Fortinbras ist entwischt
gemacht.»
Gaylord war sichtlich beeindruckt. «Ich muß gehen und in der Küche helfen», sagte Mrs. Twegg. «Bis später, mein Junge, schneide dich nur nicht in den Finger.»
«Mummi, ich habe mich in den Finger geschnitten», sagte Gaylord.
Auf die Küchenfliesen tropfte Blut. Gaylord braucht sich nur in den Finger zu schneiden, dachte Mummi, und schon haben wir ein Blutbad wie in einer Shakespeare-Tragödie. «Laß mal sehen», sagte sie. Sie wusch die Wunde und verband sie. «Aber nun Schluß mit dem Kanu», sagte sie.
Insgeheim war Gaylord erleichtert. Die Arbeit hatte sich als weit umfangreicher herausgestellt, als er vermutet hatte, und er war ganz froh, daß er damit aufhören konnte, ohne das Gesicht zu verlieren. Trotzdem war es natürlich Ehrensache, Widerstand zu leisten.
«Aber Mummi...» fing er an.
«Nein, Gaylord», sagte Mummi.
«Dann eben nicht.» Er schob die Unterlippe vor.
«Gaylord, sei nicht ungezogen.»
«Entschuldige bitte, Mummi», sagte er zerknirscht. Sie blickte ihn beunruhigt und prüfend an. Er hatte sich überraschend schnell geschlagen gegeben. Er wird mir doch nicht krank werden, dachte sie.
«Helena, schnell, da drüben am steht jemand vor der Tür», schrie Opa.
«Darf ich mal sehen?» Sie ergriff seinen Feldstecher.
Alle rannten zum Fenster. Jocelyn sagte aufgeregt: «Es sieht so aus, als käme man von Shepherds Warning allmählich wieder durch.» Er dachte an seinen Tabak.
«Dann! sollte wohl auch die Times bald wieder durchkommen», sagte Opa und rieb sich die Hände.
«Von Lebensmitteln ganz zu schweigen», sagte May spitz. Sie fing an, sich Sorgen zu machen. Abgesehen vom Frühstück, aß Mrs. Darling wie ein Pferd. Mays Schätzung, daß ihre Vorräte eine Woche reichen würden, hatte sich als traurige Fehlkalkulation erwiesen.
Dann kann ich endlich wieder in mein kleines Flauschen, dachte Hilda Twegg glücklich. Die Stimmung wurde plötzlich heiter und ausgelassen. So ähnlich mußte es gewesen sein, als die Taube mit dem Ölzweig zurückkehrte. Nur Gaylord brachte einen Mißton hinein. Die Nase ans Fenster gepreßt, starrte er auf die ferne Gestalt. «Vielleicht wird es noch schlimmer. Vielleicht geht der Mann herum, um den Leuten zu sagen, sie sollen sich auf den Hügel flüchten», meinte er.
Mrs. Darling hielt immer noch den Feldstecher vor die Augen, dann ließ sie ihn sinken. «Er hat sich von sehr viel weiter als von Shepherds Warning durchgeschlagen», sagte sie gedankenschwer. «Er kommt vom Limpopo. - Es ist mein Neffe.»
«Na, der wird sich hier schnell akklimatisieren», sagte May und starrte auf das Wasser hinaus.
Aber Mrs. Darling hatte schon wieder das Kommando übernommen und wies jedem seinen Posten zu. «Mrs. Twegg, gehen Sie über den Hügelpfad und bringen Sie ihn hierher. Schnell, Mädchen! Ehe er wieder fortgeht!» Sie wandte sich an Jocelyn. «Mr. Pentecost, würden Sie nach oben gehen und ein Handtuch oder so etwas schwenken, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.»
Plötzlich schien ihr bewußt zu werden, daß sie vielleicht zu große Ansprüche an Jocelyns Fähigkeiten stellte. Sie wandte sich an May. «Meine Liebe, würden Sie bitte Ihrem Mann ein Wäschestück geben, am besten ein weißes, mit dem er Signal geben kann.»
«Kann ich mit Mrs. Twegg gehen?» fragte Gaylord.
«Natürlich, wenn du dich beeilst», sagte Mrs. Darling. Aber da war ja noch einer untätig. «John», sagte sie, «würden Sie vor die Haustür gehen und versuchen, sich durch Rufen bemerkbar zu machen.»
May eilte nach oben, wutentbrannt und aufs höchste beunruhigt. Noch ein Gast, und diesmal, ohne sie auch nur zu fragen. Sie konnte eigentlich gleich ein Schild heraushängen. Aber noch etwas anderes bedrückte sie, ohne daß sie es hätte erklären können. Was war bloß? John, das war es. Sie hatte ihn John genannt! Opa und die Darling nannten sich beim Vornamen. Dabei gehörten beide einer Generation an, die sehr zurückhaltend damit ist. Ziemlich besorgniserregend, gelinde gesagt.
Und was noch? Gaylord! Ja, das war’s. Als Gaylord fragte, «Kann ich mit Mrs. Twegg gehen?», hatte er nicht etwa sie gefragt, sondern Mrs. Darling. Und Mrs. Darling hatte ihm auch die Erlaubnis gegeben. Das ging zu weit. Diese Person maßte sich hier Befehlsgewalt an. Es war wirklich die Höhe! May zerrte einen Kopfkissenbezug aus dem Wäscheschrank und drückte ihn ihrem Mann in die Hand. «Tu, wie dir befohlen wurde», sagte sie.
Weitere Kostenlose Bücher