Forstchen, William
lenken.
»Ich denke, wir folgen gerade dieser großen Schleife«, sagte Bullfinch, als der Fluss hinter einer Kurve, die von der generellen Ostrichtung abwich, wieder gerade verlief und fast direkt nach Norden führte.
»Falls das zutrifft, haben wir noch fünfzehn Kilometer vor uns«, sagte Andrew. »Etwas weniger als anderthalb Stunden.«
Er ging auf die andere Seite der Panzerbrücke hinüber und drückte sich am Ersten Offizier und am Oberfähnrich vorbei. Die Sonne ging unter, und ihr Licht fiel durch die Luke herein.
»Halte einfach durch«, flüsterte er. »Halte durch.«
»Was zum Teufel treiben sie da?«, fragte Gregori und riskierte einen Blick über die Mauer.
Die Bantag hatten vor wenigen Minuten eine Plane über das zertrümmerte Tor geworfen. Hans war froh, dass Alexi nur eine Kartätsche darauf abgefeuert hatte. Die Plane war zerfetzt worden, aber die Bantag breiteten gleich darauf eine neue aus. Die begrenzte Munition, über die der Landkreuzer noch verfügte, wäre ohne klares Ziel vergeudet gewesen. Die Plane ruckte und bauschte sich unter einem konstanten Hagel von Gewehrkugeln. Alexi war mit dem Kreuzer ausgewichen und nicht mehr in direkter Linie durch das Tor zu beschießen; falls also die Bantag da draußen ein schweres Geschütz heranfuhren, mussten sie es erst durchs Tor bugsieren, ehe sie damit auf den Kreuzer zielen konnten.
Die Verteidiger hatten vor fast einer Stunde zwei Flieger landen gesehen, aber keine der Maschinen hatte sich über die Festung gewagt. Das Scharfschützenfeuer zwischen den beiden Mauern setzte sich fort, und ein langsamer, aber gleichmäßiger Strom von Verlusten wurde nach hinten in die noch schwelenden Ruinen der Stadt getragen. Sonst war den ganzen Nachmittag lang nichts passiert.
Im Westen sank die Sonne zum Horizont. Ob Ha’ark wohl wartete, bis es dunkel wurde?, fragte sich Hans. Das wäre eine Möglichkeit, den Kreuzer auszuschalten. Inzwischen sahen sich die Verteidiger neuen Truppen gegenüber. Die lose sitzenden schwarzen Uniformen zeigten rote Kragen, anders als das traditionelle Lederwams der Horden, wie es die Wachleute trugen. Falls Ha’ark eine moderne Infanterie ausgebildet hatte, dann mussten diese Soldaten auch eine Vorstellung davon haben, wie man einen Nachtangriff ausführte, eine Taktik, mit der auch die Armee der amerikanischen Nordstaaten experimentiert hatte, ehe der Belagerungskrieg 1864 zum Normalfall wurde.
»Die Flieger starten!«
Hans riskierte einen kurzen Blick über die Mauer. Die beiden Flieger gewannen langsam an Höhe und schwenkten in den Wind, und im selben Augenblick hörte er das unmissverständliche Stampfen eines Zuges.
»Macht euch bereit!«, brüllte Hans.
Der erste der beiden Flieger drehte sich in die Windrichtung, hielt seine Höhe und nahm Kurs auf die Festung.
Hans behielt beide konzentriert im Blick, fasziniert von den Tragflächen. Der erste Flieger schien schließlich direkt über der Festung zu schweben. Er senkte den Bug und ging in den Sturzflug über.
Ein Sprühregen Ziegelstaub platzte vor Hans empor, als eine Gewehrkugel gerade drei oder vier Zentimeter zu niedrig gezielt worden war, aber er kümmerte sich nicht darum, konnte einfach nicht den Blick vom Flieger abwenden. Ein Kugelhagel schlug dem Flieger von den Verteidigern entgegen, und Gegenfeuer prasselte von der Mauer gegenüber heran. Eine schwarze längliche Form löste sich von der Flugmaschine, die sofort wieder hochzog.
»Eine Bombe!«, schrie Gregori. »Eine verdammt große!«
Die Bombe schlug zwanzig Meter neben dem Landkreuzer ein, gefolgt vom Donnerschlag der Explosion. Hans duckte sich, als eine Erdfontäne hochspritzte und Erdklumpen und Trümmerstücke über die Mauer regneten.
Hans erholte sich und rappelte sich wieder auf, und er rechnete schon damit, den Landkreuzer auf der Seite liegen zu sehen. Die Maschine stand jedoch nach wie vor aufrecht, auch wenn Flanken und Dach mit Erde verdreckt waren.
»Die zweite!«, rief Gregori und deutete zum Himmel.
Der nächste Flieger war schon im Sturzflug.
»Deckt ihn ein!«, brüllte Hans. »Deckt ihn ein!«
Er fluchte und wünschte sich, er hätte eines der Feldgeschütze für Feuer mit hohem Einstellwinkel vorbereiten lassen. Er nahm das eigene Gewehr zur Hand und schoss ebenfalls, und er hörte dabei das Triebwerksjaulen des Fliegers. Die zweite Bombe wurde abgeworfen, und er hatte das Übelkeit erregende Gefühl, dass sie direkt auf ihn herabstürzte. Er duckte sich und
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