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Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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vieles von dem, was wir auf unserem Planeten zurückgelassen haben, auch hier schaffen und beherrschen können. Begreifst du das?«
    Jamul nickte langsam.
    Eine Gewehrsalve peitschte aus der Festung hervor, und er blickte auf und sah die Stecknadelköpfe aus Licht an der Brustwehr entlanglaufen sowie das Antwortfeuer der Belagerer.
    »Verdammt noch mal!«, schimpfte Ha’ark. »Könnten wir unsere Krieger doch nur dafür gewinnen, auch nachts zu kämpfen! Der Sturmlauf einer Kolonne würde reichen; wir wären über die Brustwehr hinweg und könnten der Sache ein Ende bereiten. Bei Tag kostet uns die Einnahme der Festung doppelt oder dreimal so viel.«
    »Sie sind ohnehin nicht dafür ausgebildet«, wandte Jamul ein.
    »Das Vieh auch nicht.«
    »Morgen wird sich das zu einem Blutbad ausweiten.«
    »Ein gutes Blutbad für unsere Leute. Sollen sie endlich mal einen echten Kampferleben statt der Täuschungsmanöver, die wir für sie aufgeführt haben.«
    Er nahm das Lager in Augenschein. Zwei Regimenter seiner Elite-Umen waren in der Nacht eingetroffen, begleitet von einer Batterie Dreißigpfünder. Die anderen Einheiten konnten die ersten Angriffe übernehmen, die passende Bestrafung dafür, dass sie vor dem Tor in Panik geraten und geflohen waren. Und dann sollten sie mal erleben, was gut ausgebildete Soldaten zu leisten vermochten.
    Er blickte wieder zum Großen Rad hinauf und lächelte.
    »Wir haben in der Tat einen weiten Weg zurückgelegt«, flüsterte er.
    »Hans?«
    Geweckt aus dem traumlosen Schlaf der Erschöpfung, sah er sie an seiner Seite, wie sie sich aufsetzte und auf ihn herabblickte.
    »Was ist?« Am liebsten hätte er ihr gesagt, sie solle weiterschlafen, die kostbaren Stunden bis zur Dämmerung ausnutzen, aber dann sah er eine Träne im Sternenlicht aufschimmern, das durchs Fenster fiel.
    »Werden wir überleben?«
    »Natürlich, Tamira.«
    Sie bemühte sich zu lächeln. »Ich denke immer wieder, dass all dies nie geschehen wäre, ginge es nicht um mich.«
    Es wäre sinnlos gewesen, das jetzt noch abzustreiten. Aber andererseits: Ginge es nicht um Tamira, wäre er seit Jahren tot gewesen. Immer war das Bemühen, sie zu schützen, der Grund gewesen, warum er sich nicht zu irgendeiner letzten Irrsinnstat hinreißen ließ, die ihn ums Leben brachte. Ihretwegen und besonders Andrews wegen hatte er in den Fluchtversuch eingewilligt.
    »Wenn man an all die Menschen denkt, die gestorben sind«, flüsterte sie. »Und an all die Menschen dieser Stadt, die morgen sterben werden.«
    »Wir waren ohnehin verdammt. Zumindest haben wir unsere Ehre, unseren Stolz zurückgewonnen.«
    »Und wird auch unser Andrew eines Tages dafür sterben? Falls er den morgigen Tag überlebt, wird er eines Tages sowieso umgebracht?«
    Hans hätte am liebsten nein gesagt, aber er konnte es nicht. Wie viele Kriege wurden ausgetragen, fragte er sich, in denen sich die Blutenden, die Sterbenden selbst versprachen, dass sie litten, damit ihre Kinder ein solches Grauen nie erlebten?
    »Wenigstens geben wir ihm die Chance zu leben, ein Mann zu werden, frei zu sein. Mehr kann man nicht erhoffen.«
    Er wusste, dass seine Worte nur geringen Trost boten, aber er hatte Tamira nie belogen. Er konnte sich einfach nicht dazu überwinden, nicht angesichts ihrer goldenen Augen, die ihm bis in die Seele blickten.
    Er hob die Hand und strich ihr die Haare aus der Stirn, und sie legte sich wieder hin und kuschelte sich an ihn. Warum liebt sie mich so?, fragte er sich. Ich bin ein alter Mann über fünfzig. Sie hätte so viele andere haben können, und doch hat sie sich für mich entschieden.
    »Ich werde dich immer lieben«, flüsterte sie. »Ich habe nie jemand anderen kennen gelernt, der so sanft und zugleich so stark war.«
    Er blickte sie an und strich ihr erneut die widerspenstige Haarlocke aus der Stirn.
    »Schlaf jetzt«, flüsterte er.
    »Ich kann nicht.«
    »Und?«
    Lächelnd schlang sie ihm sachte die Arme um die Schultern und zog ihn heran.
    »Leinen los!«
    Andrew spürte den Knoten im Magen, als das Schiff in die Höhe stieg. Er schloss die Augen und verfluchte den Wahnsinn, der ihn gepackt hatte und jetzt zwang, wieder mit diesem Luftschiff aufzusteigen. In der Dunkelheit konnte er mit knapper Not noch Jacks Profil zu seiner Linken erkennen. Hinter sich sah er Fjodor, der in der kleinen Heckkabine kauerte. Darüber hatten sie vehement gestritten; Andrew bestand zunächst darauf, selbst auf dem Boden zu sitzen, und Fjodor wandte nicht weniger

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