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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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wir von hier aus sehen, ist nur der eine
Augenwinkel.“
    „Es ist eine Caldera“, meldete sich hinter ihnen Pix
zu Wort. Und als sich alle überrascht zu ihr umsahen, erläuterte sie, schon
wieder kratzbürstig: „So nennt man so einen Kessel, der entsteht, wenn ein
Vulkankrater in die Erde einbricht.“ Sie sah Halfast herausfordernd an.
    „Diesen Ausdruck hab ich noch nie gehört“, meinte der.
„Woher hast du ihn?“
    „Aus dem Doku-Channel“, murmelte sie mürrisch. „Vergiss
es einfach.“
    „Werd ich bestimmt nicht“, erwiderte Halfast
freundlich und fuhr dann fort: „Die Explosion damals hat hier alles verändert.
Vorher soll Orolo ein blühendes Land gewesen sein. Manche behaupten, hier habe
Frillort gelegen – das ist natürlich Blödsinn, aber es zeigt, wie schön es hier
gewesen sein muss. Keine Rede von Gelichter.“
    „Du meinst, das Gelichter ist erst durch den
Vulkanausbruch – na ja, entstanden?“, fragte James.
    „Vorher hat es jedenfalls keins gegeben, so steht es
in den Büchern.“
    James hatte das Bild eines Pfropfens vor Augen, den
eine gewaltige Explosion aus einer Öffnung trieb … und aus dieser quoll wie
eine schwärzliche Wolke Gelichter in die Welt.
    „ Sikka , wer weiß, was erst aus dem Tosu Magaton
herausplatzt, wenn der wirklich hochgeht!“, rief Firn von vorne. „Der soll
dreimal so groß sein wie die Feuerfelder von Éllambru es waren!“
    Vorher wär ich gern hier weg, dachte James.
    Während sie langsam auf die Abbruchkante zu rückten,
fühlte er sich mehr und mehr wie eine Fliege auf einem Tellerrand. Das, was ihm
bisher wie eine leicht abschüssige Ebene vorgekommen war, schien sich auf
einmal in einen Gebirgszug zu verwandeln, über den sie unweigerlich auf einen
riesigen Abgrund zusteuerten. Es gab auch kaum etwas, das von diesem Loch in
der Landschaft abgelenkt hätte. Staubiges, steiniges Rotbraun zur Linken,
gelegentlich ein Steinhaufen, wenn einer der kaum erkennbaren Seitenpfade von
der Straße abzweigte. Ganz selten ein einzelner Baum wie ein großer, stummer
Eigenbrötler.
    Diese Bäume waren ein eigenartiger Anblick und
verursachten James ein unbehagliches Gefühl. Gewaltige, manchmal beinahe
fassförmige Stämme trugen ausladende, blattlose Äste. Ihr einziges Grün stammte
von kugeligen Wucherungen, die wie übergroße Früchte im Geäst hingen. Misteln,
dachte er und fühlte sich dennoch wie von einer kalten Hand gestreift. Sie
erinnerten ihn an etwas, woran er nicht denken wollte.
    Der Laternenbaum – das war ein alter Kinder-Albtraum
aus der Zeit nach dem ersten Unfall: Darin ging er neben seiner Mutter eine
Straße entlang, und dann war da im Novemberzwielicht ein düsterer Baum, aus
dessen Zweigen gelbe Gesichter durch den Nebel glommen. Höhnisch grinsend
schienen sie jeden seiner Schritte zu verfolgen. Ihn überfiel eine Angst, die
ihn förmlich am Boden festklebte – obwohl er schon als Kind begriff, dass es
nur Laternen waren, nichts als runde Papierlampions mit aufgemalten Gesichtern,
die im Wind schwangen.
    Offenbar war heute der Tag der Erinnerungen –
vielleicht schwamm er ja immer noch auf der Trukvister-Woge von gestern. Als er
jetzt im Vorbeifahren die Bäume mit ihren grünen Parasiten betrachtete, war die
alte Angst jedenfalls plötzlich so nah, dass er sich nicht gewundert hätte,
wenn er in dem Grün maskenhaft grinsende Fratzen entdeckt hätte. Flüchtig
überlegte er, dass die Masken aus dem Theaterstück diese Erinnerung ausgelöst
haben mussten.
    Die Reisenden, denen sie in den folgenden Stunden
begegneten, hofften entweder darauf, noch vor Einbruch der Dämmerung Qamar zu
erreichen, den nächsten Ort an der Straße, oder hatten sich, genau wie der
Chef, damit abgefunden, dass sie die Nacht bei Varkos im Brückenhaus verbringen
würden. Man sah jede Menge Gelichternetze und Fängerstandarten vorbeiziehen,
manche nickten wie seltsame Blumen mit Schädelgesichtern von überfüllten Karren
herunter, andere waren am Zaumzeug oder Joch der Zugtiere befestigt. Viele der
Reisenden trugen Gelichterhüte mit baumelnden Netzen, wie der, den Firn von der
Barbierfrau in Fendurnen bekommen hatte. (Den trug zurzeit übrigens Sandrou,
der bis zur völligen Erschöpfung an Carminos Seite gegangen war und jetzt schlafend
im Gilwisselwagen lag.)
    James stellte fest, dass er auch nichts gegen einen
solchen Schutz einzuwenden gehabt hätte. Seine Füße schienen inzwischen von
selbst auf den Boden zu achten und allem auszuweichen, was

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