For the Win - Roman
Parfüms und ihres Haardufts wahr. Nicht schlecht , dachte er. Sehr viel besser als die Situation vor gerade einer Stunde, als ich zusammengekauert vor dem Bahnhof gesessen und mit dem Gweilo telefoniert habe.
»In Ordnung«, sagte sie. »Nimm die hier.« Er öffnete die Augen und sah, dass sie ihm zwei weiße Tabletten und ein Glas Wasser reichte.
»Was ist das?« Er blinzelte ins Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel. Fast war er eingeschlafen.
»Gift. Ich habe beschlossen, dich von deinem Elend zu erlösen. Nimm.«
Er nahm die Tabletten.
»Die Dusche ist da hinten.« Sie deutete Richtung Schlafzimmer. »Auf dem Toilettendeckel liegt ein Handtuch, und ich hab auch Klamotten gefunden, die dir passen müssten. Deine spülen wir aus und legen sie auf die Heizung zum Trocknen, während wir uns unterhalten. Nichts für ungut, mein Arbeiterheld, aber du riechst, als wärst du schon eine Weile tot.«
Er wurde wieder rot, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als mit gesenktem Kopf durchs Schlafzimmer zu huschen. Flüchtig sah er ein enges Bett mit dünner Decke, die zerknittert am Fußende lag, einen Haufen Stofftiere und Berge gefälschter Markentaschen, die vor Kleidungsstücken und Toilettenartikeln überquollen.
Die Ablage über dem Waschbecken im Badezimmer war mit mysteriösen Döschen und Tuben übersät – mit all den kleinen Dingen, die den Mädchen von einer Million Werbetafeln herab angepriesen wurden, er aber nie von Nahem gesehen hatte. Die meisten Deckel dieser Kosmetikartikel waren geöffnet, ihr Inhalt teilweise herausgespritzt. Es war alles sehr viel weniger glamourös als in der Werbung, wo alles frisch und glänzend wirkte. Dafür aber sehr viel aufregender.
Jede horizontale Fläche in der Dusche schien irgendeine Flasche einzunehmen. Lu fand zwei große Litertuben Duschgel, das man auch als Shampoo verwenden konnte. Doch bei näherer Inspektion schien eine mehr für die Haut und die andere eher für Haare gedacht zu sein, also benutzte er beide. Das Wasser auf seinem Kopf fühlte sich wie ein Schauer scharfkantiger Kiesel an, und seine Schultern schmerzten beim Schamponieren.
Nach getaner Arbeit wischte er den Dampf vom Spiegel und verrenkte sich den Hals, um einen Blick auf die Wunde zu werfen. Er konnte die riesige Beule gerade noch erkennen: eine knüppelförmige, violette Schwellung, von einem grünlich-gelben Kranz umgeben.
»Auf dem Bett liegt was zum Anziehen«, rief Jie von der anderen Seite der Tür. Vorsichtig drehte er am Türknauf und stellte fest, dass sie einen Vorhang zwischen Schlaf- und Wohnzimmer zugezogen hatte, sodass er allein und nackt im Halbdunkel stand. Auf dem Bett lagen, sauber gefaltet, ein Paar Jogginghosen und ein T-Shirt, wie man es manchmal bei der Arbeitsvermittlung geschenkt bekam. Das T-Shirt war eng, doch es gelang ihm, es überzustreifen. Seine eigenen Klamotten, die wirklich stanken, ballte er zusammen, dann linste er durch den Vorhang.
»Hallo?«
»Hier,meinSchöner!«,riefsie,alserbarfußaufdiestaubigenDielenhinaustrat.SierecktedenHalsundschnüffelteeinpaarMalimScherz.»Mm,duhastdichfürdas dang-gui -Shampooentschieden.GuteWahl.PrimagegenFrauenleiden.«SietätschelteseinenBauch.»DuwirstdaimHandumdreheneinsüßeskleinesBabydrinhaben!«
Jetzt war ihm so, als würde er wirklich gleich vor Scham in den Boden versinken.
Sie musste es ihm angesehen haben, denn sie hörte auf zu lachen und drückte seine Hand. »Keine Sorge«, sagte sie. »Ich zieh dich doch nur auf. Dang-gui ist für so ziemlich alles gut. Deine Mutter hat es dir sicherlich auch gegeben.« Und tatsächlich, so erkannte er jetzt, war ihm der Geruchvertraut vorgekommen. Der Gedanke an seine Mutter und ihre Heilkräuter musste seine Hand bei der Wahl zwischen den vielen verschiedenen Fläschchen gesteuert haben.
»Ich dachte, du wohnst gar nicht hier«, sagte er. »Oder doch?«
»In diesem Loch?« Sie verzog das Gesicht. »Aber nein! Das ist bloß eines meiner Studios. Ist gut, viele Orte zum Arbeiten zu haben. Macht der zengfu das Leben schwerer.«
»Aber die Kleider, das Bett?«
»Sind nur für die Abende, wenn ich spät arbeite. Meine Show geht manchmal die ganze Nacht, je nachdem, wie viele Anrufe ich habe.« Als sie lächelte, sah er, dass sie tiefe Grübchen hatte – so was war ihm noch nie bei einem Mädchen aufgefallen. Die Kopfverletzung ließ ihn schwindeln. Vielleicht hatte er sich aber auch verliebt.
»Und jetzt?«
»Jetzt reden wir darüber, was du gesehen hast. Meine
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