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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Show fängt gleich an.« Sie sah auf ihr Handy. »Noch zwölf Minuten! Du hast gerade noch Zeit, was zu trinken und es dir gemütlich zu machen.« Sie holte einen Krug mit gefiltertem Wasser aus dem Kühlschrank, füllte damit ein Glas, das sie von einem kleinen Regal neben der winzigen Spüle nahm, und reichte es ihm. Er trank so gierig, dass sie ihm den Krug auf seine Seite des Tisches stellte. Dann nahm sie im gegenüberliegenden Stuhl Platz.
    Sie klickte, tippte und zog in bezaubernder Weise die Brauen zusammen, dann streifte sie sich ein Paar riesiger Kopfhörer über, brachte ein Mikrofon in Stellung und bedeutete ihm, sich bereit zu machen. Er setzte sich und schenkte sich nach.
    »Was für eine Show ist das noch gleich?«
    »Du bist wirklich ein Junge !« Sie sah vom Bildschirm auf, während ihre manikürten Nägel wie Insekten über das Keyboard huschten und klickten.
    Er schaute an sich herab. »Kann schon sein.«
    »Ich will damit nur sagen, dass ein Mädchen das nicht gefragt hätte. Die Fabrikarbeiterinnen hören alle meine Sendung, das kannst du mir glauben. Nach dem Abendessen geht’s los, dann rufen sie an und chatten mit mir und beichten mir ihre Sorgen. Und ich sage ihnen, was sie hören wollen. Meistens läuft es auf Folgendes hinaus: Wenn dein Boss dich über den Tisch ziehen will, suchst du dir besser einen neuen Job, sonst läufst du Gefahr, gleich in vielfacher Hinsicht über den Tisch gezogen zu werden. Wenn dein Freund ein Versager ist, der bloß rumhängt und sich Geld von dir leiht, such dir einen neuen, selbst wenn er die ›Liebe deines Lebens‹ ist. Wenn deine Freundinnen Müll über dich reden, konfrontier sie damit, heult euch gegenseitig aus und fangt von vorn an. Wenn deine Freundin mit deinem Freund rummacht, schieß alle beide ab. Wenn du mit dem Freund deiner Freundin herummachst, lass es sein – mach Schluss mit ihm, beichte es ihr, und tu es nicht wieder.« Sie zählte die möglichen Themen wie die Posten auf einem Einkaufszettel an den Fingern ab.
    »Klingt ein wenig gebetsmühlenartig«, bemerkte er. Er fragte sich, ob sie es nur erfand oder vielleicht an Größenwahn litt. Gab es wirklich eine Show, die jede Fabrikarbeiterin kannte, von der er aber noch nie gehört hatte? Er dachte daran, wie wenig die Mädchen in Shilong mit ihm geredet hatten, als er dort Wachmann gewesen war, und kam zu dem Schluss, dass es durchaus sein konnte.
    »Ist es auch, aber so mögen das meine Mädchen und ich. Bestimmte Probleme bleiben einfach die gleichen. Manche Sachen kann man gar nicht oft genug sagen. Das ist aber noch lange nicht alles, worüber wir reden. Wir haben auch Abwechslung – dich zum Beispiel!«
    »Mich«, sagte er. »Du willst mich in eine Sendung mit diesen ganzen Mädchen bringen? Wieso? Wird die Polizei mich dann nicht noch eifriger suchen?«
    »Süßer, die Polizei sucht dich jetzt schon. Denk an das Video. Dein Gesicht ist überall. Je berühmter du bist, desto schwieriger wird es für sie, dich festzunehmen. Glaub mir.«
    »Wie kannst du das so sicher wissen? Hast du das denn schon mal persönlich erlebt?«
    »Täglich«, sagte sie mit weit geöffneten Augen. »Ich bin meine eigene Fallstudie. Die Polizei ist jetzt seit zwei Jahren hinter mir her, und ich bin ihr immer entwischt. Und zwar deswegen, weil ich zu berühmt bin, um gefasst zu werden!«
    »Ich verstehe nicht ganz, was du meinst.«
    Sie schaute auf ihr Handy. »Wir haben nur noch eine Minute. Also in aller Kürze: Wenn du auf der Flucht bist, ist Armut ein echtes Problem. Mehr noch als für die anderen. Auf der Flucht zu sein, ist teuer. Du brauchst viele Verstecke. Viele Handys, die du auch mal wegwerfen kannst. Du musst Schmiergelder zahlen und schnell reagieren. Wenn du berühmt bist, hast du immer Geld, und alle möglichen Leute schulden dir was. Meine Hörerinnen unterstützen mich. Entweder mit direkten Spenden oder durch Werbung.«
    »Du hast Werbung? Wer kauft denn einen Werbeblock in der Show einer Flüchtigen?«
    Sie zuckte die Schultern. »Die Taiwanesen zum Beispiel.« Die Insel Taiwan betrachtete sich seit 1949 als unabhängig, aber China hatte den Anspruch auf die Insel nie aufgegeben – mit wenig Erfolg. »Manchmal kauft sich auch Falun Gong ein. Dass ich sie in meiner Show durch den Kakao ziehe, ist denen egal, solange ich auch ihre Werbung bringe.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist alles echt seltsam.« Sie bedeutete ihm, still zu sein, klappte ein kleines Mikro auf und hielt es sich vor

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