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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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möglicher Folgen durchzuspielen. Nach allem, was er sich geleistet hat, wäre es am naheliegendsten, den Kontakt abzubrechen und ihm, soweit umsetzbar, aus dem Weg zu gehen.
    Dagegen sprechen allerdings vier Punkte.
    Ich mag ihn. Obwohl er mich schlecht behandelt und mein Vertrauen auf übelste Art und Weise missbraucht hat. Ich glaube an das Gute im Menschen. Seine Erklärung gestern klang plausibel und ich vermute, dass er die Wahrheit sagte. Und selbst, wenn das nicht der Fall war, so kann ich mich mittlerweile verteidigen. Er stellt keine Gefahr für mich dar. Außerdem weiß er über mich Bescheid. Der bedeutsamste und gleichzeitig beunruhigendste Aspekt auf meiner Liste. Kein Mensch würde ihm diese Geschichte glauben, und doch hat er recht. Ich bin ihm eine Erklärung schuldig.
    Ohne meinen Entschluss ein weiteres Mal zu überdenken, drücke ich die Klinke nieder und betrete das Zimmer. Auch heute sind die Vorhänge zugezogen, sodass der Raum im Halbdunkeln liegt. Als ich die Tür schließe, wendet sich Jan mir zu und nimmt seine Kopfhörer von den Ohren. »Hey.«
    »Hey«, erwidere ich und bleibe verlegen in der Mitte des Zimmers stehen. Nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass wir alleine sind, setze ich mich an den Besuchertisch neben seinem Bett. Mehrere Minuten mustere ich eingehend die Tischplatte und nehme endlich meinen Mut zusammen.
    »Du hast recht. Ich schulde dir eine Erklärung.«
    Er beobachtet mich stumm und deutet ein Nicken an.
    »Vor ein paar Wochen habe ich entdeckt, dass ich durch pure Gedankenkraft Dinge geschehen lassen kann.« Ich halte kurz inne und warte darauf, dass Jan seine Zweifel zum Ausdruck bringt, doch er schweigt.
    »Beim Flaschendrehen die Flasche stoppen.« Ich werde rot beim Gedanken daran, dass er auf meinen Wunsch hin halbnackt in den See springen musste, und hoffe, dass er diese logische Konsequenz nicht nachvollzieht. »Licht an- und ausschalten, die Zeit meines Essens in der Mikrowelle verkürzen, Ampeln umschalten, Dinge schweben lassen und solche Sachen eben.«
    Bisher habe ich nur den harmloseren Aspekt meiner Kraft erwähnt. Doch wenn ich schon beim Beichten bin, kann ich gleich mit der ganzen Wahrheit herausrücken. Ich werde sehen, wie er mit den weiterführenden Informationen zurecht kommt, wenn er mir überhaupt Glauben schenkt. Bisher kann ich auf seinem Gesicht nicht die geringste Regung erkennen. Seine Miene ist undurchdringlich.
    Das Aussprechen des folgenden Sachverhaltes fällt mir extrem schwer. »Der Kuss an der Haustür – ich bin bis jetzt nicht sicher, ob er von dir ausging oder ob ich dich mittels meiner Kraft dazu gebracht habe, weil es doch das war, was ich wollte. Seit letztem Freitag habe ich allerdings die starke Vermutung, dass ich es nicht gewesen bin. Du hast mir wahnsinnige Angst eingejagt. Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so bedroht gefühlt wie an diesem Abend in deinem Zimmer. Ich wollte dich wegdrücken, aber du warst zu stark. Ich wollte protestieren, aber du hast mir nicht zugehört.« Ich unterdrücke ein Schaudern. »Ich konnte mich nicht wehren. Du hast nicht von mir abgelassen. Mein Entsetzen wurde immer größer, sodass irgendwann nur noch Platz für den einen Wunsch in mir war. Ich wollte dich wegstoßen. So kräftig und so weit weg wie möglich. Ich habe den Impuls nicht absichtlich ausgegeben, der dich an die Wand geschmettert hat, aber trotzdem habe ich es getan. Es tut mir leid.«
    Jan starrt auf seine Hände, die auf der Bettdecke liegen. Als er schließlich spricht, klingt seine Stimme befangen. »Ich hatte keine Ahnung, dass dieser Abend so beängstigend und furchtbar für dich war. Mir ist gestern klar geworden, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich hätte dich niemals gegen deinen Willen so bedrängen dürfen. Ich habe die Situation komplett fehlinterpretiert. Und im Nachheinein könnte ich mich dafür ohrfeigen, dass ich nicht aufmerksamer war. Ich bedaure mein Verhalten zutiefst. Glaubst du mir das?«
    Nichts wäre mir lieber, als ihm zu vertrauen. Doch mein Glaube an ihn ist nachhaltig erschüttert. Trotzdem akzeptiere ich seine Entschuldigung mit einem leichten Neigen des Kopfes.
    Jan greift nach dem Glas, das auf dem Nachttisch steht, und trinkt bedächtig einen Schluck Wasser. »Sei mir nicht böse, aber ich muss diese Frage stellen: Was diese Kraft angeht, ist das dein Ernst?«
    »Momentan bin ich absolut nicht in der Stimmung, Witze zu machen, dessen kannst du dir sicher sein.«
    Jan fährt

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