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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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auf mich sein, obwohl er derjenige ist, der mich bedrängt hat? Sieht er nicht, dass er ebenfalls Schuld an der Situation trägt? Ich weiß, dass ich einen großen Fehler begangen habe. Ich habe ihn in Gefahr gebracht, völlig übertrieben, und es tut mir leid! Deshalb bin ich schließlich ins Krankenhaus gefahren. Doch er hätte bereits nach dem unfreiwilligen Kuss am Dienstag wissen müssen, dass ich mich von ihm bedrängt fühle. Das hat ihn nicht abgehalten. Im Gegenteil. Er führte sich auf, als würde ich ihn ermuntern. Zugegebenermaßen war es nicht klug von mir, direkt wieder mit ihm loszuziehen. Hat ihn das in dem Glauben bestärkt, es sei nur eine Masche von mir, die Unberührbare zu spielen? Habe ich ihn unwissentlich herausgefordert?
    Ich will wissen, was er dazu sagt, und nicht die ganze Schuld auf mich nehmen. Ich will hören, was er zu seiner Verteidigung vorzubringen hat. Ich werde in sein Zimmer zurückkehren und mich dieses Mal nicht in die Flucht schlagen lassen.
    Abrupt drehe ich mich um und schlage wieder den Weg zum Krankenhaus ein. Die Hände zu Fäusten geballt und mit zusammengebissenen Zähnen presche ich durch die Eingangshalle und sehe dabei so furchteinflößend aus, dass sich nicht einmal die Empfangsdame traut, mir in die Quere zu kommen.
    Grimmig reiße ich die Tür auf und stürme in Jans Zimmer. Bevor er irgendein Wort an mich richten kann, baue ich mich vor seinem Bett auf und verschränke die Arme. »Was fällt dir ein, mich so zu behandeln? Ja! Ich habe dich an die Wand geknallt. Aber hast du Spatzenhirn dich schon einmal gefragt, aus welchem Grund?«
    Jan starrt mich mit offenem Mund an. Meine über Tage hinweg aufgestauten Emotionen bahnen sich ihren Weg an die Oberfläche. Angst, Schuld, Trauer, Scham, Sorge, Erleichterung verschmilzen zu einer alles unterdrückenden Wut – auf mich selbst und auf Jan, der mich in diese Situation gebracht hat. Mit beißendem Sarkasmus gehe ich weiter auf ihn los. »Ach, hast du den Teil des Abends etwa schon vergessen? Du hast mich in euer Haus, schlimmer noch, in dein Zimmer gelockt! Und dort hast du mich bedrängt, obwohl ich dich zurückgewiesen habe! Du hast es dir selbst zuzuschreiben, dass ich mich zur Wehr gesetzt habe! Was hast du erwartet? Dass ich mich dir willig hingebe, weil du so ein toller Hecht bist? Da täuschst du dich aber gewaltig! Schon am Dienstagabend hast du mich gegen meinen Willen geküsst. Erwartest du etwa, dass ich jetzt angekrochen komme und die ganze Schuld auf mich nehme? Du Schwachkopf bist mindestens genauso verantwortlich für den Mist hier! Bilde dir bloß nicht ein, du könntest mich manipulieren! Ich weiß überhaupt nicht, was in mich gefahren ist, dass ich dir noch eine Chance gegeben habe. Mein Vertrauen in dich war verschwendet! Ich war so was von bescheuert, überhaupt eine Freundschaft mit dir in Erwägung zu ziehen. Du hast alles gründlich vermasselt!« Von meiner Schimpftirade völlig außer Atem, lasse ich mich auf einen Stuhl fallen, den ich zuvor unsanft und unter lautem Gepolter vom Tisch weggezogen habe.
    Jan lehnt halb aufgerichtet in seinen Kissen und erduldet stumm meinen Ausbruch. Er massiert mit den Fingerspitzen seine Stirn, als wolle er Kopfschmerzen vertreiben. Geschieht ihm recht. Am liebsten würde ich wieder von vorne losbrüllen. Mit blitzenden Augen funkle ich ihn an und warte auf seine Verteidigung. Nur allzu gerne bin ich bereit, ihm erneut den Kopf zurechtzurücken, sollte meine Ansprache nicht für die nötige Einsicht gesorgt haben.
    Einige Minuten ist es vollkommen ruhig im Zimmer. Ich sitze angespannt auf meinem Stuhl und starre Jan böse an. Er hat den Kopf in seine Hände gelegt, sodass ich sein Gesicht nicht sehen kann. Wenn er sich jetzt wieder entschuldigt, gehe ich ihm an die Kehle. Das garantiere ich.
    »Ich bin ein solcher Idiot.«
    Interessiert betrachte ich ihn und nicke zustimmend. Dieser Erkenntnis habe ich nichts hinzuzufügen. Mal sehen, ob noch weitere Geistesblitze folgen. Nachdem ich nun weiß, dass er keine bleibenden Schäden davontragen wird, sind meine Schuldgefühle gänzlich verschwunden. Stattdessen verfüge ich über einen scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Entrüstung.
    Jan spricht leise weiter: »Ich dachte, du würdest das von mir erwarten – «
    Aufgebracht falle ich ihm ins Wort. »Du dachtest? Mit welchem Teil deines Körpers? Das Gehirn kann es nicht gewesen sein!«
    Hinter seinen Händen dringt ein Geräusch hervor, das verdächtig nach

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