Fortunas Odyssee (German Edition)
Fazenda zurück, als zwei Männer vor ihr Auto sprangen und mehrere Schüsse abfeuerten. Popel-Gil war bei diesem Attentat zugegen und man fand ihn Stunden später, als er im Schockzustand die Landstraße entlanglief.
Die Nachricht schockte ganz Madrigal und besonders Mama, denn sie empfand großen Dank für den Bürgermeister und seine Frau. Sie wusste, das waren ehrliche Menschen gewesen.
Vicenta wusste, wer den Bürgermeister ermordet hatte und kannte auch das Motiv für diesen brutalen Mord. Sie weinte in den Ecken des Hauses und verbarg ihre Tränen vor ihrem Mann, der so tat, als sei nichts gewesen. Um seine Pläne zu verwirklichen, übernahm der Coronel die Macht in der Stadt. Weiteren Verbrechen war Tür und Tor geöffnet.
Zu spät wurde Vicenta klar, dass ihr Leben in Gefahr war.
Der Coronel, der Pfarrer und zwei Nachbarn traten in ihr Zimmer um zu bezeugen, dass es sich um einen Selbstmord handelte. Ihre Leiche lag auf dem Bett und schien zu schlafen. Sie hatte etwas Schaum vor dem Mund, und auf dem Nachttisch stand ein Glas, das zur Hälfte mit Wasser gefüllt war und eine Verpackung mit dem Rest des Giftes.
Es gab keinen Verdacht, und Genésio war ein guter Schauspieler. Er setzte sich hin, hielt ihre Hand und heulte wie ein kleines Kind. Der Pfarrer bestäubte sie mit Weihwasser, betete und bat den Herrn, dieser »Selbstmörderseele zu vergeben und Engel zu schicken, um ihr im Fegefeuer beizustehen«.
Genésio weinte, sabberte und schüttelte immer wieder den Kopf.
João musste warten und erst, als die Zeugen das Zimmer verlassen hatten und der Körper für die Totenwache aufbereitet war, erhielt er die Erlaubnis, sie zu sehen. Er warf sich auf die Leiche seiner Mutter und schrie erbärmlich. Sein Weinen konnte man auf der Straße hören, wo sich eine Menge von Schaulustigen gebildet hatte.
Ich versuchte, diese Situation rückgängig zu machen. Ich hoffte, dass der Hexer sich getäuscht habe und ich dieses Ereignis ändern könne, auch wenn Tim nicht anwesend war. Ich versuchte es einige Male, aber immer, wenn ich meine Augen öffnete, stand ich vor der Leiche dieser schönen schwarzen Frau. Ich sprang dem Mörder an den Hals, drückte zu, schrie, schimpfte und verfluchte dieses widerliche Geschöpf.
Kita verbreitete die Neuigkeit in der Stadt. Sie stellte sich an die Ecke der Straße, ganz in der Nähe von Genésios Anwesen und hielt alle Vorbeigehenden an, um ihnen vom traurigen Tod des Dienstmädchens zu berichten. Denn so war Vicenta allgemein bekannt: nicht als Ehefrau, sondern als Dienstmädchen. Sie war schon in jungen Jahren ihren Eltern entrissen worden, um eine Liebessklavin zu werden. Sie erhielt nichts für ihre Dienste, und wenn sie die Wahl gehabt hätte, hätte sie bestimmt nicht diesen Weg gewählt. Aber das Leben hatte ihr nicht das Glück verliehen, weiß zu sein. Und Schwarze hatten keine Wahl, keine Rechte, keinen Lohn. Sie durften sich nicht einmal beschweren. Sie mussten immer stark sein und waren, von ihren Familienangehörigen abgesehen, unbedeutende Menschen für die anderen.
Vicentas Familie glaubte nicht an die Selbstmordtheorie, aber es gab niemanden, der ihnen helfen würde, die Wahrheit herauszufinden, schon gar nicht mit der Rückendeckung, die Genésio durch den Coronel erhielt.
Der Hexer und ich nahmen an der Totenwache teil, allerdings getrennt voneinander. Er hatte sich mit gesenktem Kopf in eine Ecke gehockt und weinte, wie ich es nie bei ihm gesehen hatte. Zuerst versuchte ich, mit ihm zu sprechen, aber dann sah ich ein, dass es besser war, ihn allein zu lassen. Ich empfand eine Mischung aus ohnmächtigem Zorn und Traurigkeit über diesen vertuschten Mord.
Ich hörte die Kommentare einer Gruppe von Religiösen, die um den Pfarrer herumstanden.
»Jetzt steht sie schon an der Tür zum Fegefeuer… Möge sie die Lektion lernen.«
»Möge unser barmherziger Gott Mitleid mit dieser verlorenen Seele haben«, sagte der Küster, der wie ein Bär aussah. Beim Sprechen hob sich sein Kinn und er stotterte. Der Pfarrer hörte die Kommentare und nickte zustimmend. Und der Hexer weinte noch immer.
Zum Begräbnis kamen wenig Leute, nur die Familienangehörigen und einige Bekannte, die keine Vorurteile hatten, wie Mama, Tereza und Aristeu.
Tim empfand Mitleid mit João und hätte ihm gern Trost gespendet, aber er tat es nicht. Er wusste nicht, dass er ihn nie wiedersehen würde. Genésio gab an, er könne sich nicht um den Jungen kümmern, und schickte ihn weit weg.
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