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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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richtiger Herr, ein Glas und eine Zigarre in der Hand, zum Mißvergnügen der Gringos, die seine Farbe kaum ertragen konnten, denen aber nichts anderes übrigblieb, als mit ihm zu verhandeln.
    »Ihre Gattin läßt Ihnen sagen, daß sie auf der nächsten Fahrt der ›Fortuna‹ mitkommt einschließlich der Kinder, der Dienstmädchen und des Hundes. Sie sagt, Sie möchten sich schon mal Gedanken machen, wo sie sich einrichten kann, denn sie denke nicht daran, in einem Hotel zu wohnen«, teilte der Kapitän Feliciano Rodríguez de Santa Cruz mit.
    »Was für eine wahnwitzige Idee! Das Goldfieber wird schon bald ein Ende haben, und dann wird diese Stadt wieder das jämmerliche Nest sein, das es vor zwei Jahren war. Es gibt bereits Anzeichen, daß die Adern allmählich erschöpft sind, mit diesen Funden von Nuggets groß wie Felsbrocken ist Schluß. Und wen wird Kalifornien noch interessieren, wenn alles vorbei ist?«
    »Als ich das erste Mal herkam, glich das hier einem Räuberlager, aber es hat sich zu einer richtigen Stadt gemausert. Offen gesagt, ich glaube nicht, daß sie so einfach wieder verschwindet, sie ist die Tür des Westens zum Pazifik.«
    »Das sagt Paulina in ihrem Brief auch…«
    »Folg dem Rat deiner Frau, Feliciano, denk dran, sie hat den rechten Spürsinn«, unterbrach ihn sein Bruder.
    »Außerdem gibt es nichts, was sie aufhalten könnte. Bei meiner nächsten Fahrt wird sie dabeisein. Wir sollten nicht vergessen, daß sie die Besitzerin der ›Fortuna‹ ist«, fügte der Kapitän lächelnd hinzu.
    Sie aßen frische Pazifikaustern, eine der wenigen gastro– nomischen Luxusleckerbissen von San Francisco, mit Mandeln gefüllte Täubchen und kandierte Birnen aus Paulinas Sendung, die das Hotel sofort aufgekauft hatte.
    Auch der Rotwein kam aus Chile und der Champagner aus Frankreich. Die Nachricht von der Ankunft der Chilenen mit dem Eis hatte sich herumgesprochen, und alle Restaurants und Hotels der Stadt füllten sich mit Gästen, die begierig waren, sich an den frischen Delikat– essen gütlich zu tun, solange es noch davon gab. Die drei Herren zündeten sich gerade die Zigarren zum Kaffee und zum Brandy an, als jemand John Sommers so kräftig auf die Schulter klopfte, daß ihm fast das Glas aus der Hand gerutscht wäre. Er drehte sich um, und da stand vor ihm Jacob Todd, den er über drei Jahre nicht mehr gesehen hatte, seit er ihn in England ausgeschifft hatte. Todd war der letzte, den zu sehen er erwartet hätte, und im ersten Augenblick erkannte er ihn nicht, denn der falsche Missionar von damals sah aus wie die Karikatur eines Yankees. Er hatte Gewicht und Haare verloren, ein langer Backenbart rahmte sein Gesicht ein, er trug einen karierten, für seinen Umfang ein wenig zu engen Anzug, Stiefel aus Schlangenleder und einen unpassenden weißen Virginiahut, und aus den vier Taschen seines Jacketts guckten Bleistifte, Notizbücher und Zeitungsblätter. Sie umarmten sich wie alte Kameraden.
    Jacob Todd lebte seit fünf Monaten in San Francisco und schrieb Presseartikel über das Goldfieber, die regelmäßig in England und auch in Boston und New York gedruckt wurden. Er war hier gelandet dank der großzügigen Vermittlung durch Feliciano Rodríguez de Santa Cruz, der fühlte, daß er dem Engländer noch etwas schuldig war. Als guter Chilene vergaß er nie eine Gefälligkeit - eine Beleidigung auch nicht -, und als er von Todds Nöten in England erfuhr, schickte er ihm Geld, die Passage und ein paar Zeilen, die besagten, bis Kalifornien sei die weiteste Strecke, die man fortgehen könne, bevor man anfange, auf der anderen Seite zurückzukommen. 1846 war Jacob Todd von Kapitän John Sommers’ Schiff gestiegen als mittel– loser Mann, aber mit neugewonnener Gesundheit und voller Energie, entschlossen, den peinlichen Vorfall in Valparaíso zu vergessen und sich mit Leib und Seele der Aufgabe zu widmen, in seinem Land die utopische Gemeinschaft zu gründen, von der er schon so lange träumte. Sein dickes Notizbuch voller Aufzeichnungen, das schon ganz abgeschabt war vom vielen Gebrauch und vergilbt von der Seeluft, trug er immer bei sich. Er hatte noch die kleinste Einzelheit dieser Gemeinschaft gründlich durchdacht und geplant und war sicher, daß viele junge Leute - die alten interessierten ihn nicht - ihre öden Existenzen aufgeben würden, um sich der idealen Bruder– schaft freier Männer und Frauen anzuschließen in einem System absoluter Gleichheit, ohne Obrigkeit, Polizisten und Religion.

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