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Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Arbeit zu erledigen hatte.
    Nun war es Mitternacht, und er pfiff auf die Pflicht. Er hatte den Zug hierher genommen, um die Wahrheit herauszufinden.
    »Ist sie …«
    »Sie lebt«, fiel Kathleen ihm leise ins Wort. »Ich bringe Sie zu ihr.«
    Er versuchte, seine Dankbarkeit hervorzustoßen, konnte es aber nicht. Seine Schultern bebten vor Erleichterung.
    Kathleen schlang beruhigend einen Arm um ihn und führte ihn durch das Lazarett.
    In seinen Augen war es schlimmer als jede Hölle, die er sich je auszumalen vermocht hätte. Jede nur erdenkliche Verletzung war zu sehen, sogar einige, die er nie für möglich gehalten hätte. Als sie zwischen den Stationen hervorkamen, schaute er zu einem Nebenzelt und erblickte Emil, der sich über einen Operationstisch beugte. Ein Pflegehelfer hielt eine flackernde Laterne, und Emil forderte den Mann fluchend auf, ihm mehr Licht zu geben, während sich seine Hand beim Nähen rhythmisch auf und ab bewegte. Vor der offenen Zeltklappe lag ein Berg von Armen und Beinen.
    »Barmherziger Gott«, flüsterte Chuck und blickte Kathleen an. »Das ist es, was Sie tun?«
    Sie nickte und hätte am liebsten geweint, um ihrem eigenen Schmerz Ausdruck zu verleihen. Bei ihrer letzten Operation hatte ein Roum-Soldat sie in unverständlichem Latein angefleht, doch all sein Bitten war vergebens gewesen, denn sie musste ihm beide Beine amputieren.
    Sie zog Chuck in das nächste Zelt, eine Station für verletzte Frauen, in der nun überwiegend die Überlebenden der Explosion im Pulverwerk untergebracht waren.
    »Sie liegt am anderen Ende«, murmelte Kathleen. »Ich muss zurück zu meiner eigenen Station.« Damit küsste sie ihn flüchtig auf die Stirn. Kurz zögerte sie, dann beschloss sie, es ihm zu sagen.
    »Es ist schlimm, über zwanzig Prozent ihrer Haut sind verbrannt. Die Explosion hat sie taub gemacht, sie kann Sie also nicht hören.«
    »Wird sie überleben?«
    »Durchaus möglich. Sie ist eine Kämpfernatur.«
    Chuck begann, vor Erleichterung unverhohlen zu weinen.
    »Aber Chuck …«
    Er blickte sie durch einen Tränenschleier an.
    »Es werden Narben bleiben, grässliche Narben, besonders in ihrem Gesicht und an den Händen.«
    »Das ist mir egal, ich will sie nur zurück, alles andere spielt keine Rolle.«
    Kathleen rang sich ein Lächeln ab.
    »Wenn ich fertig bin, komme ich her, um nach ihr zu sehen. Ich werde mich persönlich um sie kümmern.«
    Er wandte sich um und wollte zu ihr gehen, doch Kathleen hielt ihn zurück und küsste ihn abermals auf die Stirn.
    »Mögen die Heiligen Sie beschützen, Chuck. Ich werde für sie beide beten.« Durch die Gefühlsregung kam ihr irischer Akzent deutlich zur Geltung.
    Chuck trat leise an Olivias Bett, da er nicht sicher war, ob sie schlief oder nicht. Ihr Gesicht und ihre Hände waren dick verbunden. Ein Auge war bedeckt, das andere gerade noch sichtbar. Sie rührte sich und schaute zu ihm auf, dann wandte sie den Kopf ab.
    Er setzte sich auf den Rand der Pritsche. Sie begann, den Kopf zu schütteln.
    »Olivia.«
    »Geh weg«, flüsterte sie. »Geh weg, und komm nie mehr zurück.«
    Wie betäubt hockte er da, dann streckte er behutsam den Arm aus, um eine ihrer bandagierten Hände zu ergreifen.
    »Ich bin ein hässliches Monster. Geh weg, und lass mich sterben.«
    Er lächelte und sprach langsam, da er hoffte, sie könnte ihm von den Lippen ablesen.
    »Mir ist egal, wie du aussiehst. Bleib für immer bei mir. Ich liebe dich.«
    Mit einem erstickten Schrei setzte sie sich auf und schlang die Arme um ihn. Vergessen waren die körperlichen Schmerzen, als die anderen Qualen in ihr sich auflösten. Die beiden hielten einander fest und weinten vor Freude und Erleichterung.
    Andrew rieb sich die Augen und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Die Tasse Tee neben ihm war längst erkaltet. Er ließ den Blick über die kleine Gruppe der Offiziere rings um ihn wandern.
    »Wenn sie sich morgen so gegen die Linie schleudern wie heute, brechen wir auf wie eine verfaulte Muschel.«
    Ein kehliges Schnarchen drang durch den Raum, und er schaute zu Pat, der ausgestreckt in der Ecke auf dem Boden lag, wo er tief und fest schlief. Kurz lachte Gregory leise auf, dann verstummte er.
    »Sein Korps ist am Ende und kann morgen ohnehin nicht kämpfen«, sagte Andrew. »Er hat weniger als dreitausend kampftaugliche Männer übrig. Ich stecke ihn in die Reserve. Gregory, Ihre Jungs haben sich heute tapfer geschlagen, aber Sie kommen morgen auch nicht zum Einsatz.«
    Gregory

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