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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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hat sie nichts zu befürchten, Jakobe!“,
erwiderte er scharf. „Und wenn wir jetzt nicht anfangen, geh ich zurück!“
    Sie lachte wieder und nahm ihm die Kulissenstange aus
der Hand. Das kaum verdrängte Unbehagen regte sich gleich wieder, als er zusah,
wie sie damit sacht die unterste Mistel anhob.
    „Man muss vorsichtig sein. Manchmal steckt ein
Pacculi-Nest darin. Einen Pacculi stört man besser nicht auf.“
    Das war also der Haken an der Sache. Er wollte nicht
einmal wissen, ob der Pacculi nun ein Tier oder Gelichter war. Die Antwort
hätte ihn von dem Unternehmen abhalten können, und jetzt wollte er diese
Misteln ernten. Einen ganzen Berg davon.
    „Deshalb hebe ich die Mistel mit der Stange an, um ihr
Gewicht abzuschätzen. Wenn sie zu schwer für ihre Größe erscheint, dann lasse
ich die Finger davon“, erklärte sie weiter. „Der Pacculi schläft tagsüber, das
ist die einzige Chance für Mistelpflücker. So, die hier ist in Ordnung.“ Sie
legte die Stange ab und zog ihr Messer aus dem Gürtel. „Und jetzt bist du an
der Reihe. Du kletterst rauf, schneidest sie ab und bringst sie zu mir
herunter.“
    „Ich erledige also die ganze Arbeit, ja? Das macht
dann zwei Drittel für mich!“
    „Nicht gierig, wie? Hier, jetzt nimm das Messer und
pass auf, dass du den Baum dabei nicht beschädigst!“
    „Zwei Drittel!“, beharrte er.
    „Du hast doch keine Ahnung von der Sache! Du hast
nicht mal ein Messer! Und für mein Wissen steht mir schon mindestens die Hälfte
zu!“
    „Also gut, dann die Hälfte für dich, die andere für
mich! Und wenn ich falle oder so, kriege ich noch ’n Zuschlag!“
    „Gütige Kumatai, ’n Kerl wie du wird doch wohl auf
’nen Baum klettern können, ohne runterzufallen!“
    Es war auch weniger das Fallen, das ihm Sorgen machte.
Die hatte ihn bestimmt nicht aus Gefälligkeit mitgenommen. „Prüf die Dinger
gründlich, klar? Ich bin nicht scharf auf deinen Pacculi!“
    Dann schwang er sich am untersten Ast hinauf. Er hatte
einen toten Baum erwartet, mürbes Holz, das vielleicht sogar unter seinem
Gewicht brach. Aber als er die raue Rinde berührte, wusste er, dass er sich
geirrt hatte. Wie Sandpapier fühlte sich das an, feinkörnig und fest; die Äste,
an denen er sich zuerst nur zögernd heraufzog, waren stark und federten
elastisch unter seinem Gewicht. Dieser Baum war lebendig, er hatte nur eben
keine Blätter. Dafür trug er Mistelkugeln wie Früchte. Von einigen Ästen hingen
sie wie lange Perücken herunter. Das waren mindestens
Fünfzehn-Kelvernen-Kandidaten.
    „Du musst sie vorsichtig vom Ast trennen!“, rief Jakobe.
„Japento-Bäume bluten stark, wenn man sie verletzt.“
    Hinter dem schwarzen Geäst stand die weißliche Leere
des Himmels. Diese dunklen Flecken der Misteln … als warteten sie nur auf die
Dämmerung, den Einbruch der Dunkelheit, um ihr eigenes, inneres Leben
aufleuchten zu lassen …
    Was für ein Blödsinn. Die Albträume eines
Siebenjährigen. Er riss seinen Blick von den Dingern los und sah stattdessen
nach unten, nicht zu Jakobe, sondern auf die andere Seite. Keine fünf Meter von
diesem Baum entfernt öffnete sich dort der Abgrund.
    „Jetzt fang an, James! Sonst geht die Sonne unter,
bevor du die erste Mistel geschnitten hast!“
    Trotz der Gewichtsprüfung blieb er auf der Hut. Den
Pacculi stellte er sich wie einen fiesen kleinen Nager oder Bär vor, eine
Gelichter-Ausgabe von Mapoosa vielleicht. Irgendwas mit vielen Zähnen
jedenfalls. Deshalb grub er seine Hände nur behutsam unter die Büschel aus
wachsartigen, gelblich-grünen Blättern und schnitt die Mistel dann knapp über
ihren Füßchen vom Ast. Das war ganz leicht. Jakobe prüfte der Reihe nach alle
Misteln, die sie mit der Stange erreichen konnte, und erklärte sie für in
Ordnung. Er kletterte und schnitt und kletterte wieder hinunter, um ihr die
Misteln vom untersten Ast aus anzureichen, damit die dicht mit sektfarbenen
Beeren besetzten Büschel nicht beschädigt wurden. Mehr und mehr gewann das
Sammelfieber die Oberhand über sein Misstrauen. Neun Stück hatten sie schon
sicher im Korb, aber er hatte noch einige richtig große weiter oben ins Auge
gefasst. Er ließ sich die Stange heraufreichen und prüfte die Kugeln nun
selbst. Inzwischen glaubte er das natürliche Gewicht einigermaßen abschätzen zu
können. Zumindest konnte ein Pacculi nicht besonders groß sein, wenn sein Nest
in das Innere eines solchen Kugelstrauchs passte.
    „He brakka , komm da runter!“, hörte

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