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Forbidden

Forbidden

Titel: Forbidden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabitha Suzuma
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gut, ich kann endlich wieder schlafen. Ich brauche nicht mehr darüber nachzudenken. Ich muss unbedingt schlafen. Sonst breche ich irgendwann noch zusammen. Ich breche bald zusammen. Ich breche zusammen.
    Die ersten Sonnenstrahlen blinzeln über die Dächer. Ich sitze auf meinem Bett und beobachte, wie es Tag wird. Die Dunkelheit ist allmählich einem blassrosa Licht gewichen, und dann wurde es richtig hell. Ein paar Vögel zwitschern. Es ist kühl draußen, durch das undichte Fenster zieht es kalt herein. Aus einer Wolke fallen ein paar Regentropfen aufs Fensterbrett. Der goldene Lichtfleck eines Sonnenstrahls wandert über die Wand, wird allmählich breiter. Was ist der Sinn von alldem? Dieser endlose Kreislauf. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, und vom langen, reglosen Dasitzen tun mir die Muskeln weh. Ich friere, aber ich bringe es nicht fertig, mich zu rühren und die Bettdecke über mich zu ziehen. Ab und zu sinkt mein Kopf nach unten, die Augen fallen mir zu, nur um sich gleich wieder zu öffnen. Als das Licht heller wird, wird auch mein Elend größer. Wie kann etwas nur so wehtun, wenn doch alles in Ordnung ist? Verzweiflung schwillt in mir an, tief in mir drinnen wächst und wächst sie und drückt gegen meine Brust, gleich wird sie mir zerspringen. Ich atme die kalte Luft tief ein, fülle meine Lungen bis zum Bersten und lasse die Luft dann wieder herausströmen, fahre mit den Händen sachte vor und zurück über das Bettlaken, als könnte ich mich dadurch mit meinem Bett, mit unserem Haus, mit meinem Leben aussöhnen und wieder Halt darin finden – und meine riesengroße Einsamkeit vergessen. Die wunde Stelle unter meiner Lippe pocht, und es kostet mich viel Kraft, nicht hinzulangen, nicht daran zu reiben und zu kratzen, um durch diesen Schmerz den in meinem Kopf zu betäuben. Ich streiche weiter über das Laken, die rhythmische Bewegung beruhigt mich, das Laken unter meinen Händen erinnert mich daran, dass die Dinge um mich herum dieselben bleiben, selbst wenn sich in mir alles auflöst; dass dieWelt um mich herum fest gefügt und wirklich ist und dass ich mich selber eines Tages vielleicht auch wieder als Teil dieser Welt fühlen werde.
    Ein einziger Tag umfasst so vieles. Der alltägliche Wahnsinn am Morgen: dafür sorgen, dass auch alle frühstücken, Tiffins gellende Stimme in meinen Ohren, Willas ununterbrochenes Geplappere, das an meinen Nerven zerrt, Kit, der mit jedem Satz und jeder Geste mein Schuldgefühl verstärkt, und Maya … Am besten denke ich nicht an Maya. Aber ich kann gar nicht anders, ich muss dauernd an sie denken. Wie ich an meiner wunden Stelle unter dem Kinn reiben, den Schorf abziehen, die verletzte Haut betasten muss. Genau wie gestern Abend beim Abendessen ist sie anwesend und zugleich nicht anwesend. Mit dem Herzen und in ihren Gedanken hat sie dieses Haus bereits verlassen, die nervigen kleineren Geschwister, den sozial gestörten Bruder, die immer betrunkene Mutter. Ihre Gedanken sind bereits bei Nico, bei ihrer Verabredung heute Abend. Wie lang der Tag sich auch hinziehen mag, der Abend wird kommen, und Maya wird gehen. Und von diesem Augenblick an wird ein Teil ihres Lebens ohne mich stattfinden, wird ein Teil von ihr für immer von mir abgetrennt sein. Aber selbst während ich untätig darauf warte, gibt es viel zu tun: Kit überreden, aus seinem Schlupfwinkel aufzutauchen, Tiffin und Willa rechtzeitig in die Schule bringen, daran denken, Tiffin unterwegs noch mal ein paar Rechenaufgaben zu stellen, ihn festhalten, wenn er vorausrennen will. Es in meine eigene Schule schaffen, ohne von Kit bemerkt zu werden, überprüfen, ob er in seinem Klassenzimmer ist, den ganzen Vormittag den Unterricht absitzen, mir neue Methoden ausdenken, die Aufmerksamkeitvon mir abzulenken, falls ein Lehrer auf die Idee kommen sollte, mich aufzurufen, die Mittagspause überstehen, einen weiten Bogen um DiMarco machen, immer wieder erklären, warum ich kein mündliches Referat halten kann, bis zum letzten Klingeln durchhalten, ohne zusammenzubrechen. Und danach Willa und Tiffin abholen, mir was ausdenken, damit ihnen bis zum Schlafengehen nicht langweilig wird, Kit daran erinnern, wann er zu Hause sein soll, ohne einen Aufstand zu provozieren – und die ganze Zeit, die ganze Zeit über versuchen, jeden Gedanken an Maya aus dem Kopf zu verbannen. Und die Zeiger der Küchenuhr bewegen sich unaufhaltsam vorwärts, zeigen auf Mitternacht, fangen dann wieder von vorne an, als hätte es

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