Forever in Berlin
den Arm um ihre Schulter und zog sie zu sich heran. Lilly spürte, wie ihr Herz schneller klopfte. Sie hatte Tim schon immer attraktiv gefunden, wie ungefähr jede Frau von 14 bis 94 auf diesem Planeten. Aber das war es gar nicht einmal, warum sie niemals - NIEMALS! - mit ihm etwas anfangen konnte. Die vier Freunde des Café Solo hatten schließlich einen Pakt geschlossen, auf welchem der Erfolg ihres kleinen Business’ basierte. Und der Pakt beinhaltete kurz und bündig: kein Sex miteinander.
»Du Schwerenöter! Finger weg!«, rief sie also und schubste ihn von sich. Um ihrer Geste mehr Gewicht zu verleihen, fügte sie noch an: »Du riechst noch nach Blondie. Pfui!« Dabei stimmte das gar nicht. Tim roch so wie der Mann aus der Davidoff-Werbung aussah. Nach Sonne und Salz auf der Haut. Einfach verführerisch!
»Willst Du denn gar nicht wissen, was es für ein Kostüm ist?«, fragte der Davidoff-Mann gespielt beleidigt.
Noch ehe Lilly antworten konnte, rief Emily aus der Küche: »Ich tippe auf Stripperin. Oder scharfe Krankenschwester.«
Lilly verdrehte nur entnervt die Augen, denn die Chance, dass Emily Recht hatte, lag bei ungefähr 101 Prozent.
In diesem Moment ging die Tür auf, und der erste Gast des Morgens trat ein. Tom, Nick und Lilly hoben gleichzeitig die Köpfe. Bevor die beiden Männer etwas sagen konnten, übernahm Lilly.
»Lasst mal. Ich mach das schon.«
»Na, das wird jetzt interessant«, hörte sie Tim noch murmeln. Nick blickte erwartungsvoll erst von Tim zu Lilly, und dann weiter von Lilly zu dem neuen Gast.
Der Porschefahrer von gestern parkte sich lässig an der Theke. Er trug enge dunkle Jeans, ein weißes Hemd, das elegant schlampig aus der Hose hing, und ein sicherlich maßgeschneidertes Jackett darüber. Leider sah er verdammt gut aus, musste Lilly sich zu ihrem eigenen Unmut eingestehen.
»Einen doppelten Espresso, bitte«, lächelte er und Lilly musste zu ihrem erneuten Unmut feststellen, dass es sich - rein psychologisch gesehen - um ein echtes Lächeln handelte. Mit charmanten Krähenfüsschen um die Augen und so. Das machte sie beim Anblick des Porschefahrers umso wütender.
»Ach, der Herr spricht auch Deutsch.«
Er ließ sich von ihrer Zickerei aber nicht beirren. »Wenn es die Lage erfordert.«
»Meine Lage erfordert es, Sie darüber zu informieren, das zwei Straßenecken weiter ein Starbucks ist, der hervorragenden Espresso macht. Wollen Sie nicht lieber dahin gehen?«
Der Hipsterschnösel lachte kurz amüsiert. »Nicht wirklich. Die persönliche Bedienung hier im Café Solo hat es mir echt angetan.«
Jetzt reichte es ihr mit dem blöden Geplänkel. Sie konnte solche Angeber auf den Tod nicht leiden. Schon gar nicht welche, die sie so sehr an ihren Ex erinnerten. »Verraten Sie mir eines: Was ist eigentlich Ihr Problem?«
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Tom und Nick mit verschränkten Armen an der Küchentür standen und dem Spektakel belustigt zuschauten.
»Hmmm«, antwortete Mr. Porsche. »Ich würde gerne heute Abend mit Ihnen ausgehen.«
»Ich habe schon was vor.«
»Was denn?«
»Ich springe von einer Brücke, damit ich solche Unterhaltungen wie diese nie mehr führen muss.«
»Ich könnte Sie zum Dinner abholen, wenn Sie damit fertig sind.«
4
»Was war das denn für ein Schlagabtausch, den du Dir heute morgen im Solo geliefert hast? Habe ich bis in die Küche gehört«, fragte Emily, als beide Frauen sich abends für die Halloween-Party fertig machten.
»Ach, das war wieder dieser beknackte Porschefahrer, der mich vollgespritzt hat. Erinnerst Du dich? Der scheint jetzt zu seiner eigenen Belustigung jeden Tag ins Solo zu kommen.«
Emily zupfte noch ein wenig an Lillys Frisur herum. »Ich fand ihn irgendwie witzig. Und schlagfertig.«
»Und ich finde ihn einfach nur aufdringlich.«
»Du kennst ihn ja gar nicht richtig.«
»Ich weiß so viel von ihm, dass es mir schon reicht.«
»Manchmal habe ich den Eindruck, Du willst gar keinen Mann finden. So zickig wie Du zu allen bist.«
»Jetzt fang nicht an wie meine Mutter. Natürlich will ich einen Mann. Ich bin verdammt noch mal seit zwei Jahren solo. Aber einen, der nicht verrückt, verheiratet oder sonst irgendeine vorgeschädigte Umtauschware ist.«
Seit sie vor zwei Jahren in Berlin angekommen war, hatte Lilly natürlich immer wieder irgendwelche Männer kennengelernt. Aber bei allen hatte stets ihre innere Johannes-Alarmglocke geklingelt. Einer wollte ihr partout nicht seine Festnetznummer
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