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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Zufrieden?«
     
     
     
    A lso, es war eine sehr schöne Beerdigung, und der Herr Pfarrer Duttweiler hat sich wirklich Mühe gegeben«, lobte Linda Hoflach und war wieder dabei, Kaffee aufzubrühen. Den Vorwand dazu hatte ihr Sohn geliefert, der eine knappe halbe Stunde nach ihr eingetroffen war und Tamar Wegenast aus Friedrichshafen mitgebracht hatte. Ohnehin sei der Kaffee im Seehof doch sehr dünn gewesen, meinte sie, »und wenn eine etwas sagt, lügen sie einem ins Gesicht, wegen der vielen alten Leute hätten sie es extra so gemacht«.
    »Die Olga ist ja keine einfache Person gewesen«, fuhr sie fort und begann, einen Apfelkuchen aufzuschneiden. »Das darf ich jetzt sagen, weil die Marlen dabei ist, die es mit ihrer Tante auch nicht leicht gehabt hat.« - Marlen Ruoff war gerade eben in die Wohnküche gekommen, nachdem sie sich umgezogen hatte. - »Sie war ganz eine Räse«, Linda Hoflach wandte sich an Tamar, »wie man bei Ihnen in Ulm sagt, drum ist das mit dem Hopfenbauern auch nichts geworden.« Sie verteilte die Kuchenstücke auf Teller und brachte sie an den Tisch. »Also, Sie müssen jedenfalls davon probieren, sonst bin ich bös mit Ihnen! Was mich aber gewundert hat, das war der Hirrlinger.« Sie ging wieder, um heißes Wasser in den Kaffeefilter nachzugießen. »Früher hat die Olga ganz gut mit ihm können, obwohl er schon immer ein z’widerer Mensch gewesen ist... Aber nach dem Unfall …«
    »Was war mit dem Unfall?«, fragte Marlen.
    »Das war ja in ihrem Garten, dass er beim Baumschneiden von der Leiter gefallen ist. Aber« - Linda Hoflach senkte ein wenig die Stimme - »es gibt welche, die haben gesagt, der sei nicht einfach so gefallen. Der hätte einen Streit mit der Olga gehabt …«
    »Wann war denn der Unfall?«
    Überrascht sahen Marlen und Gerd Hoflach sich an. Die Frage hatte Tamar gestellt, die bis dahin eher teilnahmslos und in sich gekehrt auf ihrem Platz in der Eckbank gesessen hatte.
    »Ach, das ist schon viele Jahre her...«
    »Es ist vor siebzehn Jahren passiert«, sagte Marlen. »Kurz, nachdem Bastian verschwunden war.«
    Ein Wagen bog in den Hof ein und hielt. Gerd Hoflach drehte sich um und schob den Vorhang zur Seite, um hinauszusehen.
    »Ach Gott, das ist aber ein seltener Besuch!« Er stand auf und ging in den Flur, kehrte aber gleich wieder zurück und hielt für Audrey Hauerz die Türe auf. »Sie sucht Sie!«, sagte er zu Tamar und warf einen Blick zu Marlen, der ein wenig resigniert und zugleich ein wenig selbstironisch war.
    Audrey begrüßte Gerds Mutter und entschuldigte sich, dass sie so ungefragt ins Haus komme. Aber sie müsse dringend die Frau Kommissarin sprechen.
    »Keine Kommissarin«, widersprach Tamar. »Ich bin nicht mehr im Dienst.«
    »Das ist mir egal«, sagte Audrey. »Es kann so nicht weitergehen.« Sie war noch immer blass, und ihre Augen waren entschlossen auf Tamar gerichtet. »Alle passen auf meine Kinder auf, aber wenn ich nur einen fremden Schritt höre, raste ich aus. Und diese Polizisten hier - entschuldige, Marlen! - fahren mit ihrem Auto ums Viereck, sonst sind sie zu absolut nichts nütze … Sie müssen mir helfen …«
    Tamar schüttelte den Kopf. »Offenbar habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt. Ich bin keine Polizistin mehr.«
    Noch immer waren Audreys Augen auf sie gerichtet. »Das ist mir egal. Ich weiß sonst niemand.«
    Für eine ganze Weile sagte niemand etwas.
    »Bitte«, sagte Audrey.
    »Also gut.« Tamar zuckte mit den Schultern. »Aber Ihnen ist klar, dass dann alles auf den Tisch kommt?«
    D ie Gruppe unter den Platanen war auf acht oder zehn Leute angewachsen, und an dem Trachtengeschäft waren die Rollläden heruntergelassen. Vor dem Rathaus stand noch immer der Einsatzwagen der Bereitschaftspolizisten aus Biberach.
    »Diese Helden!«, sagte Marlen verächtlich. »Sie seien nur zur Beobachtung da, hat mir der Einsatzleiter gesagt.«
    »Hast du deswegen dein Souvenir eingesteckt?«, fragte Tamar.
    »Ja. Deswegen.«
    »Was für ein Souvenir?«, wollte Hoflach wissen und stellte den Wagen vor Jehles Schreibwarengeschäft ab.
    »Ein Souvenir von einem Typ. Geht dich nichts an.«
    »Schon recht. Warten wir hier draußen?«
    »Ist vielleicht besser.« Tamar stieg aus und betrat den Laden, in dem die Auszubildende Stefanie allein hinter der Ladentheke saß, mit grünen Augen, die ins Leere starrten.
    »Sie haben ihn nicht wieder mitgebracht?«, fragte sie anstelle einer Begrüßung.
    »Nein«, antwortete Tamar. »Ich glaube auch

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