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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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mit den Zähnen einen mit Sand beladenen Wagen zog, bis zum Stauer auf den Kais von San Francisco. Hier wurde er von Bonecrusher entdeckt, die ihn für ihre Karawane verein– nahmte. Er konnte die Arbeit von mehreren Männern allein verrichten, und wenn sie ihn hatte, brauchte sie keinen weiteren Schutz. Gemeinsam schreckten sie jede beliebige Anzahl von Gegnern ab, wie sie bei mehr als einer Gelegenheit bewiesen hatten.
    »Du mußt stark sein, oder sie erledigen dich, Chilenito«, riet er Eliza. »Glaub nicht, daß ich immer so war, wie du mich jetzt siehst. Früher war ich wie du, schwächlich und ein bißchen dußlig, aber dann habe ich angefangen, Gewichte zu heben, und nun guck dir meine Muskeln an. Heute wagt sich keiner mehr an mich ran.«
    »Babalú, du bist über zwei Meter groß und wiegst soviel wie eine Kuh. Ich werde nie so sein wie du!«
    »Die Größe hat nichts zu sagen, Mann. Was zählt, das sind die Eier. Groß war ich immer, aber gelacht haben sie doch über mich.«
    »Wer hat über dich gelacht?«
    »Alle Welt, sogar meine Mutter, sie ruhe in Frieden. Ich werde dir was sagen, was keiner weiß…«
    »Ja?«
    »Erinnerst du dich an Babalú den Guten?… Der war ich früher. Aber seit zwanzig Jahren bin ich Babalú der Böse, und es geht mir viel besser.«

Die Täubchen
    Im Dezember brach der Winter plötzlich über die Berglehnen der Sierra Nevada herein, und die Goldgräber mußten zu Tausenden ihre Claims verlassen und sich in die Dörfer verziehen, um dort auf den Frühling zu warten. Der Schnee hüllte mitleidig das weite, von jenen gierigen Ameisen durchlöcherte und zerfressene Gebiet ein, und das Gold, soweit noch vorhanden, ruhte wieder still im Schweigen der Natur. Joe Bonecrusher führte ihre Kara– wane nach High Gallows, einem der kleinen kürzlich an der Mutterader entstandenen Dörfer, wo sie zum Über– wintern einen Schuppen mietete. Sie verkaufte die Maul– tiere und kaufte einen großen hölzernen Zuber zum Baden, einen Kochherd, zwei Öfen, einige Meter gewöhnlichen Stoff und Russenstiefel für ihre Leute, bei dem Regen und der Kälte waren sie unentbehrlich. Sie stellte alle an, den Dreck von Boden und Wänden zu kratzen und Vorhänge zum Abteilen der Zimmer zuzuschneiden und zu nähen, und ließ sie die Betten mit den Baldachinen, die Spiegel im Goldrahmen und das Klavier aufbauen. Dann ging sie, Höflichkeitsbesuche machen in den Saloons, dem Laden und der Schmiede, den Mittelpunkten allen gesellschaftli– chen Lebens. Das Dorf verfügte über ein Nachrichtenblatt nach Art einer Zeitung, es wurde in einer uralten Druck– presse hergestellt, die über den Kontinent mühsam hierher geschleppt worden war und deren sich Joe bediente, um diskret ihr Geschäft anzuzeigen. Außer ihren Mädchen bot sie Flaschen mit Rum aus Kuba und Jamaika an, wie sie ihn nannte - in Wirklichkeit war es ein kannibalisches Gesöff, das einem die Seele aus dem Leib ziehen konnte -, dazu »heiße« Bücher und zwei Spieltische. Die Kunden kamen schon sehr bald und im Geschwindschritt. Es gab noch ein anderes Bordell, aber eine Neuheit ist immer willkommen. Die Madame des anderen Etablissements eröffnete gegen ihre Rivalin einen hinterhältigen Ver– leumdungskrieg, hütete sich aber, dem fürchterlichen Duo Bonecrusher und Babalú offen gegenüberzutreten. Im Schuppen wurden hinter den behelfsmäßigen Vorhang– wänden muntere Scherze getrieben, in dem größeren Hauptraum wurde zu den Klängen des Klaviers getanzt, an den beiden Tischen wurde um beachtliche Summen gespielt, natürlich unter dem wachsamen Auge der Hausherrin, die unter ihrem Dach keine Streitereien duldete und keine anderen Kunstkniffe als ihre eigenen. Eliza sah Männer in zwei Tagen den Gewinn von Monaten titanischer Anstrengung verlieren und sich an der Brust der Mädchen ausweinen, die geholfen hatten, sie zu schröpfen.
    Nach kurzer Zeit hatte Joe die Zuneigung der Gold– gräber gewonnen. Obwohl sie grimmig aussah wie ein Korsar, hatte sie doch ein mütterliches Herz, und in diesem Winter wurde sie von den Umständen auf die Probe gestellt. Eine Ruhrepidemie brach aus, die die Hälfte der Bevölkerung niederwarf und an der mehrere Leute starben. Wenn Joe erfuhr, daß jemand mit dem Tode rang, und sei es in einer noch so entfernten Hütte, lieh sie sich zwei Pferde in der Schmiede und ritt mit Babalú dorthin, um dem Unglücklichen beizustehen.
    Meistens wurden sie von dem Schmied begleitet, einem eingefleischten

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