Forbidden
erst mal geduscht habe, werd ich schon richtig wach.«
»Okay. Im Badezimmerschrank ist Paracetamol.«
Er schaut mich ausdruckslos an. »Ja«, sagt er.
Nichts geschieht. Er rührt sich nicht. Ich mache mir allmählich wirklich Sorgen.
»Ich glaube, es geht dir heute nicht gut, Lochie«, sage ich sanft. »Wie wär’s, wenn du einfach noch eine Weile im Bett liegen bleibst, und ich bring dir dein Frühstück?«
Er dreht sich zu mir und schaut mich wieder an. »Nein – wirklich, Maya. Ist schon alles in Ordnung. Ich brauch nur noch eine Minute, okay?«
Eines der unausgesprochenen Gesetze in unserer Familie ist, dass Lochan nie krank wird. Sogar im letzten Winter, als er Fieber und eine schlimme Erkältung hatte, beharrte er darauf, ganz normal in die Schule zu gehen und unseren Alltag zu organisieren.
»Dann bringe ich dir einen Kaffee«, verkünde ich und springe auf. »Geh ins Bad und dusch dich, und –«
Er unterbricht mich und greift nach meiner Hand, bevor ich zur Tür raus bin. »Maya …«
Ich drehe mich um, schließe meine Finger fest um seine. »Ja?«
Sein Gesicht verkrampft sich, und er schluckt ein paarmal. Sein Blick scheint meinen zu suchen, als hoffe er auf irgendetwas … Vielleicht ein Zeichen, dass ich ihn verstehe. »Ich … ich kann nicht … ich glaube wirklich, ich kann heute nicht …« Er spricht nicht weiter, holt tief Luft. Ich warte. »Ich glaube, ich habe heute nicht die Kraft, mich um das Essen zu kümmern und alles.« Er blickt mich entschuldigend an.
»Aber das ist doch kein Problem, ich übernehm das für dich!« Ich denke einen Moment nach, dann lächle ich. »Weißt du was? Ich hab noch eine viel bessere Idee.«
»Was denn?« Er sieht mich auf einmal hoffnungsvoll an.
Ich grinse. »Ich werd sie alle wegschicken – du wirst schon sehen.«
Ich bleibe einen Augenblick in der Tür stehen und nehme das ganze Chaos in mich auf. Sie sitzen um den Küchentisch, vor ihnen ein Durcheinander aus Choco Pops, Coladosen, Jaffa Cakes und Kartoffelchips. Mum muss Tiffin zum Kiosk an der Ecke geschickt haben, als sie merkte, dass wir zum Frühstück nur noch Müsli und Vollkornbrot hatten. Aber wenigstens ist sie zu Hause und auch schon auf, obwohl es erst Vormittag ist. Allerdings ist sie immer noch in ihrem schäbigen rosa Bademantel, unfrisiert und hat dunkle Ringe unter den Augen. Der Aschenbecher ist bereits voll, sie muss also mindestens eine halbe Packung Zigaretten geraucht haben. Trotz ihres Aussehens wirkt sie überraschend wach und munter, was wahrscheinlich mit dem Schuss Whisky zu tun hat, den ich in ihrem Kaffee riechen kann.
»Prinzessin!« Sie breitet die Arme aus. »Du siehst in dem Kleid wie ein Engel aus.«
Ich seufze. »Mum, das Nachthemd hab ich schon seit vier Jahren«, sage ich.
Mum lächelt selbstgefällig. Was ich gesagt habe, scheint gar nicht bis zu ihr durchgedrungen zu sein. Aber Kit muss losprusten und verstreut die Choco Pops, die er im Mund hatte, über den Tisch. Erleichtert stelle ich fest, dass sein Kampf mit Lochan gestern Nacht bei ihm keine Spuren hinterlassen zu haben scheint.Tiffin neben ihm versucht, mit drei Orangen zu jonglieren, er muss schon ziemlich viel Süßes gegessen haben, so aufgekratzt, wie er ist. Willa redet mit vollem Mund unverständliches Zeug, ihr Kinn ist mit Schokolade verschmiert. Ich mache Kaffee, hole das Müsli aus dem Schrank und schneide ein paar Scheiben vom Brot ab.
»Willst du ein Mars?«, fragt Tiffin großzügig.
»Nein, danke, Tiff. Und ich glaube, ihr habt für heute genug Schokolade gehabt. Erinnerst du dich, was passiert, wenn du zu viel Zucker gegessen hast?«
»Er steigt direkt in den Kopf«, antwortet Tiffin. »Heute ist aber keine Schule.«
Ich gebe es auf. »Hey, wisst ihr was?«, sage ich. »Ich habe eine tolle Idee, was wir heute miteinander machen könnten. Wir machen einen richtigen kleinen Familienausflug!«
»Oh, wie schön!«, ruft Mum sofort begeistert. »Wohin willst du mit ihnen denn?«
»Weißt du, ich hab eigentlich gedacht, wir könnten mal alle zusammen was unternehmen«, plappere ich weiter. »Komm doch auch mit, Mum!« Ich bemühe mich, meine Stimme besonders fröhlich klingen zu lassen.
Kit blickt mich misstrauisch an und lacht verächtlich auf. »Ja, super Idee! Lasst uns ans Meer fahren oder irgend so was, und da machen wir dann ein beschissenes Picknick und tun so, als wären wir eine große, glückliche Familie.«
»Wohin, wohin?«, ruft Tiffin.
»Also, ich hab mir
Weitere Kostenlose Bücher