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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Tür, legte die vier Riegel vor und schlug auf mehrere Lichtschalter.
    Es gab zwei große Zimmer in der Wohnung: das Wohnzimmer, in dem sie standen, und ein daran angrenzendes Schlafzimmer. Neben ihnen befand sich eine kleine Kochnische. Den Rest des Zimmers nahmen ein Sofa und ein großer Schreibtisch mit Bürostühlen auf beiden Seiten ein, der von Aufnahmegeräten übersät war. Lu entdeckte ein Mischpult, mehrere Kopfhörer und ein paar Mikros auf ihren Ständern. Jeden Quadratzentimeter Wand bedeckten Papiere: Zeitungsausschnitte, Briefe, Zeichnungen, dazwischen Aufkleber, Herzchen und Abziehbilder niedlicher Tiere.
    Jie machte eine einladende Geste: »Mein Studio!«, rief sie und drehte eine Pirouette. »Meine Fanpost und Presse.« Sanft fuhr sie mit dem Finger über die Wand. Lu trat näher und sah, dass jeder Brief mit Liebe Jiandi begann und in säuberlicher Mädchenschrift verfasst war. »Ich habe ein Postfach in Macao. Dahin schicken meine Fans die Briefe. Die scannt man mir dort ein und mailt sie mir zu. Alles unter den Augen der zengfu !«
    »Und die alte Frau auf dem Flur?«
    Sie warf sich auf das Sofa, sodass ihr der Rock an den Schenkeln hochrutschte, und schleuderte ihre Schuhe in geübtem Bogen Richtung Fußmatte. »Unsere hauseigene Antwort auf die lotosfüßige Omapolizei«, sagte sie, und er lachte wieder über ihre Ausdrucksweise. In Sichuan hatten sie die kleinen alten Frauen so genannt, die einem immerzu nachschnüffelten und darüber tratschten, wer gerade etwas Falsches oder Verbotenes getan hatte. Eigentlich hatten sie gar keine Lotosfüße. Die Praxis, die Füße kleiner Mädchen so fest zusammenzubinden, bis sie nicht mehr richtig laufen konnten, war längst ausgestorben. Außerhalb eines Museums hatte er nie einen gebundenen Fuß gesehen, auch wenn die Alten noch immer giftige Bemerkungen machten, wenn ein Mädchen zu große Füße hatte, und kleine Füße lobten – doch verklemmt benahmen sie sich allemal.
    »Und das mit dem Mechaniker kauft sie dir ab? Ich hab nicht mal Werkzeug dabei!«
    »Aber nein«, lachte Jie abermals. Es war ein hübscher Klang. Kein Wunder, dass sie eine beliebte Moderatorin war. Das Lachen war ansteckend. »Nein, sie wird denken, dass wir miteinander schlafen!«
    Er errötete und rang nach Worten. »Oh – äh … «
    Sie brach lauthals in Gelächter aus und warf den Kopf zurück, sodass ihr Haar sich über die Kissen ausbreitete. »Du solltest dich sehen! Weißt du, solange Großmütterchen Mao da draußen mich für eine gewöhnliche Feld-Wald-und-Wiesen-Schlampe hält, wird sie nicht auf den Gedanken kommen, dass ich in Wahrheit Jiandi, die Geißel des Politbüros und Stimme des Perlflussdeltas bin. Oder? So, jetzt zieh mal deine Schuhe aus, und lass uns einen Blick auf deinen Kopf werfen.«
    Er tat, wie ihm geheißen, und stellte seine Schuhe ordentlich bei der Tür ab. Jie stand auf und führte ihn bei den Schultern zu einem der Bürostühle am Tisch. Dort beugte sie sich über ihn und studierte seine Kopfhaut. »Okay«, sagte sie. »Zuallererst musst du dein Shampoo wechseln. Du hast echt fettiges Haar, das ist eine Schande. Zweitens scheint dir ein Taubenei aus dem Kopf zu wachsen, was sicher ganz schön wehtut. Weißt du was? Ich bring dir erst mal was Kaltes zum Draufdrücken. Dann möchte ich, dass du duschen gehst und das mal richtig sauber machst. Es wirkt, als hätte es etwas geblutet, aber nicht schlimm. Du hast Glück gehabt – Kopfverletzungen bluten normalerweise wie verrückt. Sobald ich dich in einem zivilisierten Zustand habe, gehen wir online und machen dich noch berühmter. Klingt das gut?«
    Er machte den Mund auf, um zu protestieren, aber sie wirbelte bereits davon und wühlte sich durch den kleinen Kühlschrank. Als sie sich davor hinkauerte, fiel ihr das Haar auf eine Weise über die Schultern, dass Lu den Blick nicht mehr von ihr abwenden konnte. Sie fand eine Packung Teigtaschen, gefüllt mit Hühnchen – er erkannte es an der Verpackung; genau die hatten sie bei Boss Wing oft zu Abend gegessen – , wickelte sie in ein Geschirrtuch und legte sie ihm auf den Kopf. Ihm war, als wöge die Packung eine halbe Tonne und wäre bis auf den absoluten Nullpunkt gekühlt, doch seine Kopfschmerzen wurden augenblicklich besser. Er ließ sich zurücksinken, schloss die Augen und hielt das Tuch dorthin, wo die zengfu (dieser Slang war ansteckend) ihm ihren Liebesbeweis hinterlassen hatte. Jies Bewegungen nahm er nur anhand der Geräusche, ihres

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