konnte sich so viele lächerliche Spleens und Hobbys leisten, wie er wollte, sogar ein kleines Vermögen dafür ausgeben, und niemand wollte ihn in ein Irrenhaus stecken.
    Es war einfach so verdammt unfair . Er wollte es noch hinausschreien, als man

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