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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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angeblich bisher nie habe glauben können, dass wirklich jemand einen solchen Akzent habe »like the germans in our funny Nazi soap operas«. Heute noch musste Tamar jedes Mal, wenn sie englisch sprechen sollte, und sei es nur ein paar Sätze, an die Schnepfe denken. Sie war rothaarig gewesen und hatte gezupfte Augenbrauen gehabt.
    Das Schweigen am anderen Ende der Leitung wurde von einem Knacken unterbrochen, eine andere Stimme meldete sich mit mühsam gebremster Ungeduld. Was denn los sei?
    »Ich erreiche Milena nicht. Und bei dir meldet sich nur irgendein Telefondienst.«
    »Milena wird spazieren gegangen sein. Einkaufen. Arbeit suchen. Was weiß ich... warum rufst du mich deshalb an?«
    »Es gibt Leute, die uns in Krakau gefolgt sind. Die uns fotografiert haben. Ich möchte sicher sein, dass in deiner Wohnung...«
    »Was für Leute?«
    »Leute, die ein Problem mit mir haben«, antwortete Tamar. »Kannst du mir jetzt sagen, ob mit deiner Wohnung alles in Ordnung ist...«
    »Es wäre wirklich reizend von dir, wenn du die Leute, die ein Problem mit dir haben, selbst managen würdest.« In Hannahs Stimme wich die Ungeduld einem leisen, zornigen Vibrieren. »Aber sollte das nicht möglich sein, dann sag mir doch bitte, was ich von hier aus für dich tun kann.«
    »Ruf deine Hausverwalterin oder die Vermieterin an und bitte sie, in deiner Wohnung nachzusehen und Milena zu sagen, dass sie mich dringend zurückrufen soll.«
    »Und warum soll die Verwalterin nachsehen?«
    »Sie soll nachsehen, ob bei dir eingebrochen worden ist«, antwortete Tamar, nun selbst ärgerlich geworden. »Und wenn du ihr das so nicht sagen willst, dann erklär ihr eben, das Telefon sei kaputt und sie soll gucken, ob der Hörer richtig aufgelegt ist.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen. Dann kam Hannahs Stimme wieder. »Wenn du meinst«, sagte sie, und es klang so, als sei ihr auf der ganzen Welt nichts gleichgültiger.
     
     
     
    T oilet? «
    Der Friseur hielt inne, fast erschrocken oder verständnislos, dann nickte er, nahm dem Kunden den Frisiermantel ab und ging ihm - sich zuvor verbeugend - voran, hinter eine Trennwand, wo zwischen Kartons und Trockenhauben ein schmaler Durchlass zu einer Tür führte. Das Klosett dahinter hatte eine gesprungene Schüssel, und das Email des Handwaschbeckens war angerostet. Aus der linken Brusttasche seiner Jeansjacke holte der Mann ein Tütchen, aus dem er sich zwei knapp bemessene Linien eines kristallinen weißen Pulvers auf die Oberfläche der linken Hand schüttete.
    Er hatte nicht vorgehabt, seine Notration schon jetzt anzubrechen. Natürlich hat man so etwas nicht vor. Aber die Panik fragt nicht danach. Der kann man zehn Mal erzählen, dass man sie von sich abgeschüttelt hat wie den Sommerregen. Wenn du meinst, sagt sie und macht ein demütiges Gesicht, und im gleichen Augenblick schleicht sie schon wieder heran, verkleidet diesmal, sie tut, als wäre sie nicht die Panik, aber nicht doch! Sondern nur die Angst vor ihr, aber es kommt auf das Gleiche heraus, und deshalb hilft nur das eine, der klare, der kristallklare Trennungsstrich... Er schnupfte die beiden Linien die Nase hoch und zog - um den Anschein zu wahren - die Toilettenspülung.
    Der Friseur erwartete ihn im Salon, der Mann setzte sich und bekam wieder den Frisiermantel umgehängt. Es war kurz vor halb, erst jetzt stellte er fest, dass der Friseur dabei war, ihm einen Bürstenhaarschnitt zu verpassen, er hätte lauthals herauslachen können, so blöd sah das aus. Aber warum nicht? Du wolltest ein anderer sein, bitte sehr, beklag dich nicht, hinweg mit allem, » freedom’s just another word...« Der Friseur holte eine elektrische Schneidemaschine und begann damit, den Haaransatz nachzuarbeiten. Die Maschine war an ein merkwürdiges, braun geflecktes Teil angeschlossen, das entweder der Motor oder aber der Trafo war, der Mann hatte ein solches Teil zuletzt in einem Offenbacher Vorort gesehen, als er ein Kind gewesen war und man ihn alle Monate zu einem Friseursalon geschickt hatte, der zwei Straßen weiter lag.
    Dieser da, der fryzjer , hatte sich inzwischen dem Bart zugewandt und schnitt an ihm herum, was sollte das nun werden? Ein Knebelbart oder ein neckisches Kinnbärtchen nach der Art junger deutscher Fußballspieler?
    » No, no. All away. «
    Der Friseur zuckte die Achseln und machte sich daran, den Bart mit der Schere abzunehmen, das ziepte ein wenig, warum wurde dieser Mensch nicht fertig, und was hatte er aus seiner

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