Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
oder frieren oder in Lumpen gehen mußt. Auch als Zweitgeborener will ich für dich und dein Wohlergehen sorgen, bis ans Ende deiner und meiner Tage. Das bezeuge und beschwöre ich hier vor Gott dem Herrn. Amen.«
    »Ach, Pierre, du bist gut wie der Herr Jesus, aber du liebst mich nur aus Freundschaft.«
    »Gewiß doch!« sagte ich, den Mann herauskehrend. »Und ist das nicht schon viel?«
    Die kleine Hélix stieß einen tiefen Seufzer aus und weinte stumm an meiner Wange, bis selbige so heiß, so bitter und so naß war, daß ich ihr ins Ohr flüsterte:
    »Laß mich jetzt gehen, süße Hélix, ich brauche Schlaf für morgen.«
    Sie gab mich frei, ich küßte sie rasch und schlich in mein Bett, wo Samson bereits seinen tiefen Unschuldsschlummer schlief. Die Wahrheit zu sagen: mir war etwas beklommen ums Herz, weil die kleine Hélix mir so viel gab und ich ihr so wenig. Und wie oft habe ich seither, stärker noch und schmerzhafter, diese Beklommenheit empfunden und mir gewünscht, ich hätte damals die arme Kleine ob der Liebe, die sie von mir erwartete, belügen können. Aber wer kann die Zukunft voraussagen? Der Mensch ist ein Narr und meint, daß die bunt schillernde Seifenblase, die vor ihm aufsteigt, nie platzen werde.
    Seit dem Aufruhr in der Vorstadt Lendrevie hatte mein Vater, der Kosten nicht achtend, für seine Söhne Brustharnische fertigen lassen, und so nahmen wir – meine Brüder und ich – kriegsmäßig ausgerüstet, den Morion auf dem Kopf, Platz an dem großen Tisch; draußen war noch dunkle Nacht, und die elf Kämpfer von Mespech – zwölf mit meinem Vater –, die eine kräftige Specksuppe löffelten, waren ernst, schweigsam und ein wenig blaß, ganz anders als zur Heuernte oder Weinlese, wo unsere Leute, schon vor Morgengrauen auf den Beinen, sehr zum Scherzen und Schwatzen aufgelegt waren, sobald der Wanst mit Suppe (welcher ein tüchtiger Schuß Wein beigemischt), mit Schweinefleisch und Weizenbrot gefüllt und man sich herzlich freute auf die kommende Plackerei, die auch ein Fest war. Doch diesen Tags hatte man sie zu einer blutigen Ernte geladen, bei der sie Köpfe abschlagen sollten und große Gefahr liefen, selber ihr Leben zu verlieren, denn das Gesindel Forcalquiers war, wie es hieß, zu allem entschlossen, kämpfte verbissen und wollte auf Biegen und Brechen überleben, nachdem es sogar die Pest überstanden.
    Mein Vater, der die gedrückte Stimmung um den Tisch spürte, erhob sich am Ende der Mahlzeit, und nachdem Sauveterre ein kurzes Gebet gesprochen, befahl er seinen Leuten, sich wieder zu setzen, und sagte:
    »Ich sehe, wie euch die Sorge plagt, was euch in der Vorstadt Lendrevie zustoßen mag. Doch habet Vertrauen in den HERRN: ER allein entscheidet, ob ein Spatz von seinem Ast fällt oder nicht. Wenn nichts gewisser ist als unser Tod, so ist nichts ungewisser als sein Zeitpunkt. Also ist es vernünftig,sein Schicksal ein für allemal in die Hand des großen Richters zu geben und ruhigen Sinnes zu bleiben.«
    Er hielt inne und fuhr dann lebhafter fort:
    »Ich für mein Teil schätze, daß alles gut geht. Zum einen ob unserer Zahl. Wir sind zwölf. Auf Schloß Campagnac, wo wir uns sammeln, sind es zehn. Puymartin kommt mit neun Soldaten. Macht einunddreißig Mann insgesamt. Mehr als genug, um zwanzig Strolche zu vernichten, die sich nur stark fühlen, weil die Bürger von Sarlat schwach und wehrlos sind; wenn sie euch aber sehen, werden sie zittern wie Espenlaub, denn es sind Handwerker, Weber und Schmiede, wenig kriegserfahrene Leute. Und von den drei Trupps, die auf Campagnac zusammenkommen – ich sage das hier, weil es stimmt –, sind die Mannen von Mespech die gefährlichsten. Cabusse, Marsal Schielauge, Coulondre Eisenarm«, fuhr mein Vater fort, und diese Namen klangen aus seinem Munde wie Siegestrompeten, »haben jahrelang in der Normannischen Legion gekämpft und jüngst noch, mit mir, vor Calais. Meine wackeren Vettern Siorac haben mir geholfen, mit den Räubern Fontenacs in Taniès fertig zu werden. Jonas mit seinem unfehlbaren Bogen hat drei Zigeuner getötet, als die Strolche Mespech angreifen wollten. Meine Söhne, die ihr hier seht, haben den Aufruhr von Lendrevie niedergehalten, ohne mit der Wimper zu zucken. Escorgol, das ist richtig, hat noch nicht gekämpft, aber er ist stark genug, mit der Faust einen Ochsen niederzustrecken, weiß mit der Büchse umzugehen und ist kühn wie nur ein Provenzale. Und was unseren Miroul betrifft – denn er ist jetzt einer der

Weitere Kostenlose Bücher