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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Die möglichen Kandidaten für das Experi– ment erwiesen sich als sehr viel begriffsstutziger, als er sich vorgestellt hatte, aber nach ein paar Monaten hatte er doch zwei oder drei so weit überzeugt, daß sie bereit waren, es zu versuchen. Nun fehlte nur noch ein Mäzen, der das kostspielige Projekt finanzieren würde, sie brauch– ten ein weitläufiges Stück Land, denn die Gemeinschaft wollte fern von den Verirrungen der Welt leben, deshalb mußten die Mitglieder alle Bedürfnisse selbst befriedigen können. Todd hatte gerade Gespräche mit einem etwas spleenigen Lord eingefädelt, der in Irland über riesigen Grundbesitz verfügte, als das Gerücht von dem Skandal in Valparaíso ihn in London einholte und ihn verfolgte wie ein Bluthund, ohne Atempause. Auch dort schlossen sich vor ihm die Türen, er verlor seine Freunde, von seinen Jüngern und dem Lord wurde er abgewiesen, und sein Traum von Utopia war beim Teufel. Einmal mehr versuchte Jacob Todd Trost im Alkohol zu finden, und wieder versank er in bösen Erinnerungen. Er lebte wie eine Ratte in einer erbärmlichen Pension, als die rettende Botschaft seines Freundes ihn erreichte. Er überlegte nicht zweimal. Er änderte seinen Nachnamen und schiffte sich ein mit Richtung auf die Vereinigten Staaten, wo er ein funkelnagelneues Leben beginnen würde. Sein einziges Ziel war es jetzt, anonym zu bleiben und Gras über die Sache wachsen zu lassen, bis sich die Möglichkeit ergab, seinen idyllischen Plan wieder aufleben zu lassen. Das Vordringlichste würde sein, eine Anstellung zu finden; seine Einkünfte aus Familienvermögen waren beträchtlich zurückgegangen, und die glorreichen Zeiten des Müßig– gangs näherten sich ihrem Ende. Als er in New York ankam, bot er sich bei zwei Zeitungen als Kalifornien– korrespondent an, und dann machte er die Reise in den; Westen über den Isthmus von Panama, weil er nicht den Mut hatte, durch die Magalhaesstraße zu fahren und wieder den Boden von Valparaíso zu betreten, wo seine Schmach ihm ins Gesicht blicken und die schöne Miss Rose wieder seinen befleckten Namen hören würde. In Kalifornien half ihm sein Freund Feliciano Rodríguez de Santa Cruz unterzukommen und verschaffte ihm eine Anstellung bei der seriösesten Zeitung San Franciscos. Jacob Todd, nun Jacob Freemont, begann das erste Mal in seinem Leben zu arbeiten und entdeckte fast ungläubig, daß es ihm Spaß machte. Er bereiste die Region und schrieb über alles, was seine Aufmerksamkeit fesselte, über die aus allen Ecken und Winkeln des Planeten kommenden Einwanderer, über die hemmungslose Ge– schäftemacherei der Händler, über die Schnelljustiz der Goldgräber und über die Massaker an den Indianern.
    Eine seiner Reportagen hätte ihn fast das Leben gekostet. Er schilderte mit einigen euphemistischen Umschreibun– gen, aber doch in aller Deutlichkeit, wie manche Spielhöl– len mit markierten Würfeln, gezinkten Karten, verfälsch– tem Alkohol, Drogen, Prostitution arbeiteten, und berich– tete über die Praxis, Frauen mit Alkohol zu betäuben, bis sie ohnmächtig waren, und dann für einen Dollar das Recht zu verkaufen, sie von so vielen Männern zu verge– waltigen, wie an dem Vergnügen teilnehmen mochten.
    »Das alles wird von eben den Behörden geschützt, die solche Laster bekämpfen sollen«, schrieb er zum Schluß. Die Gangster, der Polizeichef und die politische Spitze von San Francisco fielen wie ein Mann über ihn her, und er mußte sich für zwei Monate in Luft auflösen, bis die Gemüter wieder abgekühlt waren. Trotz dieses Zwischen– falls erschienen seine Artikel regelmäßig, und seine Stim– me wurde mehr und mehr respektiert. Wie er zu seinem Freund John Sommers sagte: »Such die Anonymität, und du findest die Berühmtheit.«
    Am Ende der Mahlzeit lud Jacob Freemont seine Freunde zur Vorstellung des Tages ein: eine Chinesin, die man ansehen, aber nicht anrühren durfte. Sie hieß Ah Toy und hatte sich mit ihrem Mann auf einem Klipper eingeschifft; der Mann, ein Kaufmann vorgeschrittenen Alters aus Hongkong, starb geschmackvollerweise auf hoher See und ließ sie frei. Sie verlor keine Zeit mit Witwenklagen, und um den Rest der Fahrt etwas zu beleben, wurde sie die Geliebte des Kapitäns, der sich als großzügiger Mann erwies. Als sie in San Francisco an Land ging, die Nase hoch in der Luft, bemerkte sie die lüsternen Blicke, die ihr folgten, und hatte den glänzenden Einfall, dafür zu kassieren. Sie mietete zwei

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