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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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zur rechten Zeit trocknen ließ, aber die in Seide gewandeten schönen Höflinge beim Ritt über die Straßen und Wege Frankreichs sehr inkommodierte – darüber sprachen wir oft voll Schadenfreude.
    Während der Heuernte ließ unser Petremol Sattel- und Zaumzeug fahren und bewies, daß er ein wackrer Landmann war, der reichlich Gras, aber auch nicht zuviel, mit seinem Sensenblatt faßte, die Schwaden ordentlich ausrichtete und das Schrittmaß seiner Nebenleute nicht durcheinanderbrachte; in der Dengelpause schob er seine Betrübnis beiseite, ging bereitwillig auf einen Scherz ein, erfaßte jede Andeutung und konterte entsprechend, ohne eine kleine Neckerei ob seiner roten Haare zu verargen; vielmehr lachte er darüber unbeschwert jenes befreiende Lachen, das neuen Mut gibt, unverdrossen zu schaffen. Denn bei der Arbeit sind die Männer wie die Frauen: für die Mühen ihrer Arme halten sie sich mit der Zunge schadlos.
    Am letzten Tag der Heuernte hatten sich die Herren Brüder nach den langen Tagen, die sie zum Schutze der Schnitter im Sattel verbracht, zeitig zurückgezogen; Samson und ich saßen am Abend mit der Dienerschaft und den Zinsbauern nicht vor dem Feuer, sondern bei geöffneten Fenstern um den Tisch, vor uns einen Tropfen unseres Pflaumenschnapses. Und die Maligou, die sich endlich zu uns setzte unter tiefen Seufzern und etlichem Gestöhn – was bedeuten sollte, daß sie zwar nicht (wie Alazaïs) auf den Feldern gemäht, sich aber nichtsdestoweniger gewaltig geplagt hatte, für uns alle das Mahl zu bereiten –, blickte ein Weilchen auf Petremol und sagte ganz ernst:
    »Mein armer Petremol, röteres Haar als deines habe ich nie gesehen.«
    Petremol, der neuerliche Foppereien argwöhnte, erwiderte mit einem Lächeln:
    »Gewiß bin ich rothaarig, so wie mein Esel, doch ein braveres Tier als ihn oder mich hab auch ich nie gesehen.«
    Wir lächelten, nicht aber die Maligou.
    »Ich will dich nicht ärgern«, sagte sie würdevoll. »Ein Mann mit rotem Haar ist eine große Seltenheit.«
    »Sachte, Maligou!« sprach Cabusse, an dessen Seite Cathau saß, die den Kopf an seine Schulter lehnte und ihr schlafendes Kindlein in den Armen hielt. »Täusche dich nicht, Petremol ist kein Zigeunerhauptmann!«
    »Und er hat keinen Zauberstab!« sagte Escorgol, der beim Foppen nie zurückstehen wollte.
    Alle lachten, und Alazaïs, von so schlüpfriger Rede abgestoßen, erhob sich und verließ grußlos den Raum. Sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, fuhr Escorgol fort:
    »Da wir nun allein sind, Gefährten, will ich euch ein Rätsel aufgeben. Cathau! Jacotte! Sarrazine! Ein Rätsel!«
    Er machte eine Pause.
    »Was wird größer, wenn Weiberfinger daran rühren?«
    »Garstiger Lüstling!« rief die Maligou.
    »Der Lüstling bist du, weil du Schlechtes dabei denkst!« entgegnete Escorgol. »Also, was größer wird, wenn Weiberfinger daran rühren, ist … ist …«
    Und da alle lachten, ohne etwas zu sagen, schloß Escorgol triumphierend:
    »… ist die Spindel!«
    Riesengelächter, und Cabusse meinte freundlich:
    »Ein hübscher Scherz, den uns der Provenzale aus seiner Provence beisteuert. Doch lacht nicht zu laut, Gefährten«, tadelte er, »ihr weckt sonst unsere Herren.«
    »Den einen werdet ihr wecken, doch nicht den andern, wette ich«, sagte Cathau leise.
    »Ruhig, Weib! Halt deinen Mund!« sprach Cabusse.
    Und alle senkten den Blick, ohne sich auch nur das kleinste Lächeln zu gestatten, es sei denn vielleicht innerlich.
    »Spindel! Spindel!« sagte die Maligou, wie eine Dame sich gebärdend. »Mit diesen Männern hier kann man nicht ernsthaft reden! Immer in der Brunst und den Hosenlatz voll!«
    »Und wär dir das etwa nicht recht?« fragte Jonas, welcher der Maligou ob ihres Geschwätzes über seine Frau noch immer ein wenig grollte. »Sarrazine«, fuhr er fort, »da du ja wohl eine Wölfin gewesen, komm und beiß mir diese dicke Vettel in den Hintern, um ihr das unnötige Blut aus dem Körper zu saugen.«
    »Heiliger Jesus!« rief die Maligou beunruhigt, krümmte ihren dicken Leib auf ihrem Schemel und rollte die Augen.
    Alle hielten sich den Bauch vor Lachen, aber keiner lachte wie Petremol, dem die Tränen in die Augen traten, auch aus Dankbarkeit, weil er wieder sein schönes Handwerk betreiben durfte und von so guten, fröhlichen Gefährten umgeben war, ihm bereits so sehr zugetan, wie wenn er einer der Ihren wäre. Armer Petremol, der sich so mühte, nicht an seine Frau zu denken, auch nicht an

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