Fortune de France: Roman (German Edition)
Gegensatz zu den Priestern des Bistums – während der Seuche in Sarlat geblieben waren, um den Pestkranken den Beistand der Religion zuteil werden zu lassen. Sie bezahlten ihr hochherziges Opfer mit dem Tode, bis auf zwei von ihnen, die Forcalquier ohne Skrupel vertrieben hatte, um sich ihrer Behausung zu bemächtigen und deren Bequemlichkeiten zu genießen. Umgeben von seinen Haderlumpen und den liederlichen Weibern, von denen der Pestmann meinem Vater erzählt hatte, lebte er dort in Völlerei und Unzucht und pflegte zugleich einen seltsamen Marienkult, weil angeblich die Jungfrau Maria im Traum zu ihm sprach.
Der Morgen dämmerte, als rund um die Vorstadt die kleinen Posten aufgestellt waren – einen davon bildete ich mit Samson und François in einem engen Gäßchen, von wo aus man die Behausung der Mönche gut überblicken konnte – und sich das Gros der Truppe leise in einem verlassenen Haus festsetzte, gegenüber dem Schlupfwinkel des Schlächterbarons. Dem näherte sich jetzt Miroul, Steigeisen und Seil um den Hals gehängt undWergbündel auf den Rücken gebunden, welche Schwefelblüte enthielten, wie ich später erfuhr. Nachdem er sich die Fassade des Hauses angesehen, schickte er sich zu meiner großen Verblüffung an, sie mit Händen und Füßen zu erklimmen, ohne auch nur sein Steigeisen zu benutzen – wie eine Fliege, die eine Wand hinaufläuft. Bei den Traufsteinen angelangt, huschte er im Zickzack über das Dach, obwohl es sehr steil war, lehnte sich gegen die Schornsteinkästen, nahm seine Bündel vom Rücken, schlug Feuer, zündete eines der Wergbündel an, ließ die Flammen auflodern, indem er kräftig hineinpustete, und warf das brennende Bündel in einen der Abzüge. Dasselbe tat er mit den anderen Bündeln, davon er für jeden Abzugsschacht eines bei sich trug, was beweist, daß mein Vater zuvor einen Spion an Ort und Stelle geschickt hatte. Nach vollbrachtem Werk stieg Miroul verblüffend schnell wieder vom Dach und rannte zu meinen Brüdern und mir. Mein Vater hatte ihn ob seines jungen Alters unserem Posten zugeteilt, weil er ihn hier, ganz so wie seine Söhne, vor dem schlimmsten Kampfgetümmel sicher wähnte.
Wenn mein Vater den Fuchs mit diesen Schwefelbündeln hatte ausräuchern wollen, um ihn zu zwingen, aus seinem Bau hervorzukommen, so entsprach das Ergebnis nicht seiner Erwartung. Denn nach einer ziemlich langen Weile öffneten sich mit einem Schlage alle Fenster des Schlupfwinkels, die qualmenden Bündel aus Werg und Schwefelblüte wurden auf die Straße geschleudert und die Fenster hernach wieder geschlossen, ohne daß die Unsern Feuer gegeben hätten, da ja mein Vater befohlen hatte, nicht auf die Öffnungen zu schießen, sondern auf das flüchtende Gesindel, das der Rauch aus dem Haus treiben würde.
So war der Plan meines Vaters in wenigen Sekunden zunichte, der Überraschungseffekt dahin; zudem trieb der Wind den Schwefeldampf in die Richtung, wo das Gros unserer Truppe postiert war, und machte den Unsern zu schaffen, weil das leere Haus, wo sie im Hinterhalt lagen, weder Fenster noch Läden besaß. Zum Glück hatte es aber Ausgänge nach hinten, und mein Vater befahl, auf diesem Weg den Rückzug anzutreten. Er erfolgte geordnet, doch Forcalquier, der ihn von einem Fenster aus beobachtete, nutzte ihn kurz entschlossen für einen Ausfall, noch ehe mein Vater seine Truppe erneut formieren konnte.
Forcalquiers Bande verließ, durch den Schwefelrauch derSicht entzogen, in drei Gruppen ihren Schlupfwinkel und stieß bei dem Versuch, sich aus dem Staube zu machen, auf die kleinen Posten, die mein Vater an den Zugängen der Vorstadt aufgestellt hatte. Hier war das Gesindel zahlenmäßig überlegen und ebenso gut bewaffnet wie die Unseren, so daß es zu wilden Straßenkämpfen kam, die mein Vater eigentlich hatte vermeiden wollen.
Schüsse, Waffengeklirr, wütendes Gebrüll und Schmerzensschreie erschollen nun aus allen Ecken der Vorstadt. Für François, Miroul, Samson und mich in unserem schmalen Gäßchen, wo keine drei Mann hätten nebeneinander gehen können, wurde die Situation plötzlich sehr bedrohlich: sieben Männer, mit Piken bewaffnet, rasten im Galopp auf uns zu.
»Verstecken wir uns in den Tornischen«, sagte François leise, »und lassen wir sie vorbei.«
Hätte Samson oder Miroul so gesprochen, hätte ich diesen Rat vernünftig gefunden, aber von meinem älteren Bruder konnte ich ihn nicht annehmen.
»Nein!« sagte ich. »Das wäre gar zu feigherzig!«
Und
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