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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
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runde vergoldete Stück Metall schien uns anzulächeln.
    »Ich möchte bewirken, dass mein Vater zurückkommt.«
    Er antwortete nicht, aber ich gab nicht nach.
    »Ich will dieses Geschehnis genauso ändern, wie ich das heutige geändert habe.«
    »Sie können nur drei Ereignisse während Ihrer Reise ändern und …«
    »Und warum kann ich nicht an den Todestag meines Vaters zurückkehren?«
    »Um etwas verändern zu können, müssen Sie doppelt bei diesem Geschehnis anwesend sein.«
    Ich dachte einen Moment nach. Als Papa starb pflückte Tim die Seerose. Das war es also… Tim und ich waren nicht zusammen, als es passierte.
    Ich drehte mich um und ging weg.
    »Es tut mir leid, Tim«, bedauerte er.
    Ich hielt an und zeigte ihm, ohne mich umzudrehen, den Mittelfinger. Dabei hätte ich ihn am liebsten erwürgt. Ich selbst musste darauf kommen, dass ich die Geschehnisse beeinflussen konnte.
    Warum hatte mir dieser Vollidiot das nicht vorher gesagt?
    Während dieser Reise hatte ich oft gedacht, dass der Hexer mir helfen, dass er in die Geschehnisse eingreifen und auf diese Weise das Schlimmste verhindern könnte. Ich hatte lange Zeit nicht begriffen, dass er dem Ausgang der Ereignisse gegenüber genauso hilflos war wie ich.
    Diese Reise hat mich gelehrt, mit Verlusten umzugehen, mit Traurigkeit und Freude, mit angenehmen und unangenehmen Überraschungen, die uns das Leben auf einem goldenen Tablett oder in einem Kristallglas anbietet. Ich habe gelernt, dass wir Gottheiten sind, die wir selbst verehren müssen. Ich meine die Kapazität und die Größe in uns, die wir oft nicht erkennen. Ich meine unsere innere Kraft.
    Als Tim nach Hause kam, fühlte er sich erleichtert, als ob das Gewicht der Medaille und Joãos Rachegelüste für immer im Fluss zurückgeblieben waren. In Wirklichkeit erwachte er für die Erfahrungen, die uns das Leben bietet. Er hatte gelernt, dass er keine Medaille brauchte, weil sie nichts an den Dingen änderte, die für ihn einschneidend waren, wie Papas früher Tod, der Blick des Türstehers, der jeden Zentimeter seiner einfachen und verdreckten Kleidung untersucht hatte und die Enttäuschung, die sein Idol ihm bereitet hatte, als er ihn kaltherzig behandelte und sein Geschenk missachtete, dass er ihm mit so viel Liebe gegeben hatte.
    Roger Ray enttäuschte am Ende das ganze Land, denn er gewann keine einzige Medaille bei den Olympischen Spielen. Im Radio waren kritische Stimmen zu hören, die ihre Enttäuschung zum Ausdruck brachten, dass er das Land so bedeutungslos vertreten hatte. Die Poster in den Kneipen wurden entfernt und die vielen Interviews, die für die Zeit nach der Olympiade geplant waren, abgesagt. Zeitungen und Zeitschriften berichteten nur in negativer Form über dieses Thema. Roger war über seine eigene Eitelkeit gestolpert, seine Karriere und sein Ruhm waren dahin.
    João kam nach Hause und wurde von seinem Vater geschlagen, weil er zu spät gekommen war, um die Ware abzuladen, die Rufino vom Bahnhof geholt hatte. Es handelte sich um Eisentöpfe, Angelhaken, Eimer, Teppiche und viele andere Dinge, die alle hinten im Laden gestapelt waren. Man konnte die Abdrücke des Gürtels an seinen Beinen erkennen, als er eine Ecke im Garten aufsuchte, um allein zu weinen. Am selben Abend belauschte Vicenta ein Gespräch zwischen Genésio und dem stellvertretenden Bürgermeister – einem Mann, der viele Güter und eine gewisse Macht in der Stadt besaß. Er war zwar nicht beim Militär, aber alle nannten ihn Coronel, was damals gleichbedeutend war mit »Großgrundbesitzer«.
    Er sprach mit Genésio ohne große Umschweife über sein Anliegen. Sie hörte es in der Küche und hielt sich den Mund zu, damit ihm keine Laute des Entsetzens entwichen. Den Kaffee servierte sie mit Eile, damit sie nicht bemerkten, wie ihre Hände zitterten, denn bei den beiden handelte es sich um zwei kaltblütige Mörder. Stunden später, als ihr Mann im Bett lag, blieb sie noch auf. Genésio schöpfte Verdacht und verhörte sie, er wollte wissen, ob sie ihre Unterhaltung gehört hatte.
    »Ich habe es gehört. Ist es wahr, dass ihr das mit diesem großzügigen Ehepaar anstellen wollt?«
    »Ich habe dir gesagt, dass du dich fernhalten sollst, wenn ich Besuch habe!.«
    »Aber es ist nicht wahr, oder?«, fragte sie noch einmal.
    »Es geht dich nichts an. Und erwähne nie mehr dieses Thema. Nie mehr!«
    Zwei Tage später wurden der Bürgermeister und seine Frau in einen Hinterhalt gelockt und ermordet. Sie kamen von einer

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