Forstchen, William
wartete auf ihn.
»Andrew?«
»Ihm geht es gut«, flüsterte sie, und er konnte in der Dunkelheit erkennen, dass sie das Kind auf den Armen hielt.
»Habt ihr da drin Nahrung oder Wasser?«
»Ich hatte gehofft, wir könnten hier Wasser bekommen.«
Hans schüttelte den Kopf und erklärte ihr die Lage.
Besorgt blickte sie aus der offenen Wagentür. Jetzt hörte Hans die Pfeife, ein leises, klagendes Geräusch in der Ferne. Hinter ihm ertönte Gehämmer auf den Schienen, und er zuckte zusammen. Warum sich in dem Bantaglager auf dem Höhenzug nichts rührte, das ging über seine Begriffe.
»Wir fahren in einer Minute weiter«, gab Hans bekannt. Er streckte rasch die Hand aus, berührte Tamira kurz an der Seite und lief dann zum vorderen Zugende. Alexi hockte auf der Lok und hielt den Ausguss über dem Einfüllstutzen fest.
»Wie steht es mit dem Zug vor uns auf der Strecke?«, erkundigte sich der Lokführer.
»Wir können nicht hier bleiben!« Er holte die Karte hervor und betrachtete sie gründlich. »Etwas über dreißig Kilometer voraus gibt es ein Abstellgleis.«
»Er wird dort vorbei sein, ehe wir es bis zu der Stelle schaffen«, warf Gregori ein, der sich gerade zu Hans gesellte.
»Wir können nicht hier bleiben!«, bellte Hans. »Sofern der Mistkerl hinter uns kein völliger Idiot ist, wird er langsam anfahren, weil er sich denken kann, dass wir die Weiche umgestellt haben. Sie müssen bewaffnete Krieger im Zug haben, und wir müssen unsere Leute erst noch kampfbereit machen. Wir fahren zum Abstellgleis und hoffen einfach, dass wir es als Erste erreichen.«
Das hartnäckige Pfeifen des Zuges hinter ihnen war jetzt klar vernehmlich, und Hans sah die Lampen der Lok und deren Spiegelung auf den Schienen.
Die Arbeiter am Holzlager schufteten rasend, und die Scheite knallten an die Eisenwand des Tenders.
» Yakazk?«
Erschrocken entdeckte Hans einen Bantag, der sich ihnen aus der Dunkelheit heraus näherte.
Hans nahm das Gewehr von der Schulter und legte es an.
Der Bantag blieb stehen, machte große Augen und traf Anstalten, sich umzudrehen.
Hans kam mit dem Finger an den Abzug, aber er zögerte. Ein Schuss wurde alle sofort in Aktion versetzen. Solange nur ein Bantag herumschrie, tat man ihn vielleicht als betrunken ab und verschaffte damit den Flüchtlingen entscheidende Sekunden.
Der Bantag zog sich weiter mit entsetzter Miene zurück.
Hans grinste ihn an und genoss die Angst in den Augen der Kreatur.
»Ich lasse dich leben, du Mistkerl!«, schnauzte Hans. »Jetzt lauf und erzähle deinen Freunden davon.«
Mit wildem Schrei drehte sich der Bantag endgültig um und rannte los.
Ohne noch einen Gedanken auf ihn zu verschwenden, sagte Hans zu Alexi: »Lass uns zusehen, dass wir verdammt schnell von hier verschwinden! Gib Ketswana das Zeichen!«
Alexi sprang vom Kessel ins Führerhaus hinab, und die Holztruppe arbeitete weiter panisch, als der Lokführer drei kurze Stöße über die Zugpfeife gab und dann den Gashebel nach vorn rammte, sodass sich die Rader in Bewegung setzten.
Hans blickte besorgt entlang der Strecke zurück. Der näher kommende Zug konnte nicht mehr weiter als achthundert Meter entfernt sein. Auf einmal fiel ihm wieder die Telegrafenleitung ein, und er fluchte über sich selbst, bis er sah, wie jemand am nächsten Masten herabrutschte. Offensichtlich hatte Gregori einen Mann für diese Aufgabe eingeteilt.
Der Zug ruckte bebend an, und Ketswana stürmte den Bahnsteig entlang. »Wir haben die Weiche umgestellt und einen Teil des Mechanismus verbogen!«
Hans stieg ins Führerhaus der Lok, gefolgt von Ketswana. Eine Gewehrkugel peitschte vorbei. Jetzt sah Hans, wie Bantag aus den Jurten des Lagers strömten. Weitere Schüsse krachten, und im Wagen hinter ihm schrie jemand auf.
Bantag rannten bergab, aber während der Zug aus dem Bahnhof fuhr, streckten Schüsse aus den Waggons mehrere von ihnen nieder.
»Mach ordentlich Tempo, Alexi!«, schrie Hans. »Gib alles, was wir haben!«
»Weißt du, falls wir das Abstellgleis nicht als Erste erreichen, könnte es sehr leicht zu einem Zusammenstoß kommen.«
»Und, zum Teufel?«, knurrte Hans. »Es gibt schlimmere Wege, ums Leben zu kommen.«
Ha’ark beugte sich aus dem Führerhaus und sah Funken aus dem Schornstein der flüchtenden Lok aufsteigen, weniger als vierhundert Meter voraus. Sein Zug stoppte mit einem Ruck, und er sprang hinaus, während etliche seiner Wachsoldaten nach vorn stürmten. Er ging zur Weiche, begleitet von
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