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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Alkohol tranken und die Bordelle mieden. Sie trafen sich regelmäßig, um ohne viel Getue ihren Glauben auszuüben, sie gingen mit gutem Beispiel voran, während sie geduldig auf die Ankunft einer Gruppe von Freunden warteten, die aus dem Osten kommen sollte, um ihre Gemeinde zu vergrößern.
    James Morton hatte bei der Krankenpflege im Schuppen der Bonecrusher die freundliche Esther kennengelernt.
    Er kam sie besuchen und bezahlte für die vollständige Dienstleistung, aber er setzte sich nur neben sie, um sich mit ihr zu unterhalten. Er konnte nicht verstehen, weshalb sie diese Lebensweise gewählt hatte.
    »Wenn ich zwischen den Prügeln meines Vaters und diesem hier wählen soll, dann ziehe ich tausendmal das Leben vor, das ich jetzt führe.«
    »Warum hat er dich geschlagen?«
    »Er glaubt, Adam wäre heute noch im Paradies, wenn Eva ihn nicht in Versuchung geführt hätte. Er hat mir vorgeworfen, ich reize zur Wollust und verleite zur Sünde. Vielleicht hatte er recht, du siehst ja, womit ich mir mein Brot verdiene…«
    »Es gibt auch andere Arbeiten, Esther.«
    »So schlimm ist diese auch nicht, James. Ich mache die Augen zu und denke an nichts. Es sind ja nur ein paar Minuten, und die vergehn schnell.«
    Trotz des ständigen Auf und Ab in ihrem Beruf hatte sich die junge Frau die Frische ihrer zwanzig Jahre bewahrt, und es lag ein gewisser Zauber in ihrem zurückhaltenden, schweigsamen Betragen, das sich sehr von dem ihrer Gefährtinnen unterschied. Sie hatte nichts Kokettes an sich, war ein wenig rundlich und hatte ein liebes Kälbchengesicht und feste Bäuerinnenhände. Verglichen mit den anderen Täubchen, war sie die am wenigsten anmutige, aber ihre Haut schimmerte, und ihr Blick war sanft. Der Schmied wußte nicht, wann er angefangen hatte, von ihr zu träumen, sie in den Funken der Esse, im Glühen des heißen Metalls und am klaren Himmel zu sehen, aber schließlich konnte er nicht länger über dieses wattige Etwas hinweggehen, das sich um sein Herz wickelte und ihn zu ersticken drohte. Ein schlimmeres Unglück, als sich in eine Hure zu verlieben, konnte ihm kaum zustoßen, das würde vor den Augen Gottes und seiner Gemeinde nicht zu rechtfertigen sein. Er beschloß, diese Versuchung mit Schweiß zu besiegen, riegelte sich in seiner Schmiede ein und arbeitete wie ein Besessener. In manchen Nächten hörte man die wütenden Hammerschläge bis zum frühen Morgen.
    Kaum hatte Eliza eine feste Adresse, schrieb sie Tao Chi’en über das chinesische Restaurant in Sacramento, teilte ihm ihren neuen Namen Elias Andieta mit und bat ihn um Rat, wie sie die Ruhr bekämpfen könnten, denn das einzige Mittel gegen Ansteckung, das sie kannte, war ein Stück rohes Fleisch auf dem Bauchnabel und eine rote Wollbinde darüber gewickelt, wie es Mama Fresia in Chile machte, aber das ergab nicht den gewünschten Erfolg. Sie vermißte ihn schmerzlich; bisweilen wachte sie mit Tom No Tribe im Arm auf und meinte im ersten Augenblick schlaftrunken, es sei Tao Chi’en, aber der Rauchgeruch des Kindes holte sie zurück in die Wirklich– keit. Niemand hatte diesen frischen Meeresgeruch ihres Freundes. Die Entfernung, die sie trennte, war nach Meilen gerechnet nicht groß, aber das strenge Winter– wetter machte den Weg schwierig und gefährlich. Sie kam auf den Gedanken, den Postreiter zu begleiten, um wieder nach Joaquín Andieta zu suchen, wie sie es früher getan hatte, aber beim Warten auf eine günstige Gelegenheit vergingen Wochen. Nicht nur der Winter durchkreuzte ihre Pläne. In diesen Tagen hatten die Spannungen zwischen den Yankees und den Chilenen im Süden der Mutterader ihren Höhepunkt erreicht. Die Yankees, der Anwesenheit der Fremden endgültig überdrüssig, taten sich zusammen, um sie zu vertreiben, aber die Chilenen leisteten Widerstand, zuerst mit Waffen und dann vor einem Richter, der ihre Rechte anerkannte. Dieses Urteil, weit entfernt davon, die Angreifer einzuschüchtern, heizte sie nur noch mehr auf, und mehrere Chilenen wurden aufgeknüpft oder eine Felswand hinuntergestürzt, die Überlebenden mußten fliehen. Als Antwort darauf schlossen die Verfolgten sich zu angriffsbereiten Banden zusammen, wie es auch viele Mexikaner taten. Eliza begriff, daß sie sich in Gefahr begeben würde, wenn sie sich jetzt auf den Weg machte, ihre Verkleidung als Latinojunge würde schon genügen, sie irgendeines erfundenen Verbrechens zu bezichtigen.
    Ende Februar 1850 hatte einer der schlimmsten Fröste eingesetzt,

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