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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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eigentlich geschwängert worden sind? Und so etwas lässt du dir von einer Marlen Ruoff sagen, die ihr Lebtag den eigenen Vater nicht gesehen hat?«
    »Entschuldige«, sagte Martin Jehle, »sie hat nur gemeint...«
    »Kannst du mich bitte in Ruhe nachdenken lassen, ein einziges Mal nur?« Elisabeth Jehle stand auf, ging ins Wohnzimmer und holte aus einem der Fächer am Sockel des Bücherregals drei in Leinen gebundene Fotoalben. Sie setzte sich auf die Couch, legte die Alben auf den Tisch vor sich und begann sie durchzusehen, in der linken Hand die Kopie haltend.
    Martin Jehle lehnte am Türrahmen und sah ihr zu. Zeit verging. St. Jodok schlug drei Viertel. Drei Viertel was? Langsam, als sähe sie all diese Fotografien zum ersten Mal, blätterte Elisabeth von einer Albumseite zur nächsten.
    »Da«, sagte sie schließlich und zeigte auf ein Foto im zweiten der Alben. Martin näherte sich vorsichtig und ging um die Couch herum und beugte sich über ihre Schulter. Sie deutete auf ein Bild, das den vielleicht achtjährigen Bastian zeigte. Er saß an einem Tisch und blickte fast abweisend in die Kamera, ein wenig in sich gekehrt.
    »Es ist der gleiche Blick«, sagte Elisabeth, und ihre Stimme duldete keinen Widerspruch.
     
     
     
    I ch denke, du hast dir die Woche frei genommen«, sagte der Kriminalkommissar Markus Kuttler und blickte sie über seinen Computer hinweg verwundert an.
    »Ist das eine Begrüßung?«, gab Tamar zurück, stellte ihre Reisetasche ab und warf einen Stapel Briefe auf ihren Schreibtisch. »Jeder Polizeibeamte kann sich jederzeit wieder selbst in den Dienst versetzen«, fügte sie hinzu. »Hat neulich einer unserer Innenminister gesagt. Der wird es ja wissen.«
    »Hast du wieder Post von deinen Freunden bekommen?«, erkundigte sich Kuttler.
    »Gut möglich«, antwortete Tamar. »Aber es ist nicht wichtig.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Kuttler.
    »Was weißt du nicht?«
    »Wir haben hier dicke Luft.«
    »Und warum?«
    »Weiß ich auch nicht«, antwortete Kuttler. »Sie sagen es mir nicht.«
    »Also ist es wegen mir«, stellte Tamar klar, während sie den Telefonhörer abnahm und eine Nummer wählte.
    Es war eine Nummer mit drei Ziffern, registrierte Kuttler, folglich ein Hausgespräch.
    »Wegenast hier«, meldete sie sich, als abgenommen wurde. »Hast du was rausgefunden?«
    Kuttler sah, wie sich auf ihrer Stirn eine Falte bildete. Der Gesprächspartner schien nichts erreicht zu haben oder nicht darüber reden zu wollen.
    »Gut«, sagte Tamar schließlich und legte auf. Sie sah den Stapel Briefe durch und warf das meiste davon in den Papierkorb. Kuttler sah ihr zu. Keiner der Briefe wurde in dem schwarzen Ordner abgeheftet, der auf Tamars Wandregal rechts oben stand. In den letzten Tagen hatte sich das Kommando Kai Habrecht also nicht gemeldet.
    Tamar hatte seinen Blick bemerkt und sah auf. »Du hörst doch Flurfunk. Was ist das mit der dicken Luft und meinen Freunden?«
    »Ich sagte doch...«
    »Lüg nicht!«
    Kuttler zog ein Gesicht. »Bitte. Diese Krakau-Geschichte wird dir ziemlich übel genommen. Was geht uns eine polnische Hure an... So sagt das natürlich keiner. Aber es gibt andere, die sagen, diese Privatkriege, die das Dezernat I führt, die müssten aufhören.«
    »Welche Privatkriege?«
    »Das sagen die doch nicht. Aber sie meinen deinen Ärger mit den Habrechts.«
    »Wer schickt denn da wem Briefe?«, fragte Tamar mit einem Anflug von Zorn. »Und wer legt wem tote Ratten vor die Haustür?«
    »Mit mir musst du nicht streiten«, antwortete Kuttler. »Ganz davon abgesehen, dass Streiten überhaupt nichts bringt. Von nichts kommt nichts, werden die sagen. Egal, was du vorbringst.«
    W as erzählst du eigentlich deiner Mama?« Elke hatte sich aus der Küche einen Becher Kaffee mit aufgeschäumter Milch geholt und saß nun am Kopfende des Bettes, die Knie angezogen, den Becher in beiden Händen. Offenbar fröstelte es sie, denn sie hatte einen langen Pullover übergezogen. »He, ich hab dich was gefragt.«
    »Aber ja doch.« Hoflach lag noch immer auf dem Rücken, die Hände unterm Kopf gefaltet, und sah zur Decke hinauf. »Nichts.«
    »Ach, hör auf! Du bist zum Angeln gefahren und bringst gar nichts mit. Da glaubt deine Mama, du bist zu einem bösen Mädchen gegangen.«
    »Also gut«, antwortete Hoflach. »Ich fahr nachher zum Großhändler und kauf drei Forellen. Dann hat sie was zum Einfrieren und ist glücklich. Zufrieden?«
    »Hab ich es mir doch gedacht«, antwortete Elke und sah

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