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Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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am heilgen Abend jährlich
    Und sagt: »Auf morgen ist Sankt Krispian!«
    Streift dann den Ärmel auf, zeigt seine Narben
    Und sagt: »Am Krispinstag empfing ich die.‹«
    Verblüfft beobachtete Andrew die Menge. Die Männer standen wie gebannt da. Ihre Augen leuchteten, ihre Köpfe nickten; eine stromähnliche Spannung schien sie alle zu durchlaufen.
    »›Der wackre Mann lehrt seinem Sohn die Märe, Und nie von heute bis zum Schluß der Welt Wird Krispin-Krispian vorübergehn, Dass man nicht uns dabei erwähnen sollte …‹«
    Gregory setzte ab, senkte kurz das Haupt und schaute wieder auf. Tränen kullerten ihm aus den Augen, und seine Stimme ertönte belegt, aber deutlich.
    »›Wir wenigen, wir glücklichen wenigen, wir diese Schar von Brüdern …‹«
    Seine Worte kamen kaum einem Flüstern gleich, dennoch drangen sie klar verständlich von seinen Lippen. Viele der Gruppe stimmten mit ein, auch Andrew mit erstickter Stimme.
    »›Denn welcher heut sein Blut mit mir vergießt, Der wird mein Bruder; sei er noch so niedrig, Der heutge Tag wird adeln seinen Stand. Und Edelleut in England, jetzt im Bett, Verfluchen einst, daß sie nicht hier gewesen, Und werden kleinlaut, wenn nur jemand spricht, Der mit uns focht am Sankt Crispinustag.«
    Die Worte stiegen auf, als würden sie trotzig in die Welt hinausgeschleudert, und als sie geendet hatten, entbrannte überschwänglicher, donnergleicher Jubel. Männer drängten weinend, mit gen Himmel gestreckten Fäusten nach vorne, brüllten ihre Zustimmung, brachten ihre Inbrunst zum Ausdruck, nachdem vor so langer Zeit geschaffene Worte Zeit und Raum überwunden hatten, um erneut verzweifelten Männern Mut einzuhauchen.
    Mit hoch erhobenem Haupt weinte Andrew Lawrence Keane schamlos. Männer schoben sich an ihm vorbei, nahmen ihn überhaupt nicht wahr, wollten nur näher zur Mitte. Gefechtsflaggen wurden von der Wand geholt, hoch emporgestreckt und im Feuerschein geschwenkt.
    Andrew wich zurück, blieb alleine am Rand der Menge stehen und beobachtete sie. Gates löste sich mit glänzenden Augen aus dem Getümmel. Er kam zu Andrew, als wollte er etwas sagen, dann jedoch stellte er fest, dass er kein Wort hervorbrachte. Er streckte die Hand aus, als wollte er Andrew berühren, dann wandte er sich ab und rannte in die Dunkelheit hinein zurück in Richtung der Stadt.
    Andrew blickte zum Himmel empor.
    »Gnädiger Gott, bitte lass sie gewinnen«, flüsterte er.
    Damit drehte er sich um und wollte den Ort verlassen.
    »Andrew.«
    Er schaute zurück und sah Pat im Schatten stehen. Andrew ging zu ihm.
    »Haben Sie das gehört?«, fragte ihn Andrew leise, nach wie vor von Ehrfurcht ergriffen.
    Pat nickte und räusperte sich. »Obwohl er ein verfluchter Engländer war, mit Worten konnte er umgehen, das muss man ihm lassen.«
    »Gott, wenn wir morgen nur gewinnen könnten«, meinte Andrew, in dem immer noch Euphorie schwelte, wenngleich die kalte Wirklichkeit bereits wieder herandrängte und sich festzusetzen drohte.
    »Ich möchte, dass Sie mit jemandem reden«, sagte Pat und bedeutete Andrew, ihm weiter weg von der feiernden Menge zu folgen.
    Andrew ging mit Pat in die Dunkelheit; dann erblickte er ihn und blieb unvermittelt stehen.
    »Andrew Keane, nicht wahr?«
    »Muzta«, flüsterte Andrew als Erwiderung.

Kapitel 12
     
     
    Der Morgen brach am dritten Gefechtstag an. Die Sprechgesänge rollten verzerrt aus dem nebelverhangenen Tal herauf, hallten näher, dann wieder weiter weg.
    Andrew stand auf dem Kamm des Rückens und blickte hinab.
    Jack Petracci spähte aus der Kabine gelehnt aus gut dreihundert Meter Höhe hinab. Der Motor war auf Leerlauf gedrosselt, der Propeller kreiste träge. Im Osten erklomm die rote Scheibe der Sonne den Horizont und drohte mit einem weiteren Tag sengender Hitze. Er schaute zurück zu Feyodor und lächelte verkniffen.
    Sie hatten ihren Plan gemeinsam beschlossen. Als sie im frühmorgendlichen Licht vor dem Sonnenaufgang südwärts trieben, war er nicht einmal sicher, ob sie die Armee noch dort antreffen würden. Die Telegrafenleitungen waren im Zuge des Durchbruchs gekappt worden, die Gleise überrannt. Beim ersten Anblick der heruntergebrannten Feuer und der Gestalten der darum gescharten Männer hätte er vor Erleichterung beinahe geweint.
    Aber als er über die Linien kreiste, erkannte er, dass alle Hoffnung geschwunden war. Wo zwei Tage zuvor noch Divisionen gestanden hatten, befanden sich nur noch gebrochene Überreste von Brigaden. Truppen

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