Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
seinen Vorstellungen umgebaut. Das meiste
hatte er selbst gemacht. Steuer und Schalthebel hatte er allerdings bei Germon
Kaploster in Auftrag gegeben, dessen Schnitzarbeiten er schon als kleiner Junge
bewundert hatte. Er hatte ihm Skizzen dessen vorgelegt, was er sich vorstellte,
und Kaploster hatte es ganz genauso ausgeführt. Der Kopf des Höhlenfalken, in
den der Steuerknüppel auslief, wirkte fast lebendig, und das Japento-Holz, das
Kaploster verwendet hatte, war mit der Zeit so stark nachgedunkelt, dass es
schwarz wirkte, genau wie der echte Vogel.
Sein Wagen – sein Zuhause. Die Frau, die jenseits der
Makavepfütze auf dem blauen Webteppich saß und getrocknete Tomaten aus einem
Glas aß, war hier ein Fremdkörper. Und der Grund dafür, dass er sich so
schlecht konzentrieren konnte. Ihre Anwesenheit zwang ihn ständig zu dazu, sich
Gedanken über völlig Unwichtiges zu machen. Mit seinen Plänen für die
Flugapparate kam er so einfach nicht weiter.
In diesem Moment empfand er mit plötzlicher
Intensität, wie sehr er dieses Leben hier liebte, genau so: Unterwegs zu sein,
mit dem Wagen von einem kleinen Ort zum nächsten zu fahren, hier eine Uhr, dort
ein Gerät zu reparieren, und währenddessen in Gedanken eine Idee, eine neue
Erfindung, ein altes Problem zu bearbeiten. Frei und sein eigener Herr, so
wollte er es. Würde er für Emberlend überhaupt arbeiten können? So gern er
Skilsinen kennenlernen wollte, so angenehm ein bezahlter Arbeitsplatz samt
allen nötigen Materialien auch sein würde – würde er arbeiten können, wenn er
an einem Ort festsaß? Würde sein Gehirn produktiv werden können – in einer
Zeitspanne, die andere ihm setzten?! Wo doch sein einziger ernsthafter Versuch,
sein Leben mit den Vorstellungen und Erwartungen eines anderen zu verbinden, so
kläglich gescheitert war?
Den finalen Streit auf dem Autrejaune’schen Gut, den
hätte es gar nicht gebraucht. Ellie hätte ihn nicht vor ihrer gesamten Familie
demütigen müssen – Tatsache war, dass er es so oder so nicht viel länger mit
ihr ausgehalten hätte. Tatsache war, dass er sich in dem Haus in Aube
eingesperrt gefühlt hatte. War morgens aufgewacht mit dem Gefühl: Heute müsste
ich mal wieder weiterfahren – um dann festzustellen, dass er ja eigentlich
schon da angekommen war, wo er jetzt hingehören sollte. Alle erwarteten von
ihm, dass er nun in Aube arbeitete und sich lauter schlaue, nützliche Dinge
einfallen ließ, die ihn und seine Frau zu wertvollen, angesehenen Bürgern
machen würden.
Dummerweise wollte ihm das nicht gelingen. Und er
hatte es versucht, er hatte es jeden Tag neu versucht! Zum Denken musste er in
Bewegung sein, also war er treppauf und treppab durch das große, stille Haus
gegangen, in dem Ellie an ihren Büchern saß und die drei Graico-Bediensteten
ihnen den Haushalt führten. War durch ihren Obstgarten gestreift wie ein Kater
auf Mäusejagd, war schließlich durch Aube mit seinen sprichwörtlichen hundert
Brücken gewandert (mehr als siebzehn hatte er nie entdeckt, und von denen
führten vier nur über Bäche), bis ihn seine Mitbürger mit argwöhnischen Blicken
zu mustern begannen – aber nichts half. Irgendwann hatte er sich in seinem
Wagen verkrochen, der abgehalftert in einem Schuppen stand. Aber die Hoffnung,
dass er dort vielleicht wieder würde arbeiten können, verging ihm schnell. In
diesem Schuppen war sein Wagen nur ein totes, abgenutztes Objekt.
„Das da drüben – das ist aber nicht das Meer, oder?“
Er hatte fast vergessen, dass Kate mit ihm hier in der
Fahrerkabine saß. Er sah hinaus. Richtig, im Osten konnte man jetzt das
Glitzern einer Wasserfläche erkennen. Sie waren immerhin schon viele Stunden
nördlich von Jonandru.
„Nein, nicht das Meer. Das ist der Irbessunen, der
große Nebenarm des Akbarnen, der sich bei Parrot’s Fork von ihm abspaltet.
Weiter unten im Süden teilt er sich noch mal in vier Flussarme auf.“
Kate war schon in Ordnung, auf ihre Art. Trotzdem
störte sie ihn. Nicht nur im großen, sozusagen Racht-mäßigen Sinn, insofern,
als ihr Anliegen ihn auf seinem Weg nach Skilsinen aufhielt. Sie störte ihn auf
vielfältige, alltägliche Weise – weil sie eine Frau war, weil er nie so recht
wusste, woran er mit ihr war und sie nicht einfach ignorieren konnte. Er ahnte,
dass sie sich selbst – und ihn auch – in große Schwierigkeiten bringen konnte.
Manchmal konnte er fast fühlen, dass sie es tun würde, dass die Katastrophe
schon in den Kulissen
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