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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Sie bitte, aber drüben im Hotel befindet sich eine Trauergemeinde …«
    »Seit wann haben die Toten was gegen unsere Musik?«, fragte einer der jungen Männer und baute sich vor ihr auf, die Bierdose in der Hand. Er war sehr viel größer als sie selbst, und zweimal so breit.
    »Lass mal«, sagte ein zweiter. »Wir haben Weisung von oben.« Er drehte den Sprechgesang leiser. »Ist es so gut, die Dame?«
    Marlen dankte und ging zurück.
     
     
     
    S ie mal wieder«, sagte Steinbronner und wies auf den Besucherstuhl vor Wallisers Schreibtisch. »Wär’s nicht so, hätte mir direkt was gefehlt... Was glauben Sie eigentlich, wozu Sie es in der baden-württembergischen Polizei noch bringen werden?«
    Tamar Wegenast setzte sich. »Haben jetzt Sie diesen Fall übernommen?«
    »Welchen Fall?«
    »Den Fall Kwiatkowski/Orschach/Oerlinghoff.«
    »Im Augenblick sitze ich am Fall Wegenast«, antwortete Steinbronner. »Aber wenn ich mir Ihren Arm betrachte, neige ich doch sehr zu der Annahme, dass Sie in der Tat diesen Kevin Orschach nicht erschossen haben können. Und damit können wir... nein, müssen wir schon mal die Akte Orschach schließen: Es gibt keinen Tatverdächtigen mehr, gegen den wir ermitteln und den wir befragen könnten. Der einzig verbliebene Verdächtige hat es vorgezogen, aus dem Leben zu scheiden. Also?« Er schaute zu Tamar hoch.
    »Das geht aber nicht ewig so weiter«, antwortete sie.
    »Dann hatten Sie den Namen... Moment mal«, er blickte in ein kleines Notizbuch, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Sie hatten den Namen Kwiatkowski genannt. Ah ja. Das ist diese polnische Prostituierte … Wir werden den Kollegen in Krakau die Aussage eines Zeugen übermitteln, der zusammen mit Kevin Orschach wohl Ende September eine Wohnung dort aufgesucht hat, um Ermittlungen in...« - er warf einen spöttischen Blick auf Tamar - »in einer anderen Sache zu tätigen. In dieser Wohnung traf er aber nur die genannte Prostituierte an. Da etwas anderes nicht seinen Gepflogenheiten entsprochen hätte, verließ er die Wohnung wieder. Orschach hingegen blieb allein zurück, um die Dienste der Dame in Anspruch zu nehmen. Danach ist Orschach nach Angaben dieses Zeugen Hals über Kopf nach Deutschland zurückgefahren...« Wieder warf er einen Blick in sein Notizbuch. »Später habe er - also unser Zeuge - ihn dann deshalb zur Rede gestellt, und Orschach habe ihm gestanden, dass es bei der sehr speziellen Art der ausgehandelten Dienstleistung leider einen Unfall gegeben habe...«
    Du bist ein bösartiger, geiler, lügnerischer alter Sack, dachte Tamar. »Sie vergessen etwas. Sie vergessen Kulitz’ Aussage.«
    »Nein«, widersprach Steinbronner. »Ich vergesse nie etwas. Wir sind nämlich zusammen mit Kulitz noch einmal seine Aussage durchgegangen, schließlich hat er ja vor kurzen eine Kopfverletzung mit einer schweren Amnesie erlitten, und dabei hat sich durchaus bestätigt, dass er mit unserem Zeugen - also mit Herrn von Oerlinghoff junior - in Krakau zufällig zusammengetroffen ist, was dieser übrigens auch gar nicht abstreitet. Über Drogen wollen die beiden Herren aber nur geplaudert haben, wie man so an einer Theke eben ins Plaudern kommt, und Kulitz hat denn auch sehr schnell die Behauptung fallen lassen, er habe von Oerlinghoff irgendetwas erhalten.«
    Kurz ließ Steinbronner ein frisch saniertes Beamtengebiss aufblitzen.
    »Auch sonst will Kulitz sich in keiner Weise strafbar gemacht haben. Allerdings hat Oerlinghoff darauf hingewiesen, dass bei dem fraglichen Thekengespräch auch Orschach anwesend gewesen sei. Ob dieser in irgendwelche Drogengeschäfte verwickelt sei, könne er nicht beurteilen … War sonst noch was? Ich glaube nicht. Wir verständigen also die polnische Seite, und - wenn es gewünscht wird - auch den Anwalt des Herrn Berisha. Das Verfahren gegen Sie habe ich bereits einstellen lassen, und wenn die Kollegin …« - noch einmal beugte er sich über sein Notizbuch - »wenn die Kollegin Marlen Ruoff einverstanden ist, gelten wir diese ein bisschen zu dramatische Intervention von gestern Vormittag mit einer disziplinarischen Rüge ab und vergessen so hässliche Worte wie Gefangenenbefreiung und Nötigung und Entführung. Ansonsten schließen wir die Akten. Zufrieden?« Befriedigt steckte er sein Notizbuch ein.
    »Ich konnte von Ihnen nichts anderes erwarten«, antwortete Tamar und schob einen Umschlag über den Tisch.
    »Was ist da drin?«
    »Meine Kündigung und mein Dienstausweis.

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