Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
kriegen. Die Regierung versucht uns zu blockieren, weil wir die Wahrheit über die Arbeitsbedingungen sagen. Zum Beispiel, dass die Mädchen von ihren Bossen sexuell belästigt, abgezockt, ihrer Freiheit beraubt werden … «
    »Okay«, erwiderte er. »Ich kann es mir vorstellen. Danke, aber nein.«
    »Ach bitte !« Sie sah ihm tief in die Augen. Ihre waren dunkel und mit dünnem grünen Kajal umrandet. Die Brauen wölbten sich in elegantem Schwung. »Du siehst so aus, als könntest du ein Plätzchen zum Frischmachen brauchen, vielleicht auch ein Mittagessen. Ich kann dir in dieser Hinsicht helfen.«
    »Ach ja?«
    »Lu, ich bin eine Berühmtheit ! Ich habe Sponsoren, die meiner Show viel Geld für Werbung zahlen, und Millionen von Unterstützerinnen in Shenzhen, aber auch in Guangzhou und Dongguan. Sogar in Peking und Shanghai! Für die bin ich so was wie eine Heldin, Lu. Ich kann deine Geschichte ins Ohr jeder Arbeiterin im Perlflussdelta übermitteln, einfach so !« Direkt vor seiner Nase schnippte sie mit den Fingern, sodass er blinzeln musste und zurückschrak. Sie lachte. »Du bist wirklich süß«, sagte sie. »Komm schon, das wird eine tolle Sache.«
    »Wohin gehen wir denn?«, fragte er vorsichtig.
    »Oh, ich habe da was Bestimmtes im Auge.«
    Als sie nach seiner Hand griff, fiel ihm auf, dass ihre Finger kühl und trocken waren. An den Stellen, wo ihre Ringe seine Haut trafen, spürte er Kälte. Sie führte ihn durch die Menge, die sich wie durch Zauberhand vor ihnen teilte. Mittlerweile kam Lu das alles wie ein Traum vor, zudem verengte der Schmerz sein Blickfeld zu einem trüben, unscharfen Tunnel. Er fragte sich, ob er von ihr irgendein Schmerzmittel bekommen konnte. Oder ob sie sich vielleicht mit traditioneller Medizin auskannte und ihm einen bitteren Tee mit fremden Düften zubereiten würde, in dem viele kleine Stückchen schwammen.
    DerweilglittenStraßenundGehwegewiedurchMagieunterihrenFüßendahin.ImSpielkonntemandenanderenMitgliedernseinerGildeautomatischfolgen:Einfachanklickenund»Follow«anwählen.BeieinemlangenWegkonntedasdieganzeGildesomachen,sodassnureinSpielerwirklichachtgebenmusste,währendsiediehalbeWeltdurchquerten.Dieanderenkonntensichzurücklehnen,rauchen,essenoderaufsKlogehen,undihreCharakteretrotteten wie eine Reihe von Packeseln hinter ihrem Führer her.
    Genauso kam es ihm jetzt vor: Als wäre er nur ein gedankenloser Toon, dessen Spieler mal eben pinkeln war oder eine Kippenpause eingelegt hatte.
    »Hast du deine Wohnung hier?«, fragte er, als sie den Eingangsbereich eines hohen Wohnhauses erreicht hatten. Die Häuser standen in dieser Gegend so eng beieinander, dass die Bewohner des einen denen des anderen aus dem Fenster die Hand reichen konnten. In den Fluren roch es nach Essen und Schweiß, doch es war sauber, und es gab auch funktionierende Gegensprechanlagen und ein Schloss an jeder Tür.
    »Nein«,sagtesie.»IchmachehiernurmanchmalmeineShow.IchhabeeinpaarsolcherVerstecke,umdie jingcha zuverwirren.«Erfandeslustig,dasssiedenGamer-Ausdruckfür»Polizei«verwendete.Siemerkteesundgrinste:»Abersicherdoch,die zengfu hältmichfürganzschön biantai .Siewürdenmichechtkillen,wennsiekönnten.«ErlachteüberdenSlang: Die Regierung hält mich für eine Perverse – soAusdrückehörtemansonstvielleichtvonJungsmithochgekrempeltenT-ShirtsundZigarettenimMundwinkel.VondenLippeneineszierlichenMädchensmitteurerSchminkeim Gesicht klang es ziemlich ungewohnt.
    Der Aufzug war kaputt, also gingen sie zu Fuß in den fünften Stock. Die Wände waren mit farbenfrohen Graffiti verziert: Jede freie Stelle war mit Szenen aus dem Arbeiterleben, Flüchen oder auch Telefonnummern belegt, unter denen man gefälschte Papiere, Titel und Zertifikate bekam.
    Lu war täglich fast doppelt so viele Stufen gestiegen – zum Schlafsaal, der sich in einem von Boss Wings Gebäuden befand – , doch diese Treppe gab ihm fast den Rest. Auf Jies Etage saß eine alte Frau an der Tür zum Treppenhaus. Sie nickte ihnen beiden zu.
    »Frau Yun«, sagte Jie, »ich möchte Ihnen gerne Hui vorstellen. Er ist ein Mechaniker, der nach meiner Klimaanlage sehen will.« Die alte Frau nickte höflich und wandte den Blick ab.
    Jie machte sich mit ihrem Schlüsselbund an einer Tür zu schaffen, öffnete vier verschiedene Schlösser mit großen, komplizierten Schlüsseln und schob die Tür danach mit der Schulter auf, bis sie mit einem metallischen Klang gegen einen Türstopper stieß. Gleich darauf winkte sie Lu herein, schloss die

Weitere Kostenlose Bücher