Fortunas Odyssee (German Edition)
Er war weder bereit, sich sein Gejammer anzuhören, noch hatte er Lust, sich um einen Jungen zu kümmern, der ihn immer an dieses Dienstmädchen erinnern würde.
Er hatte seinen Sohn niemals geliebt.
Eine Lektion: Ein Kind, das missbraucht wird, ist ein Wesen, das einen Teil seiner Seele verliert, wobei der dadurch entstandene leere Raum mit Angst und Leiden gefüllt wird.
Kapitel 3
Die Waggons, in denen die Waffen für die Kaserne in der Hauptstadt transportiert wurden, waren geplündert und die zur Wache abkommandierten Soldaten ermordet.
Die Waffen wurden geraubt und in einer Nacht- und Nebelaktion in einem Raum auf Genésios Fazenda untergebracht. Das Geld, das durch den Verkauf hereinkam, wurde zwischen beiden Partnern geteilt.
Die Männer trugen die schweren Holzkisten unter der Aufsicht des Coronels, der sichtlich nervös war.
»Passt bloß auf!«
Die Ermittlungen kamen an der Stadtgrenze von Madrigal ins Stocken, denn er nutzte seine Position, um jeden Verdacht abzuwehren und die Untersuchungsbeauftragten des Heeres in die Irre zu führen.
Genésio verkaufte die Waffen auf dem Schwarzmarkt und erhielt die Deckung des Coronels, den er bei der Ausführung des Attentats auf den Bürgermeister unterstützt und ihn so zum Amt verholfen hatte. Er nahm das Haus des Bürgermeisters in Beschlag, und ließ davor ein Häuschen errichten, in dem sich vier Soldaten rund um die Uhr mit der Wache ablösten. Er schützte sich vor seinesgleichen. Der Bürgermeister hatte ironischer weise niemals eine Eskorte für erforderlich gehalten, während der, der ihn ermordet hatte, ständig von Sicherheitskräften umgeben war. Es war offensichtlich, dass er Angst hatte, dasselbe Schicksal zu erleiden, dass er diesem großherzigen Mann und dessen Frau bereitet hatte.
Tim dachte einige Tage lang an João, und die Geschichte von Terezas Großmutter kam ihm dabei wieder in den Sinn.
So dachte er voller Reue, als er am Haus vorbeikam, in dem sein »Feind« gewohnt hatte.
In der Schule war ein Vakuum entstanden. Die anderen Mitglieder der Bande waren in den Schulpausen kaum noch wahrzunehmen. Ohne ihren Anführer hatten sie allen Mut verloren.
Im Klassenzimmer schaute Tim auf die leere Bank und sah ihn förmlich dort sitzen. An einem Morgen betrachtete er nach der Pause den leeren Korridor. Die anderen Kinder waren schon in ihren Klassen, nur er schaute immer noch auf den frisch gewachsten Boden.
Er lief zum Schulhof und erinnerte sich, wie er damals den Zettel auf seinem Rücken befestigt hatte und diese peinliche Situation hervorgerufen hatte. Und er sah die Kuchenstücke vor sich, die von den Schuhsohlen des Bandenführers zertreten worden waren.
Durch Papas Tod waren Tim und Fred sich näher gekommen, und sie unternahmen wieder mehr miteinander. Sie badeten gemeinsam am Wasserfall und liefen zusammen die Landstraße auf der Suche nach Obstbäumen entlang. Sie hatten gelernt, dass die Früchte an den Ästen, die über den Zaun ragten, niemandem gehörten. Sie konnten also diese Früchte pflücken, ohne dass es als Raub angesehen wurde. Wenn die Schulranzen voll waren, zogen sie sich ihre Hemden aus und machten daraus Beutel, in denen sie das Obst nach Hause trugen. Zu Hause bauten sie im Garten Brücken über einen Graben, den sie selbst gebuddelt und anschließend mit Wasser gefüllt hatten. Fred war für die Fundamente der Brücken zuständig, denn er meinte, dass Tim nicht die richtigen Holzstücke auswählte und wackelige Brücken baute, die bei jeder Kleinigkeit zusammenfallen könnten. Tereza musste sich vorsichtig bewegen, um nicht aus Versehen gegen irgendein Teil zu treten und ihnen den Spaß zu verderben. Einmal war sie gerade dabei, Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, als Fred sie darauf aufmerksam machte, dass sie beinahe eine Brücke beschädigt hätte. Sie bat ihn, er solle lieber Brücken über den Fluss bauen, der mitten durch die Stadt floss, denn die einzige, die es gab, sei kurz davor, in sich zusammenzufallen. Dann lachte sie und lief wie auf rohen Eiern wieder ins Haus.
Auf der anderen Seite konnte Tim besser Schach spielen, und Fred lernte
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