Formbar. Begabt
nicht... dachtest du an jemand Bestimmten?«
Diese Antwort war brauchbar. Unter Einbezug meines momentanen Gemütszustandes war sie geradezu genial. Ich höre das Klopfen meines Herzens so laut in den Ohren, dass ich Miris Antwort kaum registriere. In meinem Kopf dreht sich alles – verdammter Alkohol. Jetzt schnell die Flasche drehen, und die Sache ist erst mal ausgestanden.
Ich versetze sie in Bewegung.
Was, wenn sie bei Jan stehen bleibt?
Ich habe keine Ahnung, was ich ihn fragen könnte. Mein Kopf ist leer. Himmel, ich werde mich so blamieren.
Die Flasche wird auf ihn zeigen. Ich weiß es. Sie wird auf ihn zeigen. Die Flasche...
Die Flasche stoppt mitten in der Bewegung.
Sie zeigt auf Jan. Ich wusste es.
Er fixiert mich. Wieder blendet mein Gehirn alle Störfaktoren aus. Die Welt scheint auf uns beide zusammengeschrumpft zu sein. Wir starren uns an. Mein Kopf ist leer. Ich öffne den Mund, ohne irgendeine Ahnung zu haben, was ich gleich sagen werde.
Im selben Moment fliegt die Tür auf, und Denise kommt hereingestürmt. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie dermaßen erleichtert. Alle drehen sich zu ihr und beobachten gespannt ihren Auftritt.
»Jan! Kommst du mal bitte?« Sie hat die Hände zu Fäusten geballt, und ihre Stimme klingt angespannt. Mit einem gleichgültigen Schulterzucken steht Jan auf und begleitet Denise in eine Ecke des Raumes, wo sie wild gestikulierend auf ihn einzureden beginnt.
Abwesend drehe ich die Flasche erneut und stelle irgendwem eine nichtssagende Frage. Die Antwort nehme ich kaum wahr, weil ich den offensichtlichen Streit in der Zimmerecke so gut es geht verfolge. Wortfetzen dringen an mein Ohr. Die Umgebung ist einfach zu laut, als dass ich alles verstehen könnte.
»... einfach weg ...dich überall gesucht... du findest diese Spiele doch sonst albern... so wenig wichtig?«
Dann verlässt Denise wutentbrannt den Raum. Jan folgt ihr. Kurz bevor er durch die Tür tritt, zögert er fast unmerklich, dreht sich um und wirft mir einen kalten Blick aus seinen hellen Augen zu, dann ist er weg.
Ich schaue auf meine Uhr und erschrecke. Till und Viv stehen vermutlich auf der Terrasse und warten auf mich. Außerdem brauche ich dringend ein wenig Ruhe, um nachzudenken.
Schon bevor ich ins Freie trete, erkenne ich, dass sich die beiden in meiner Abwesenheit nicht gelangweilt haben. Till erzählt gerade eine lustige Geschichte, und Viv hängt an seinen Lippen. Sie stehen zu dicht nebeneinander, um die gegenseitige Anziehungskraft zu leugnen.
»Hey ihr Zwei. Entschuldigt, dass ich erst jetzt auftauche...«
Viv wirkt erstaunt. Dann blickt sie mich an und erkennt in Sekundenschnelle, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ohne zu zögern, wendet sie sich an Till: »Ich müsste mal kurz mit Hannah alleine sprechen, ist das in Ordnung? Würdest du so lange auf mich warten?«
Till nickt lachend, deutet auf seinen leeren Becher und verschwindet im Haus. Nicht nur sympathisch, sondern auch unkompliziert!
»Was ist los? Ich sehe dir an, dass etwas nicht stimmt. Hast du Jan...?«
Ich nicke und informiere Viv schnell über die neuesten Ereignisse. Sie grinst übers ganze Gesicht. »Ich vermute, er ist wegen dir zur Spielrunde gestoßen! Warum sonst? Er kam rein, sah dich und setzte sich dazu! Und Denise' Szene passt genau ins Bild.«
»Ach Viv, da saß noch ein Haufen anderer Leute. Die finsteren Blicke erklärt das keinesfalls. Er wirkt nicht, als würde er meine Nähe suchen. Sieht eher aus, als würde ich ihm erbärmlich auf die Nerven gehen.«
Viv trommelt mit den Fingern auf das Geländer. »Wahrscheinlich bist du ihm in der Einkaufspassage doch positiv aufgefallen. Siehst du, war gar nicht schlecht, dass du ihn in der Schule gegrüßt hast!«
Ich schüttle nur stumm den Kopf. Wer weiß, welche Gründe Jan hatte, »Wahrheit oder Wahrheit« mit uns zu spielen? Vielleicht findet er es lustig? Wobei er laut Denise solche Spielchen albern findet. Warum also dann? Möglicherweise ist es sein neues Hobby, sich in meiner Nähe aufzuhalten, mich aus dem Konzept zu bringen und anschließend mit Blicken aufzuspießen? In dem Fall sollte ich mir ein stärkeres Nervenkostüm zulegen.
In dieser Nacht brauche ich lange, um in den Schlaf zu finden. Es ist nicht nur Jans seltsames Verhalten, das mich grübeln lässt. Immer wieder muss ich an den Augenblick denken, in dem die Flasche aus der vollen Bewegung heraus anhielt. In einem Moment dreht sie sich noch voller Kraft, im nächsten zeigt sie auf
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