Fortune de France: Roman (German Edition)
seine vier Söhne; nur daß er bei Tisch immer neben Samson sitzen wollte, jeder wußte warum, und Samson gleich gar, der oft mit ihm sprach, ihn tagsüber auch in seiner Sattlerei aufsuchte und sich für seine Kunst interessierte – er war ein Engel Gottes.
Cabusse, der sich in Abwesenheit der Herren Brüder selbst ein wenig als Herr gebärdete, denn er besaß Land und ein Haus, letzteres seit kurzem von einem Treppenturm flankiert, der ihm ein stolzes Aussehen verlieh, hob die Hand und sprach:
»Gefährten, lassen wir die Maligou reden! Sie hat uns etwas mitzuteilen über die Seltenheit der Rothaarigen.«
»Aber Rothaarige sind gar nicht so selten«, meinte Michel Siorac, der jetzt an seiner Schmarre von seinem Bruder zu unterscheiden war, zumindest wenn er einem die linke Wange zukehrte.
»Auch Samson ist rothaarig!« echote Benoît Siorac.
»Aber nein! nein!« rief sogleich die Maligou. »Das ist überhaupt nicht dasselbe! Moussu Samson ist kupferrot, Petremol rostrot. Für den Vorteil, den ich draus ziehen will, ist Moussu Samson mir von keinerlei Nutzen.«
»Der Glückliche!« sagte Escorgol.
Wieder lachten alle, aber Cabusse zupfte an seinem Schnurrbart und sagte bestimmt:
»Also, Gefährten, laßt sie reden!«
»Wie ihr seht«, fuhr die Maligou fort, »habe ich von dem Rauch aus meinem Herd, da ich den ganzen Tag lang Essen koche, auf beiden Lidern rote Flecken, die mich sehr jucken. Zwar hat Moussu lou Baron gesagt, ich soll sie jeden Abend mit abgekochtem Wasser waschen, doch das hat, mit Verlaub, nichts bewirkt, und da ich ein anderes Heilmittel kenne, möcht’ ich es ausprobieren, wenn Petremol mir dabei helfen will, denn er ist rothaarig.«
Großes Erstaunen ringsum, und es wollte auch wieder Gelächter aufkommen, das Cabusse mit einer Handbewegung niederhielt.
»Wenn mich das nichts kosten soll«, sagte Petremol mit Vorsicht, »und weder meiner Person noch meinem bißchen Geld noch meinem Wohl abträglich ist, will ich es gern tun.«
»Es wird dich keinen Heller kosten«, sagte die Maligou, »nur ein wenig von deinem Kot frühmorgens, wenn du ihn ganz frisch fallen läßt.«
»Jesus Maria!« rief Barberine. »Willst du dir Kot aufs Auge streichen?«
»Der vielleicht mittags und abends in das Essen fällt, das du kochst?« meinte Escorgol.
Wir schütteten uns aus vor Lachen, und auch Cabusse konnte uns nicht daran hindern. Als wir uns schließlich wieder beruhigt hatten, fuhr die Maligou fort:
»Wißt ihr denn nicht, ihr Barbaren, daß der Kot eines Rothaarigen das beste Heilmittel ist gegen Rötungen und Trübungen der Augen, auch gegen die weißen Flecken, die sie mit den Jahren bedecken?«
»Aber wo doch mein Kot so stinkt!« sprach Petremol schamhaft.
»Wie jeder Kot«, entgegnete die Maligou. »Aber meinst du denn, Dummkopf, daß ich ihn so verwende, wie er dir aus dem Körper fällt? Mitnichten. Er wird destilliert, und weil die daraus gewonnene Substanz immer noch riecht, wird Moschus und Kampfer beigemischt.«
»Sapperment!« sagte Petremol, »wenn mein Kot destilliert und mit Moschus und Kampfer versetzt werden soll, kriegst du ihn, Maligou, jeden Morgen, den Gott werden läßt!«
Wieder lachten alle, noch lauter und noch länger.
»Oh! ich sterbe vor Lachen!« sagte die Sarrazine, »so rumort es mir im Leib! Nein, ich werde dir meine wölfischen Zähne nicht in den Hintern schlagen, Maligou. Du hast mich zu sehr ergötzt. Ich verzeihe dir!«
Coulondre, der den ganzen Abend geschwiegen hatte, stand auf, stützte sich dabei mit seinem Eisenarm auf den Tisch und räusperte sich, um etwas zu sagen; wir fürchteten schon eine seiner düsteren Bemerkungen, die einen erstarren lassen, aber er sagte nur, daß es spät sei und er nicht so lange von seinerMühle wegbleiben wolle, die nur von den Hunden bewacht war. Da erhoben sich auch Jonas und Cabusse und meinten, bis zum Steinbruch und nach Le Breuil sei es noch ein gutes Stück Weges. Damit endete dieser Abend der Heumahd, von dem auf Mespech und in unseren Dörfern noch lange die Rede sein sollte.
In der folgenden Nacht wollte die kleine Hélix in der Dunkelheit unseres Turmes, als die Öllampe gelöscht war und die schlafende Barberine wie ein Hammerwerk schnaufte, sich nicht unseren kleinen Spielen überlassen, sondern lag weinerlich in meinen Armen und sprach mit erstickter Stimme, wie wenn sie ein Knoten im Hals würgte:
»Mein Pierre, ich habe so arges Kopfweh, und mir ist auch so taumelig, daß ich wohl werde sterben
Weitere Kostenlose Bücher