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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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windschiefen Bauernhäuser, sondern dem Kies-Kilgus seine krummen Appartements«, antwortete Elke. »Jetzt hat mir schon wieder ein Kunde abgesagt.« Sie sah zur Wirtin hoch, die an den Tisch getreten war, und bestellte einen Kaffee.
    »Wie gewöhnlich?«, fragte die Wirtin.
    »Wie gewöhnlich«, antwortete Elke. Dann wandte sie sich wieder Hoflach zu. »Du wolltest mir was erzählen? Das solltest du deinen Fischen überlassen. Die können das besser.«
    Hoflach schien nicht beleidigt. »Die Geschichte von heute bekomme vielleicht sogar ich hin, und gefallen müsste sie dir auch. Die Marlen kommt drin vor, und vor allem unser Carl-Maria... Hast du nicht auch bei ihm Klavierunterricht gehabt, damals?« Verwundert sah er sie an: Über ihrer Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet.
    »Gesangsunterricht. Er wollte mich ganz groß rausbringen. Angeblich. Wenn es mit ihm zu tun hat, glaube ich erst recht nicht, dass es lustig ist.«
    Paula brachte die Weißwürste und den Kaffee für Elke. Der Kaffee war schwarz und roch über den ganzen Tisch nach Kognak.
     
     
     
    Z u Mittag gab es Pfannkuchen mit Gemüsefüllung, Martin Jehle aß bedächtig, schweigend. Das hatte nichts zu bedeuten. Meist schmeckte es ihm, und das verstand sich dann von selbst. Wenn es zwischen den Eheleuten etwas zu bereden gab, taten sie es bei der Tasse Kaffee, die es gab, wenn das Geschirr gespült war. Das war schon immer so gewesen, man musste nichts daran ändern, auch wenn mit den Händen zu greifen war, dass ein Thema in der Luft lag.
    Diesmal war es dann doch anders. Während sie das Spülbecken auswischte und er das Besteck abtrocknete, fragte sie plötzlich: »Dieser Brief heute Morgen - bedeutet der Ärger?«
    »Aber nein«, antwortete er, »ich habe dir doch gesagt, es geht um eine ganz normale Zinsanpassung.«
    Sie sah ihn an und nickte. »Ich würde nämlich gerne nächste Woche für zwei oder drei Tage wegfahren«, fuhr sie fort und hob die gefüllte Kanne aus der Kaffeemaschine auf das Tablett.
    »Nach Berlin?«, fragte er und räumte das Besteck ein.
    »Musst du alles wissen?«, antwortete sie, etwas ärgerlich, und trug das Tablett ins Esszimmer.
    Er folgte ihr, nahm seine Ledermappe, die er auf einem Stuhl abgestellt hatte, und setzte sich, die Mappe auf dem Schoß. »Wir sollten da zu zweit hingehen, meinst du nicht?«
    »So?«, sagte sie nur und schenkte ihm ein.
    Er holte den »Express« aus der Mappe und dazu ein Schriftstück, von dem sie zunächst nicht erkennen konnte, was es sein mochte. »Ich war heute Vormittag bei der Polizei, da hab ich die Enkelin von der alten Ruoff getroffen, die Marlen, die ist doch Polizistin geworden...«
    »Und weshalb bist du dort gewesen?«
    »Aus dem gleichen Grund, aus dem jemand ins Alte Schulhaus geht«, gab er zurück. »Wegen des Artikels in dieser Zeitung. Und die junge Ruoff hat sich auch gar nicht gewundert. Sie fand es ganz richtig, dass ich nachgefragt habe. Sie hat mit ihren Kollegen in Berlin telefoniert, die wissen noch immer nichts, und dann hat sie mir das da gegeben.« Er schob ihr das Schriftstück hin, es war die Kopie eines Schreibens der Berliner Polizei, die um Amtshilfe bei der Identifizierung einer unbekannten Person bat. Kopiert war auch eine Fotografie, plötzlich zuckte Elisabeth zurück, als scheue sie sich, das Bild näher anzusehen.
    »Schau es dir ruhig an«, sagte Martin.
    Fast widerstrebend nahm sie das Blatt auf und betrachtete das Foto oder vielmehr dessen nicht allzu gute Wiedergabe. Sie zeigte einen jungen Mann mit blassem Teint und hellem, kurz geschnittenem Haar. Über der rechten Schläfe sah man die Spuren einer vernähten Wunde.
    Martin Jehle beobachtete seine Frau. Eben noch hatte er gedacht, sie würden ruhig und sorgfältig alles Für und Wider abwägen können. Plötzlich aber war ihm klar, dass es nichts abzuwägen gab. Elisabeth würde entscheiden, ob sie nun »Ja« sagte oder »Nein«, und mehr war dann nicht zu sagen.
    Gegen besseres Wissen machte er einen Versuch: »Diese Marlen hat mir noch gesagt, wir könnten das ganz einfach klären - wir brauchten nur diese DNS-Analyse machen, in Ulm ist ein Labor...«
    Elisabeth, die noch immer das Foto betrachtete, sah unwillig auf. Mit einem Mal hatte sie ganz schmale Augen bekommen. »Was hat die Marlen Ruoff da gesagt?«
    »Wir könnten eine DNS-Analyse...«
    »Eine DNS-Analyse, ja?«, fuhr ihn seine Frau an. »Wie die unehelichen Mütter, die herausfinden wollen, von wem zum Teufel sie

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